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Breda-Coach Peter Hyballa im Interview: "Fußball ist passen, schießen, köpfen, laufen. Ende"


EXKLUSIV-INTERVIEW

Peter Hyballa arbeitete einst als Jugendtrainer von Bayer Leverkusen, dem VfL Wolfsburg und Borussia Dortmund - heute trainiert er den niederländischen Zweitligisten NAC Breda. Im Interview mit Goal und SPOX gibt er detaillierte Einblicke in seine Trainingsmethoden und sein Coaching abseits des Platzes.

Außerdem erklärt der 44-Jährige, was in der Talentförderung heutzutage fehlt und was er von Nachwuchsleistungszentren hält.


Herr Hyballa, bei Ihnen in Breda ist aufgrund der Corona-Pandemie ebenfalls Stillstand angesagt. Wie gestaltet sich Ihr persönlicher Alltag momentan?

Hyballa : Mein Alltag ist ganz normal. Ich mache zweimal am Tag Sport und habe bereits eine Überbelastung im Fuß (lacht). Zudem bin ich in regem Austausch mit meinem Trainerteam, den Spielern und dem Vorstand. Ansonsten lese ich auch mal ein Buch.

Kommen Sie damit denn auch mal weg vom Thema Fußball?

Hyballa : Nun ja, ich habe ja auch schon acht oder neun eigene Trainingsbücher geschrieben, gerade bin ich am zehnten dran. Ich beschäftige mich also schon mit Fußball, aber auch mit anderen Dingen. Letztendlich ist es für mich und alle, die in diesem Geschäft arbeiten, einfach eine Berufung. Man befasst sich immer mit diesem Sport - sei es theoretisch, trainingsmäßig oder mit den Jungs.

Ihre Jungs, Sie sprechen sie an. Haben Sie aktuell regelmäßig Kontakt zu Ihrer Mannschaft?

Hyballa : Ich kontaktiere die Spieler immer mal wieder. Ich gehe ihnen nicht auf die Nerven, aber einmal die Woche telefoniere ich mit ihnen. In erster Linie bin ich Pädagoge. Jetzt aktuell bin ich auch so ein wenig der seelische Mülleimer für die Jungs.

Inwiefern?

Hyballa : Die erste Woche ohne Fußball haben Sie ganz humoristisch und locker genommen. Aktuell merke ich schon, dass sie bei Unlust und Frustration angekommen sind. Der Fußball ist eben auch eine Ich-AG-Welt. Viele machen sich Gedanken, wie es für sie selbst weitergeht, vor allem die, deren Verträge auslaufen. Ich persönlich sehe mich als ehrlicher Partner der Spieler und nicht als Diktator. Ich will den Jungs helfen und auch sie helfen mir, dass ich weiterkomme.

Was besprechen Sie innerhalb Ihres Trainerteams genau?

Hyballa : Wir haben ein- bis zweimal in der Woche ein Skype-Meeting mit dem Chefscout und dem technischen Manager und sprechen dabei über Vertragsverlängerungen und potenzielle neue Spieler. Ansonsten geht es im Trainerstab primär um das individuelle Training, welcher Trainer beispielsweise welchen Spieler nochmal zusätzlich motivieren kann. Wir wollen auch mal Spieler hinzunehmen, um Transparenz zu erzeugen. Sie sollen einfach wissen, was im Moment passiert.

Was zeichnet Ihre Spieler in Breda aus?

Hyballa : Es ist eine junge, wilde Mannschaft. Ich habe mir nach dem ersten Treffen mit den Verantwortlichen des Klubs Videomaterial angeschaut. Ich dachte mir nur: Geil, eine junge Truppe, die ordentlich Gas geben kann. Die haben Ende Januar im Pokalachtelfinale PSV Eindhoven aus dem Wettbewerb gekegelt. Zudem habe ich mir nach meiner überraschenden Entlassung in der Slowakei die Frage gestellt, ob ich bis Sommer warte oder gleich wieder in Breda anfange. Der Witz an der Geschichte ist, dass ich nicht zuhause sitzen und sofort wieder auf den Fußballplatz wollte. Jetzt, zehn Wochen später, sitze ich halt wieder zuhause (lacht).

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Sie selbst machen zweimal pro Tag Sport. Wie halten sich Ihre Jungs aktuell individuell fit?

