Manuel Neuer FC Bayern Mainz 01-02-2020Imago Images

Manuel Neuer vor Abschied vom FC Bayern? Daran hängt der Poker um den Nationaltorhüter


HINTERGRUND

Da die Verhandlungen über eine Verlängerung mit dem FC Bayern ins Stocken geraten sind, machen Gerüchte über einen Wechsel von Manuel Neuer die Runde. Ein Abschied würde für den viermaligen Welttorhüter aus sportlicher Sicht allerdings keinen Sinn ergeben – und ist aktuell von ihm auch nicht geplant. 

Der Vertrag von Neuer läuft am 30. Juni 2021 aus, die Gespräche über eine Ausweitung ziehen sich bereits seit Monaten. Die Laufzeit des neuen Arbeitspapieres ist im Gegensatz zu anderen Meldungen aber nicht der Hauptstreitpunkt. Richtig ist zwar, dass es auch bei Vertragsdauer und Höhe des künftigen Gehalts (derzeit geschätzt rund 15 Millionen Euro pro Jahr) noch keine Einigung gibt. 

Entscheidender sind für den Bayern-Kapitän nach Informationen von Goal und SPOX jedoch zwei sportliche Fragen: Wer in der nächsten Saison Cheftrainer des Rekordmeisters sein wird und ob der Kader künftig wieder realistische Chancen auf  den Gewinn der Champions League hat. 

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Beides ist aktuell ungeklärt, denn Trainer Hansi Flick, zu dem Neuer ein sehr gutes Verhältnis hat, besitzt nach wie vor keinen neuen Vertrag über den Sommer hinaus. Und gleich bei mehreren Leistungsträgern wie Thomas Müller, Thiago und David Alaba, deren Verträge ebenfalls 2021 auslaufen, ist die Zukunft ungeklärt – gerade dann, wenn der FCB aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise künftig weniger Geld in die Mannschaft investieren kann. "Diese Fragen treiben ihn um, alles andere ist nicht so entscheidend", sagt einer, der ihn gut kennt. 

Neuer-Wechsel zu Chelsea darf aktuell angezweifelt werden

Zutreffend an den momentanen Berichten ist, dass die Münchner Führung und Neuers Berater Thomas Kroth noch ein gutes Stück von einer Einigung entfernt sind und auch bei Gesprächen an der Säbener Straße am Dienstag nicht zusammenkamen. 

Traditionell tun sich die Münchner schwer, Spieler über 30, insbesondere Topverdiener wie Neuer, mit langfristigen Verträgen auszustatten. Für Torjäger Robert Lewandowski (31) wurde diese interne Regel 2018 gebrochen. Für den war – und ist nach wie vor – aber auch kein Nachfolger in Sicht, während für das Tor zur neuen Saison bereits Alexander Nübel von Schalke 04 verpflichtet wurde. 

Vor diesem Hintergrund soll der FC Chelsea, Gegner des deutschen Rekordmeisters im Achtelfinale der Champions League, bereits Interesse an Neuer signalisiert haben. Nicht mehr als ein Gerücht, das wohl erst dann an Fahrt aufnehmen könnte, falls der unter Trainer Frank Lampard kaum zum Zug kommende 80-Millionen-Keeper Kepa Arrizabalaga nach der aktuell pausierten Saison verkauft werden sollte. Ob Neuer bereit wäre, zum Vierten der Premier League zu wechseln, darf allerdings stark angezweifelt werden.  

20200119_Manuel Neuer_Munchen(C)Getty Images

Mit nun 34 Jahren ist er zwar nicht mehr der Jüngste, sein Hunger nach Erfolgen hat aber weiterhin Bestand. Sein erklärtes Ziel, unbedingt noch einmal die Champions League zu gewinnen, wäre mit dem aktuellen Team der Blues eher unwahrscheinlich zu erreichen. Und: Ein Wechsel zu einem absoluten europäischen Topklub, der Neuer nochmal reizen könnte, bietet sich aktuell nicht an. Weder die restlichen englischen Giganten (FC Liverpool, Manchester City, Manchester United, Tottenham Hotspur) noch der FC Barcelona und Real Madrid haben akuten Bedarf zwischen den Pfosten. 

Paris Saint-Germain und Juventus Turin könnte man als Kandidaten handeln, weil sie mit Keylor Navas respektive Wojciech Szczesny auf dem Papier zwei weniger namhafte Torhüter in ihren Reihen haben. Allerdings ist sowohl aus Frankreich als auch aus Italien zu hören, dass beide Klubs mit ihren Torhütern zufrieden seien und sich vorstellen können, deren Verträge zu verlängern. 

Neuer hat keinen Grund zur Eile - Wechsel im Sommer nicht geplant

Unabhängig davon, dass sich der am Tegernsee lebende Neuer in Bayern wohl fühlt und einen Wechsel ins Ausland nie zu seinen Prioritäten gehörte, würde ein Tapetenwechsel demnach auch aus sportlicher Sicht keinen Sinn ergeben. Zumal Hansi Flick den deutschen Nationalkeeper trotz der Verpflichtung von Nübel auch in Zukunft als unangefochtene Nummer eins zwischen den Pfosten sieht. 

"Manuel ist der mit Abstand beste Torwart der Welt, daran habe ich nicht die geringsten Zweifel. Deshalb gibt es dazu für mich keine Alternative. Er führt die Mannschaft und gibt ihr die nötige Sicherheit“, erklärte Flick vor zwei Wochen in einem Interview mit der Sport Bild.  

Allerdings scheint es intern durchaus verschiedene Ansichten hinsichtlich der Torwartfrage zu geben. Der Nübel-Transfer hat dem Vernehmen nach zwischen Flick und Hasan Salihamidzic Differenzen hervorgerufen, weil der Sportdirektor ihn ohne Absprache mit dem Trainer eingetütet hatte und dem 23 Jahre alten Keeper angeblich sogar eine bestimmte Anzahl von Pflichtspieleinsätzen zugesichert haben soll. Neuer soll darauf alles andere als begeistert reagiert haben - gleichzeitig sieht er den derzeitigen Schalker Ersatzmann aber nicht als Bedrohung für seine Stammposition und macht von dessen Rolle auch nicht seinen Verbleib in München abhängig.

Vielmehr sieht der Weltmeister von 2014 angesichts des noch über ein Jahr laufenden Vertrags keinen Grund zur Eile und plant auch keinen vorzeitigen Wechsel im Sommer, wenn eine Einigung bis dahin nicht zustande kommt. Bevor Neuer einen neuen Kontrakt unterschreibt, will er wissen, wie der Trainer in der nächsten Saison heißt und wie international konkurrenzfähig der FC Bayern sein wird. Gut möglich also, dass sich die Verhandlungen noch etwas hinziehen werden. 

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