Petra Stüker Borussia DortmundGOAL

BVB-Fanbeauftragte Petra Stüker im Interview: "Ich weiß nicht, wie Haaland drauf ist"


EXKLUSIV-INTERVIEW

Petra Stüker ist die dienstälteste Mitarbeiterin bei Borussia Dortmund. Seit 1981 ist die 64-Jährige, die seit langer Zeit als Fanbeauftragte die Anhänger der Schwarzgelben betreut, für den BVB im Einsatz. Im Interview mit GOAL und SPOX spricht Stüker über Fanbetreuung und Hooligans in den 1980ern, die Beinahe-Pleite 2005, ungewöhnliche Fanklub-Besuche und erzählt Anekdoten über Jürgen Klopp und Tomas Rosicky.

Frau Stüker, an Ihrem 24. Geburtstag im Jahr 1981 haben Sie als gebürtige Dortmunderin begonnen, beim BVB zu arbeiten. Was haben Sie zuvor gemacht?

Petra Stüker: Ich war bei meinem Vater angestellt, der die Repräsentanz einer Hypothekenbank leitete. Dort stellte ich schnell fest, dass das nicht mein Ding ist und ging auf die höhere Handelsschule. Nebenbei gehörte ich über unseren BVB-Fanklub zur Besatzung des Infostandes auf dem Vorplatz des einstigen Westfalenstadions. Das war damals der Fan-Treffpunkt überhaupt! Als dann jemand in der Geschäftsstelle des Vereins gegangen ist, schlug unser Fanklub-Vorsitzender, der dort gelegentlich aushalf, vor, mich einmal zu fragen. Ich stellte mich dann donnerstags vor und fing montags als kaufmännische Angestellte an. Das war für mich als BVB-Fan der absolute Traum.

Der Verein spielte also schon zuvor eine große Rolle in Ihrem Leben?

Stüker: Klar. Meine ganze Familie bestand aus BVB-Fans, wenngleich nur mein Onkel eine Dauerkarte hatte. Es wurde zu Hause viel Fußball geguckt. Mit rund 20 Jahren lernte ich den Vorsitzenden eines Fanklubs kennen, der mich fragte, ob ich nicht beitreten wolle. Das tat ich und wurde gleich Schriftführerin. Wir sind zu den Heimspielen gegangen und auch auswärts gefahren - so ging es los.

Petra Stueker Jochen TittmarGOAL

Ihr Arbeitsplatz wurde dann die Geschäftsstelle, die unter der Nordtribüne beheimatet war. Wie ging es damals dort zu?

Stüker: Sehr familiär. Die Geschäftsstelle bestand aus zwei Räumen. Als ich anfing, waren wir zu viert. Jeder hat im Grunde alles gemacht. Hauptsächlich waren das Telefondienst und Kartenverkauf. Ich kümmerte mich zudem noch um Versicherungsangelegenheiten wie die Unfallmeldung bei der Berufsgenossenschaft, wenn sich ein Spieler verletzt hatte.

Gleich an Ihrem ersten Tag haben Sie einen Anruf des damaligen Cheftrainers Branko Zebec erhalten, ihn aber nicht erkannt. Erzählen Sie!

Stüker: Ich saß erst einmal zwei Stunden nebendran und musste zuschauen, wie meine Kolleginnen das Telefon bedienten. Als ich übernahm, sagte der Anrufer: Hallo, hier Trainer, bitte kann ich sprechen Herrn Wüst? Ich antwortete: Welcher Trainer denn, Borussia hat viele Trainer? Ich verband ihn schließlich mit meinem Kollegen, der so etwas wie der Büroleiter war. Er hat das Anliegen mit ihm geklärt, kam aber auf mich zu und meinte: Der Cheftrainer sagte mir, die junge Dame am Telefon wisse nicht, wer Trainer bei Borussia Dortmund ist! (lacht) Da wäre ich am liebsten wieder nach Hause gegangen.

War man im Alltag nah dran an den Spielern?

Stüker: Es gab ja noch keinen Teambetreuer wie heute, daher kamen Spieler wie Trainer stets mit den unterschiedlichsten Anliegen bei uns vorbei. Mal wollten sie Karten für Bekannte kaufen, mal ging es um das Thema Versicherung oder wir halfen neuen Spielern bei der Suche nach einer Wohnung. Da der Klub noch so klein war, nahmen auch an den Weihnachtsfeiern immer alle teil, so dass man regelmäßigen Kontakt zu jedem hatte, der für den Verein spielte oder arbeitete.