Hyballa : Unser Fitnesstrainer hat ein eigenes Homeworkout-Programm entwickelt, über welches die Spieler Hausaufgaben bekommen. Mit dem Trainerstab werten wir die Resultate dann aus, schauen uns die Trainingsintensität an. Anschließend vergleichen wir die Ergebnisse mit den Spieldaten. Mein Spielstil erfordert aufgrund des Pressings beispielsweise viele kurze Sprints, weswegen das auch unseren Fokus genießt.

Wie streuen Sie diese Individualisierung im regulären Trainingsbetrieb ein?

Hyballa : Bei uns gibt es sowohl das Mannschaftstraining als auch das individuelle Training, wir machen beides. Individuell kann man eben vieles nach einem Spielerprofil ausrichten und beispielsweise mit dem Angreifer immer wieder an seinem Kopfballspiel feilen oder mit dem Verteidiger das Andribbeln trainieren. Man trainiert deutlich individueller, wenn man kleinere Gruppen macht.

Wie regelmäßig bauen Sie diese Methode dann ein?

Hyballa: Im Mannschaftstraining wird die Individualität natürlich auch gefördert, das darf man nicht vergessen. Im Vier-gegen-Vier hast du alles mit drin: Zweikämpfe, Torabschlüsse, das Verteidigen. Wir splitten das Team aber mittlerweile relativ oft, weil das Wirkung zeigt: Das Individualtraining in Form von Kleingruppen, also beispielsweise mit den sechs Angreifern, bezeichne ich gerne als Profiltraining. Die Spieler müssen in ihrem Bereich viele Situationen durchspielen, die im Spiel vorkommen können. Das habe ich früher auch anders gemacht, weil ich voll auf die Mannschaft fokussiert war.

Wie gliedern Sie das unter den Trainern auf?

Hyballa : Wir haben drei Trainer und einen Torwarttrainer. Jeder hat so ein wenig seine Aufgabe, sprich einer macht das Laptoptraining und widmet sich dem Videocoaching als Teil des Individualtrainings. Ich bin der Helikoptertrainer und für alles zuständig. Mein Schwerpunkt ist sozusagen das Feld- und Leidenschaftstraining und dann haben wir noch einen Athletiktrainer. Wenn du ein Millionenklub bist und Champions League spielst, könntest du jetzt natürlich noch fünf Trainer engagieren. Die Frage ist aber auch immer, ob die Trainer untereinander klarkommen.

Gibt es eine spezielle Form des Individualtrainings, auf den Sie besonderen Fokus legen?

Hyballa : Drilltraining als Teil des Individualtrainings finde ich richtig gut. Wenn du beispielsweise den Außenverteidiger 100 Flanken reinspielen lässt, dann bekommt der Spieler ein Gefühl dafür. Als Trainer musst du Lösungen für so eine Situation anbieten. Und das geht zumeist nur, wenn du eine kleinere Gruppe machst.

In welchen Spielsituationen kann dieses individualisierte Coaching Früchte tragen?

Hyballa : Ein Stürmer hat oft die Situation, dass er eine Flanke sechs Meter vor dem Tor über die Latte köpft. Das sieht man ganz oft, aber eben genau das sind die schwierigsten Bälle, weil da der Druck am größten ist. Wenn der Angreifer davor diesen Drill individuell reinbekommt und man im Training immer wieder Flanke und Abschluss per Kopfball trainiert, dann ist das ein Puzzleteil, welches mit guter Fitness und gutem Timing kombiniert werden muss.

Jetzt könnte man behaupten, dass das doch alles in einer normalen Spielform trainiert werden kann.

Hyballa : In einer kleinen Spielform erhältst du diese Situation acht bis neunmal. In einer großen Spielform vielleicht ein bis zweimal – maximal. Aber im individualisierten Training, sei es auch mit leichtem Gegnerdruck, ist das was anderes. Und ich bin etwas müde von diesen Aussagen, dass so eine Situation im Spiel nie vorkommt. Ich sage ganz klar, dass dieser Drill wichtig ist, denn: Fußball ist passen, schießen, köpfen laufen. Ende.

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Haben Sie eine konkrete Szene aus Ihrer Karriere im Kopf, in der der Drill zum Erfolg geführt hat?

