Es dauerte nicht lange, bis Tottenham festgestellt hatte, dass das Team einen großen Fehler begangen hatte. Im Champions-League-Duell gegen Monaco waren im Wembley-Stadion gerade einmal 15 Minuten gespielt, als Bernardo Silva nach vorne laufen durfte und sich den Ball, ungehindert durch Jan Vertonghen, auf seinen starken linken Fuß legen konnte.
Der kleine Mittelfeldspieler feuerte einen harten Schuss ab, der hinter Torhüter Hugo Lloris im Netz einschlug - und damit seine Mannschaft zu einem Sieg führte, der dem Team Schwung gab, sodass es schließlich bis ins Halbfinale der Königsklasse kommen konnte.
Das Tor warf die Frage auf, ob die Hausherren ihre Hausaufgaben vor dem Spiel richtig gemacht hatten, aber es zeigte auch eindeutig, wie sehr sich der Portugiese aus dem rechten Mittelfeld im Laufe des vergangenen Jahres verbessert hatte.
Aus einem vielversprechenden Youngster wurde einer der besten Spieler der Saison 2016/17 in der Ligue 1.

Den Preis als bester Spieler der Liga bekam er nicht, denn da gab es auch noch die schiere Anzahl an Toren, die PSG-Stürmer Edinson Cavani vorweisen konnte. Aber Bernardo Silva wäre auch ein würdiger Preisträger gewesen.
Der 22-Jährige gehörte nicht einmal zum Kader Portugals für die EM 2016 - aber genau das war vielleicht auf lange Sicht ein Vorteil für ihn.
Bernardo Silva begann die Saison in einer besseren Verfassung als jemals zuvor und agierte von Beginn an als echter Anführer. Monaco nutzte seine Stärken optimal aus und kletterte schon ganz früh in der Saison an die Spitze der Ligue 1.
Seit seinem Wechsel ins Fürstentum im Jahr 2014, anfänglich noch als Ausleihe, die später für 15 Millionen Euro in einen fixen Transfer umgewandelt wurde, ist Bernardo Silva als Künstler gewürdigt worden.
Seine Dribblings mit dem starken linken Fuß waren von Anfang an allen Gegenspielern wohlbekannt - genau wie seine fehlende Effektivität im Angriffsdrittel.
Doch das hat sich nun geändert, auf dramatische Art und Weise.
Acht Tore und elf Vorlagen kann der Portugiese in dieser Saison verbuchen und ist damit eine der Hauptwaffen der Mannschaft in der Offensive. Kein Team wird nun mehr den Fehler begehen, den sich die Spurs im September leisteten, als sie seine Abschlussqualitäten unterschätzten.
Getty"Er ist wohl der wichtigste Spieler in unserer Mannschaft", sagte sein Teamkollege Fabinho im Januar.
"Er hat eine Ballbehandlung wie Lionel Messi. Beide sind Linksfüßer, klein und sie machen kurze und wichtige Dribblings. Ihre Fähigkeiten sind dieselben", so der Brasilianer.
Natürlich ist Silva noch lange nicht auf dem Niveau des fünffachen Weltfußballers Messi. Ein passenderer Vergleich wäre für ihn wahrscheinlich Manchester Citys David Silva.
Im direkten Duell mit Silva und dem Team von Trainer Pep Guardiola zeigte Monacos Spielmacher im Achtelfinale der Champions League, was er drauf hat. Es gab eine Szene in der zweiten Halbzeit, als er den Ball gegen die halbe City-Mannschaft nicht abgab, obwohl er konsequent nur mit dem linken Fuß um alle Gegenspieler herumdribbelte. Die Aktion brachte nicht viel ein - aber sie zementierte seinen exzellenten Ruf.
"Er ist einer der Spieler, bei denen wir den Ball im Spiel am häufigsten sehen wollen", erklärte der Ex-Monaco-Spieler Omar Da Fonseca im Februar.
Und tatsächlich steht Silva im Mittelpunkt des Erfolgs von Monaco, das sich aller Voraussicht nach zum dritttreffsichersten Team der französischen Fußball-Geschichte krönen wird: Bislang hat die Mannschaft 102 Tore in 36 Liga-Spielen erzielt.
Die Tatsache, dass Silva nun die Truppe aus dem Fürstentum zur Meisterschaft führt, könnte allerdings dafür sorgen, dass er im Sommer nicht mehr da ist.

"Viele große europäische Klubs beobachten ihn. Einige sind ganz dicht an ihm dran", erklärte Monacos Vize-Präsident Vadim Vasilyev The Times. "Im Moment will ich noch keine Details verkünden. Der Großteil unserer Spieler ist für die großen Teams interessant", fügte er hinzu.
Die geforderte Ablösesumme in Höhe von 80 Millionen Euro zeigt, wie wertvoll der Portugiese für seine Mannschaft ist. Nach drei Jahren in Frankreich könnte es aber trotzdem sein, dass er das Gefühl hat, dass die Zeit für den nächsten Schritt gekommen ist.
Spanien oder Deutschland wären passende Ziele für ihn, da dort ein eher technischer Fußball im Vergleich zur körperlich anstrengenden Premier League in England gespielt wird. Aber natürlich würde Bernardo Silva auch hervorragend in ein von Pep Guardiola trainiertes Team passen.
Die Monaco-Fans werden jedoch hoffen, dass sein einfaches Tor nach der hervorragenden Vorarbeit von Kylian Mbappe beim 4:0 gegen Lille am Wochenende nicht sein letzter Treffer für den Verein gewesen ist.
Sein jüngerer Teamkollege mag aktuell die Schlagzeilen bestimmen, doch es ist bislang Bernardo Silva gewesen, der die Fäden für den unglaublich attraktiven Fußball, den Monaco spielt, in den Händen hält.