Mit welchem Spieler oder Trainer hatten Sie damals die beste Beziehung?

Stüker: Ich kam trotz des Telefonats sehr gut mit Zebec aus und habe auch mal auf seine Enkelkinder aufgepasst. Für Erich Ribbeck erledigte ich sogar die private Post, auch mit Karl-Heinz Feldkamp verstand ich mich gut. Er war die erste Trainerentlassung, die ich miterleben musste. Ich war so bedröppelt, dass er mich trösten musste. Mädchen, nimm's nicht so schwer, sagte er! (lacht) Bis heute befreundet bin ich mit Marcel Raducanu, der einst nach seiner Flucht aus Rumänien eine besondere Betreuung benötigte und ab und an mit seinem Schicksal haderte, weil er nicht mehr zurück in seine Heimat durfte.

Ab wann veränderten sich erstmals Ihre Aufgaben?

Stüker: Als der BVB gegen Ende der 1980er-Jahre in ein kleines Gebäude neben dem Stadion gezogen ist, in dem auch die Jugendabteilung beheimatet war und Manager, Trainer, Pressesprecher und ich Büros hatten. Zusammen mit dem später langjährigen Teammanager Fritz Lünschermann habe ich dann die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit erledigt, die Stadionzeitung gemacht, Bandenwerbung vermarktet, Fanklubs und unseren Werbepool an Sponsoren betreut - quasi Marketing und Merchandising, nur dass man das damals noch nicht so nannte. Das war vom Arbeitsaufwand schon eine heftige Zeit.

Wie war man damals denn im Bereich Fan-Artikel aufgestellt?

Stüker: Wir hatten die Rechte an eine Firma verkauft, die diverse Fanartikel auflegte und wir diese teils in der Geschäftsstelle verkauften. Das waren hauptsächlich Pins, Aufkleber, Mannschaftsposter und Schals. Was Trikots angeht, weiß ich noch, wie Fritz Lünschermann einige Jahre später einmal sehr viele Trikots geordert hat und unser Schatzmeister fast in Ohnmacht fiel, als er die Rechnung sah. Das würde man doch niemals verkaufen! Doch wenig später waren alle weg wie warme Semmeln.

Gab es schon eine Fanbetreuung?

Stüker: Im Prinzip nicht. 1974 gründete sich der BFC - Borussia Fan-Club. Dieser wurde ganz schnell sehr groß, vereinte viele Fans und sorgte auch dafür, dass die Mitgliederzahlen stiegen, weil nur Vereinsmitglieder auch Mitglieder des Fanklubs werden durften. Der BFC organisierte später die ersten Auswärtsfahrten mit verbilligten Preisen für Jugendliche und nahm Behinderte mit. Mit Hilfe des BFC entstand in Dortmund auch der erste Kinderhort im Stadion eines Bundesligisten.

Wann ging es mit der Fanbetreuung schließlich von Vereinsseite los?

Stüker: 1986 begannen wir, die damals 60 Fanklubs - heute haben wir weltweit 980, davon 200 im Ausland - offiziell aufzunehmen. Wir versorgten sie permanent mit Informationen, beantworteten ihre Anfragen, gaben später die Stadionmagazine an sie aus und starteten die Fanklub-Besuche. Auch konnte man dann als gesamter Fanklub Tages- oder Dauerkarten ordern. Durch die Titelgewinne in den 1990er-Jahren nahm das Thema noch einmal richtig Fahrt auf, weil es eine wahnsinnige Explosion gab und wir auf einmal 600 Fanklubs hatten.

Waren die Voraussetzungen, um offiziell als Fanklub anerkannt zu werden, immer dieselben?

Stüker: Anfangs benötigte man sieben Mitglieder und einen gewählten Vorstand, später und bis heute müssen es mindestens 15 Mitglieder sein. Allerdings sind die Bedingungen ab 2014 schärfer geworden. Heute braucht es eine richtige Satzung, in der auf jeden Fall ein Anti-Rassismus-Paragraph enthalten sein muss. Man ist angehalten, jedes Jahr zahlreiche Unterlagen einzureichen wie beispielsweise einen Aktivitätsbericht. Heute wird ein Fanklub nicht danach bewertet, wie lange er existiert, sondern wie aktiv er ist. Das müssen uns die Fanklubs mitteilen, denn wir erstellen anhand dessen ein Ranking und danach werden schließlich die Karten verteilt.