Hyballa : Ich habe in der Slowakei einen Angreifer namens Vakoun Bayo trainiert. Mit ihm haben wir immer wieder den Lauf an den ersten Pfosten trainiert und er hat in der Folge wirklich zahlreiche Tore auf genau diese Art und Weise gemacht. Schlussendlich war er dann der größte Transfer der Klubgeschichte, weil Celtic Glasgow ihn geholt hat.

Wie haben Sie ihm das eingetrichtert?

Hyballa : Nach dem Individualtraining kann man einen Spieler mit Hilfe der Videoanalyse konkret korrigieren und daran arbeiten. Da wiederum zeichnet sich aber auch der gute Trainer aus. Hierzu kann ich sagen: Wir haben unseren Stürmern beispielsweise ganz oft Videos von Ulf Kirsten gezeigt. Unsere Angreifer mussten ebenfalls immer wieder auf diese 'Ulf-Position'. Durch so etwas gibt man den Spielern als Trainer Prinzipien mit.

Gibt es ein weiteres Beispiel für einstudierte Trainingsmethoden, die erfolgreich waren?

Hyballa : Ich kann mich noch an Marco Höger erinnern, vor zehn Jahren bei Alemannia Aachen. Es war meine Ansage, den zweiten Ball nach einer Ecke entweder direkt aufs Tor zu knallen oder ihn an den zweiten Pfosten zu chippen. Das war so eine Art Gesetz bei uns. Er hat dann gegen Mainz 05 mit links ein absolutes Traumtor gemacht, weil er einfach draufgehauen hat. Jetzt kann man natürlich sagen, dass das Zufall war. Aber nein! Auch hier haben wir eine Lösung einstudiert.

Wir sprechen aber generell von einem gesunden Mix aus Spielformen und individuellem Coaching?

Hyballa : Es ist die Abwechslung zwischen Spielform und Drilltraining und auch das richtige Coaching, das entscheidend ist. Die beste Datenbank ist und bliebt das Coaching und am Ende des Tages ist auch der Mensch entscheidend. Im Individualtraining kannst du dich mit dem Einzelnen viel mehr beschäftigen. Die Spieler lieben das, weil du als Trainer der zweite Papa von ihnen bist. Und für einige ist man sogar der erste Papa. 

Merkt man das an der Reaktion der Spieler?

Hyballa : Wenn du im Individualtraining mit den Jungs sprichst, dann finden die das geil. Aber auch, wenn du sie einmal kritisierst. Das meine ich wiederum mit Ehrlichkeit. Allein mit einer Softy-Pädagogik entwickelst du keinen Spieler mehr weiter. Du musst ganz klare Ansagen machen und dann, wenn du was Gutes und auch was Schlechtes siehst, ihm das sagen und ihm Lösungsmöglichkeiten geben. Das akzeptiert und schätzt jeder Spieler.

Was wiederum löst man dadurch aus?

Hyballa : Ein Spieler gibt einem das immer zurück, wenn er merkt, dass sich der Trainer für jemanden engagiert. Das sieht man nachher auch im Spiel und darum geht es ja. Wenn ein Spieler an das, was ihm der Trainer vermittelt, glaubt, dann geht er für dich durchs Feuer, wenn er das nicht tut, hat man keine Chance. Viele Spieler sagen zu mir, dass das Training bei mir echt attraktiv und geil, aber eben richtig hart war. Das 'geil' und 'attraktiv' fasst man dann positiv auf und bei 'hart' denkt man sich, dass das eher negativ gemeint ist. Aber nein, das drückt auch irgendwo die Liebe eines Spielers aus.

Wo sehen Sie die Zukunft vom individualisierten Training im Profifußball?

Hyballa : Es ist immer das gleiche: Der deutsche Fußball setzt einen Trend, aktuell ist es eben die Individualisierung. Das wird ausgelutscht werden und in zwei, drei Jahren stehen wir wieder an der Bahnstrecke und sagen uns: 'Ja, der Einzelne ist richtig gut, aber jetzt ist die Welt egozentrisch und wir sollten mal wieder mehr Turnierformen machen'. So wird das dann laufen und am Ende des Tages ist der Mix wichtig. Wenn man den Fokus zu sehr auf Individualtraining und individuelle Apps legt, dann weißt du vielleicht nicht mehr wo dein Mitspieler hinläuft.

Sie sagten es vorhin bereits. Der Mensch hinter dem Fußballer ist Ihnen persönlich ganz wichtig. Wie wichtig sind Ihnen Vier-Augen-Gespräche mit Spielern?

Hyballa : Vier-Augen-Gespräche sind mir super wichtig. Letztendlich ist das die empathische Keimzelle zwischen Trainer und Spieler.

Auf oder neben dem Platz?

Hyballa: Ich mache das gerne spontan. Ich rede mit den Spielern auf dem Platz, weil das die besten Gespräche sind. Klar kann man sie zu sich bestellen und mit ihnen Videoanalyse machen, es kommt aber auch immer auf den Trainertypen an. Wenn man an dem Menschen selbst interessiert ist und über die menschliche Komponente den Spieler verstärken willst, dann kommen automatisch private Fragen.

Als Fußballtrainer kann man allerdings nicht jeden Spieler gleichermaßen in Gesprächen begegnen.

Hyballa : Der Basketballtrainer ist eher der Individualisierungstrainer. Wir Fußballtrainer haben dagegen 25 Spieler. Mit dem einen redest du pro Woche 20-mal, mit dem anderen vielleicht nur einmal oder sogar gar nicht.

Wie gehen Sie an solche Einzelgespräche ran?

Hyballa : Ich wusste immer ganz viel von meinen Spielern. Aber es gibt natürlich auch Trainer, die haben da überhaupt gar kein Talent für und die gehen nur nach positionsspezifischen und taktischen Themen. Ich finde halt, dass man den Spieler riechen muss. Wenn man merkt, dass ein Gespräch sein muss, dann muss man es auch durchführen. Als Trainer braucht man eine Instinktnase dafür und muss auch auf dem Platz das Gespräch suchen.

Was war das imposanteste Vier-Augen-Gespräch, das Sie je geführt haben?

Hyballa : Ich habe kein konkretes im Kopf. Meistens war das Thema Kultur ganz spannend, weil das verbindet. Ich habe zahlreiche Spieler betreut, die verschiedene Nationalitäten hatten. Mit einem etwas schwierigen Spieler, dessen Namen ich nicht nennen will, habe ich sehr schnell über sein Herkunftsland gesprochen, weil ich dort schon war und es ziemlich interessant fand. Und so habe ich Zugang zu ihm bekommen. Bei den Themen Kultur und Familie bekommt man die Akteure eigentlich immer. Als Fußballtrainer erzählst du eine Geschichte, du bist ein Storyteller und genau dann sind die Spieler immer voll da.

Gibt es ein weiteres Beispiel dafür, dass dieses Thema verbindet?

Hyballa : Bei Bayer Leverkusen habe ich einmal ein Experiment gewagt: Ich habe nicht Team A gegen Team B spielen lassen, sondern immer geschaut, was die Heimatvereine der Spieler waren. Dann haben wir Heimatklub von Emir Spahic gegen den von Stefan Kießling gespielt. Und dann schauen die mich an und merken sofort, dass ich mich mit ihnen beschäftigt habe. Und dann spielt ein Stefan Kießling nicht für Team C oder D, sondern für seine eigene Kultur. Und dann sind hochbezahlte Fußballprofis mit einem kleinen Trigger ganz anders. Das sind die kleinen Geheimnisse von erfahrenen Trainern.

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Kam es in einem Vier-Augen-Gespräch auch schon einmal zum Streit?

Hyballa : Ja, klar. Ich sage allerdings auch hier keinen Namen. Als Trainer musst du dir schon überlegen, wie du damit umgehst. Mit einem Spieler hatte ich beispielsweise schon einige "Gelbe-Karte-Gespräche" und dann kam eine Szene, auf die ein "Rote-Karte-Gespräch" folgte. Der Spieler ist dann nicht einverstanden und es wird ein bisschen lauter. Das ist dann heutzutage auch mal so.

Was ist für einen Trainer im Umgang mit jungen Spielern oder auch Talenten besonders wichtig?

Hyballa : Die totale Ehrlichkeit. Man muss immer zeigen, dass man Partner ist, aber gleichzeitig auch deutlich und streng sein. Viele Trainer machen in meinen Augen den Fehler, dass sie mit den Spielern befreundet sein wollen. Irgendwie entsteht immer eine Art Freundschaft, gerade mit jungen Spielern, weil man mit ihnen einen Weg mitgehen will. Der Trainer ist für den Spieler zudem wichtig, weil er Spielerkarrieren fördern, aber im Gegensatz dazu auch kaputtmachen kann.