Acht Jahre nach Ihrem Amtsantritt gewann der BVB gegen Werder Bremen mit dem DFB-Pokal 1989 den ersten Titel. Welche Erinnerungen haben Sie daran?

Stüker: Wir hatten im Vorfeld ein Treffen beider Fanszenen in Osnabrück organisiert, weil die sich nicht gerade grün waren und wir echt Angst hatten, dass das tolle Endspiel in schlechter Erinnerung bleibt, wenn es dort zu Prügeleien kommt. Eine Woche vor dem Spiel sind wir dann mit einigen Fans - darunter übrigens der Formel-1-Kommentator Heiko Wasser - in einem kleinen Bulli nach Berlin gefahren. Dort stiegen wir in einen Doppeldecker-Bus der Union-Brauerei um, in dem unten gefühlte 40 und oben 50 Grad herrschten. Damit fuhren wir durch Berlin, um kleinere Fan-Artikel zu verteilen und die Berliner auf unsere Seite zu ziehen. Ich weiß noch, wie verdutzt Werder-Manager Willi Lemke guckte, als er vor den Pressekonferenzen aus dem Bremer Bus stieg und dort nur Fans in Schwarzgelb warteten.

Apropos Prügeleien: In den 1980er-Jahren waren viele deutsche Fanszenen von Hooliganismus und Rechtsextremismus betroffen. Beim BVB war vor allem die sogenannte "Borussenfront" berüchtigt und gefürchtet. Wie haben Sie das beobachtet?

Stüker: Die Borussenfront war im Stadion und hat versucht, Fans auf ihre politisch radikalisierte Seite zu ziehen. Das wurde vom Großteil aber abgelehnt, niemand wollte die Politik im Stadion haben. Hooligans waren insgesamt ein großes Problem, bei uns vor allem bei Spielen gegen die Blauen. Jagdszenen und Prügeleien waren an der Tagesordnung. Ich erinnere mich, wie einmal ein Fan blutend und völlig fertig in unserem kleinen Gebäude Schutz suchte, nachdem er zwischen die Fronten geraten war. Im Zuge dieser Entwicklungen gründete sich das Fanprojekt Dortmund, um diesen Leuten über Arbeitsprojekte andere Perspektiven zu vermitteln. Wir vom Verein waren ja nicht ausgebildet, wie sollten wir mit Hooligans umgehen?

Wie lange war denn das Thema Fans ausschließlich Ihres und ab wann bekamen Sie Unterstützung?

Stüker: Ich machte das über Jahre alleine und war neben Jutta Schnell von 1860 München auch eine der ersten Frauen, die Fanbeauftragte war. Erst in den 2000ern habe ich zwei Kollegen bekommen, die sich dann auch um die Ultras gekümmert haben.

Im Jahr 2005 war der BVB aufgrund der großen Finanzkrise so gut wie am Ende. Hatten Sie Angst um Ihren Arbeitsplatz?

Stüker: Merkwürdigerweise nicht. Vielleicht, weil man damals schon hörte, dass wahrscheinlich wieder Reinhard Rauball als Präsident übernehmen wird, der uns in den 1980ern schon zweimal aus finanziell sehr schlechten Situationen geholfen hatte. Damals, 1986 in der Relegation gegen Fortuna Köln, hatte ich Angst um meinen Job. Da habe ich mich beim Gang in die Geschäftsstelle gefragt, ob ich morgen noch wiederkommen werde.

Bei einer Versammlung der Anleger des Molsiris-Fonds am Düsseldorfer Flughafen am 14. März 2005 stimmten diese schließlich der Sanierung zu, die Insolvenz wurde abgewendet. Wie haben Sie diesen Tag verbracht?

Stüker: Ich saß zwar im Büro, aber arbeiten war nicht möglich. Ich lauschte nur dem Radio. Als endlich verkündet wurde, dass die Anleger zustimmten, war ich extrem erleichtert. In erster Linie nicht wegen mir, weil ich schon so lange dabei war und irgendwie nicht dachte, dass mich das direkt betreffen könnte. Ich habe mir aber Gedanken um meine Kollegen gemacht, da ja zuvor auch einige entlassen werden mussten.

Ein paar Jahre später folgte die Erfolgsära unter Jürgen Klopp, die das Wachstum des Vereins stark beschleunigte. Wie oft hatten Sie mit Klopp zu tun?

Stüker: Unregelmäßig. Durch die Fanbetreuung in den Trainingslagern waren wir im gleichen Hotel untergebracht, da kam es dann auch ab und an zu Gesprächen. Das war immer sehr nett und entspannt, er ist vor allem absolut authentisch.

Würden Sie sagen, der Klub ist seit ihm ein anderer als zuvor?

Stüker: Ja. Durch ihn und die Spielweise seiner Mannschaft sind die Fans wieder deutlich näher an den Verein gerückt. Er ging auch selbst gerne auf die Fans zu und nahm sich Zeit. Er war der erste Trainer, der für Marketing- oder Merchandisingzwecke zu haben war - Stichwort Pöhler-Kappe. Ein Trainer, der sich mit irgendeinem Fan-Artikel schmückt, das war früher undenkbar.

Welche Klopp-Geschichte ist Ihre liebste?

Stüker: Einmal trat eine Organisation, die sich um schwer kranke Kinder kümmerte, mit dem Wunsch an uns heran, die Mannschaft zu treffen. Ich habe dann geschaut, dass die Spieler für Autogramme und Fotos bereitstehen. Jürgen kam während des Trainings plötzlich an den Spielfeldrand, wo die Kinder standen. Alle sind natürlich sofort auf ihn zu, bis auf einen Jungen, der etwas Abseits stand und sich schüchtern an einen Zaun lehnte. Als Jürgen das sah, ging er zu ihm, lehnte sich genauso wie er an den Zaun und sprach ihn an. Danach ist der Junge aufgetaut und noch richtig auf Jürgen herumgeturnt.

Klopp war einer von bislang 28 Trainern, die Sie in Ihrer Zeit beim BVB erlebten. Welcher war der Coolste?

Stüker: Schwere Frage, der Kontakt hat sich bei so vielen durchaus unterschieden. Neben den Trainern aus meiner Anfangszeit gehört auf jeden Fall Jürgen dazu. Auch zu Ottmar Hitzfeld hatte ich einen sehr guten Draht und zu Horst Köppel, der mir bei einer Lesung vor drei Jahren im Deutschen Fußball-Museum das Du anbot.

Wie sieht es diesbezüglich bei den Spielern aus?

Stüker: Neben Marcel Raducanu, mit dem sich eine private Freundschaft entwickelte, würde ich die Spieler nennen, die beim BVB in anderer Tätigkeit sind wie Nobby Dickel. Guten Kontakt habe ich auch zu den Spielern der Traditionsmannschaft. Und mit Teddy de Beer und Jörg Heinrich besuche ich die Fanklubs.

Das sind vorwiegend Spieler, die vor langer Zeit in Dortmund kickten. Können Sie sich denn noch mit der heutigen Spielergeneration identifizieren?

Stüker: Der Altersunterschied und die Entfernung zwischen unserer Geschäftsstelle und dem Trainingsgelände machen es sicherlich schwieriger. Ich bekomme die Spieler hier nicht mehr zu sehen und fahre auch nicht mehr mit in die Trainingslager.

Sprich: Sie können gar nicht weiterhelfen, wenn Sie gefragt werden, wie denn der Erling Haaland so drauf ist?

Stüker: Nein, ich weiß nicht, wie er drauf ist. Da muss ich passen. (lacht)

Mittlerweile arbeiten Sie in der sogenannten Abteilung Fanangelegenheiten, die aus zehn Mitarbeitern und zwei Teams besteht, die sich um Fanklubs und den Spielbetrieb kümmern. Was machen Sie am Spieltag?

Stüker: Wir sind vor Anpfiff in unserem kleinen Büro hinter der Südtribüne am Aufgang zu Block 11. Zwei von uns kümmern sich um die Gästefans, der Rest ist auf der Süd unterwegs. Da geben wir beispielsweise die Auswärtsdauerkarten aus und sind einfach Ansprechpartner für allerlei Anlässe, auch nach der Partie noch. Die Spiele verfolgen wir auf unseren Plätzen auf der Nordtribüne, wo alle anderen Angestellten auch sitzen.

Wie sehen heute im Gegensatz zu einst Ihre Arbeitszeiten aus?

Stüker: Früher ging es auch mal um 6 Uhr los und um 20 Uhr wurde man dann nach Hause geschickt, aber anders war die Arbeit kaum zu erledigen. Da kam ich schnell auf 80 offene Urlaubstage und hunderte von Überstunden. Heute hat sich das für mich kolossal gebessert, die Arbeit ist weniger geworden. Den großen administrativen Bereich erledigen nun meine jüngeren Kolleginnen und Kollegen. Meine Hauptaufgabe besteht darin, die Fanklubs zu besuchen und die Besuche zu organisieren.