Fehlt heutzutage bei den Talenten das Verständnis dafür, dass noch viel mehr als nur Talent gefragt ist?

Hyballa : Du musst als junger Spieler hart an dir arbeiten, um nach oben zu kommen. Talent ist ein ganz wichtiger Faktor. Das verliebt sein in den Fußball ist aber ein Teil der intrinsischen Motivation, die man heutzutage einfach braucht. Zudem mangelt es an Geduld! Wenn einer heute auf der Bank sitzt, dann ist da immer ein Rattenschwanz aus Eltern und Beratern dran. Da werden dann gleich Gespräche in höheren Instanzen geführt, also über dem Trainer. Die Spieler sind zu schnell beleidigt und sehen alles schlecht, aber eigentlich ziehen sie sich selber aus dieser Verantwortung raus.

Wie kann der Trainer dem gegensteuern?

Hyballa : Ich glaube, dass die richtig guten Trainer es schaffen, dem Spieler zu sagen: 'Hey, du bist dran. Ich bin nur eine Hilfestellung. Du musst den Sprint ziehen, du musst den Kopfball gewinnen.' Ich als Trainer kann dem Spieler nur mit Übungen, Coaching, Liebe und einer gewissen Strenge helfen. Den Weg muss der Spieler jedoch selbst gehen.

Wie bewerten Sie die fußballerische Ausbildung in Nachwuchsleistungszentren?

Hyballa : Generell gut. Ich glaube, dass jedes NLZ sehr gut arbeiten möchte und auch alles dafür tut. Die Jungs bekommen dort eine sehr gute Förderung und das Positive ist natürlich, dass Kinder und Jugendliche ihrem großen Hobby nachgehen können und durch Turniere und Vergleich oft die halbe Welt sehen. Pädagogisch gesehen kommen sie mit vielen Gleichaltrigen zusammen und erlernen dabei auch eine gewisse Empathie, Disziplin und Höflichkeit. Und man hat die Chance, Millionär zu werden. Punkt. Das hat man nicht, wenn man Religionspädagogik an der Uni studiert.

Sie sind jedoch auch jemand, der Kritik an der aktuellen Trainergeneration ausübt. Inwiefern zeigt sich das im NLZ?

Hyballa : Die jungen Trainer dort haben überhaupt noch keine Lebenserfahrung. Du brauchst da auch alte und erfahrene Haudegen, Leute, die beispielsweise nicht wissen, wo die Enter-Taste auf dem Laptop ist. Und Leute, die einen Jungen knuffeln und in den Arsch treten können. Das ist das, was ich aktuell kritisieren muss, dass sehr viele Studenten dort arbeiten. Die ganzen 20-Jährigen sind sogar teilweise ein wenig arrogant und denken, sie wären eine Kombination aus Jose Mourinho und Pep Guardiola.

In der NLZ-Förderung prasselt auch hoher Druck auf die Jungs ein.

Hyballa : Viel Druck ist es auf jeden Fall, nur der Spieler muss irgendwie damit umgehen können. Ich glaube, man kann das Rad nicht mehr groß neu erfinden und mal ehrlich: Mit dreimal Training pro Woche wirst du wahrscheinlich nicht oben ankommen. Das NLZ ist im Endeffekt nichts anderes als eine Produktionsprofistätte, die Trainer müssen die Spieler oben abliefern. Aber mittlerweile gibt es in Nachwuchsleistungszentren so viele Mitarbeiter, vergleichbar mit einer Großküche. Jeder will sein Gewürz in die Suppe reinstreuen. So geht der Instinkt der Spieler verloren.

Wie könnten dort wieder einzigartigere Spielertypen gefördert werden?

Hyballa : Ich finde, dass jedes NLZ irgendwie gleich ist. Deswegen kommen auch so viele gleiche Spieler raus, weil jeder, der irgendwie ein bisschen anders ist, gleich blöd angesehen wird. Gerade diese Andersartigkeit braucht jedes NLZ in Form von verschiedenen Typen aus unterschiedlichen Nationen. Du brauchst den Gangster, den Schlauen, den Millionärssohn, den Deutschen, den Ausländer, den Flüchtling oder auch den Straßenjungen. Dadurch entstehen auch unterschiedliche und besondere Spielertypen.

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