Wie oft im Jahr geschieht das?

Stüker: Wir sind - wenn nicht durch die Pandemie ganz enge Grenzen gesetzt sind - das ganze Jahr unterwegs, sonst würden wir das nicht schaffen. Insgesamt sind es 60 bis 70 Besuche. Die Fanklubs richten Turniere, karitative Veranstaltungen oder Stammtische aus, zu denen wir eingeladen werden. Es geht vor allem darum, sich mit den Fans auszutauschen und ihre Bedürfnisse zu hören. Uns werden immer dutzende Fragen gestellt. All das nehmen wir mit nach Hause und geben es weiter, um unsere Arbeit zu optimieren.

Welcher ist denn der älteste BVB-Fanklub überhaupt?

Stüker: Das ist der Fanklub Dröschederfeld aus Iserlohn, der sich 1968 gründete, heute aber nicht mehr existiert. Es gibt aber immer noch den Fanklub Borussia Dortmund, der Nachfolger des vorhin erwähnten BFC.

Welcher ist der größte Fanklub?

Stüker: Der Fanklub Oeventrop-Freienohl aus Arnsberg im Sauerland mit 1100 Mitgliedern. Die haben sogar eine eigene Geschäftsstelle, die dreimal die Woche geöffnet ist. Wenn der seine jährliche Versammlung abhalten will, muss er ein Jahr im Voraus die Schützenhalle mieten. Das hat dann durchaus Volksfestcharakter.

Zu welchem Besuch mussten Sie die weiteste Anreise antreten?

Stüker: Die ging nach Ungarn und Polen. Die Mitglieder treffen sich dort meist nur einmal im Jahr, weil sie sehr weit verstreut sind. In Budapest bekamen wir eine Stadtführung, in Polen gingen wir durch einen Natur- und Freizeitpark, in dem früher viele DDR-Bürger Urlaub gemacht haben, wie uns erklärt wurde. Bemerkenswert war, dass die Fans zwar kaum Deutsch sprachen, die Lieder der Südtribüne aber alle fehlerfrei singen konnten.

Können Sie auch so etwas wie Ihren ungewöhnlichsten Fanklub-Besuch nennen?

Stüker: Einmal hatte man zwei Damen engagiert, die die Gäste oben ohne bedienten. Ich kann mich auch erinnern, dass irgendwo mal ein Männer-Ballett aufgeführt wurde.

Es soll auch eine bestimmte Geschichte mit Tomas Rosicky geben.

Stüker: Ja. Ich bin mit ihm zum Besuch des Fanklubs Meschede ins Sauerland gefahren, als plötzlich Schnee einsetzte. Tomas' Mercedes hatte aber noch Sommerreifen drauf, in der Nähe der Warsteiner-Brauerei blieben wir stecken. Ich rief den Fanklub an, damit jemand kommt und uns abschleppt. Es kamen dann zwei junge Männer, die Tomas' Wagen erst stehen lassen wollten, weil sie noch nie ein Auto abgeschleppt hatten. Dagegen habe ich mich mehr gewehrt als Tomas, am Ende bekamen wir den Mercedes aus dem Schlamassel heraus und haben ihn über Nacht dort im Ort geparkt. Tomas hat die ganze Sache absolut souverän und locker abgewickelt, anschließend wurden wir wieder zurück nach Dortmund gefahren. Die erzählen da heute noch davon!

Gab es denn in den 40 Jahren, die Sie nun schon im Verein sind, einmal die Überlegung, den Arbeitgeber zu wechseln?

Stüker: Es gab Tage, an denen ich gefrustet war und mich fragte, warum ich mir das eigentlich antue. Ernsthaft verlassen wollte ich den BVB aber nie. Es ist einfach ein toller, abwechslungsreicher Job, der mir auch damals, als sehr viel zu tun war, so gut wie immer viel Spaß gemacht hat. Meine Freundinnen bewundern mich alle für meinen Job.

Was haben Sie vom Verein zum 40. Dienstjubiläum bekommen?

Stüker: Etwas, wofür ich sehr dankbar bin, verraten werde ich es aber nicht.

Dafür können Sie sicherlich sagen, wie lange Sie noch machen wollen?

Stüker: Offiziell wäre am 1. Juli 2023 Schluss.

Und dann?

Stüker: Wie es weitergeht, wird sich zeigen. Wenn sich aber im Verein eine Möglichkeit bietet und mir das zusagt, würde ich auf jeden Fall am Ball bleiben wollen.

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