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Vier Erkenntnisse zu Leverkusen vs. BVB: Dortmunds Probleme mit Dellen und Dribblern


HINTERGRUND

Borussia Dortmund hat das Bundesliga-Verfolgerduell gegen Bayer Leverkusen verdientermaßen mit 1:2 verloren und damit zumindest zwischenzeitlich auch den Anschluss zur Tabellenspitze. Was fiel auf? Die Erkenntnisse.

Tabellarisch war die Niederlage für Dortmund ein herber Rückschlag. Mit weiterhin 29 Punkten liegt die Mannschaft von Trainer Edin Terzic drei hinter Leverkusen und RB Leipzig, das am Mittwoch auf Union Berlin trifft, und sieben hinter Tabellenführer FC Bayern München, der beim FC Augsburg gastiert.

1. Der BVB kann seine Leistungsschwankungen nicht abstellen

Als die Dortmunder nach dem Abpfiff das Unerklärliche zu erklären versuchten und natürlich nicht erklären konnten, begannen sie über den Kopf- und Nackenbereich des menschlichen Körpers zu sprechen.

Trainer Edin Terzic etwa beobachtete, dass nach dem aufgrund einer starken Dortmunder Anfangsphase etwas überraschenden Leverkusener 1:0 von Moussa Diaby (14.) "der Kopf runter ging" bei seinen Spielern. "Mit der Körpersprache waren wir dann gar nicht einverstanden." Auf einmal war all der Elan weg, Leverkusen drängte bis zur Pause auf das 2:0.

Nach der Pause fand Dortmund wieder ins Spiel, wurde Mitte der zweiten Halbzeit immer drückender, kam durch Julian Brandt tatsächlich zum Ausgleich (67.) und kassierte durch Florian Wirtz den neuerlichen Rückstand (80.). Thomas Meunier klärte unzureichend, Mats Hummels wirkte wie beim 0:1 desorientiert. "Doof und einfach", nannte Terzic das zweite Gegentor. Diese immer wiederkehrenden eigenen Fehler, erklärte Brandt, "brechen uns das Genick".

Wie schon bei den vorangegangenen beiden Spielen gegen RB Leipzig (3:1, erst schlecht, dann gut) und den FSV Mainz 05 (1:1, erst gut, dann schlecht) zeigte Dortmund auch gegen Leverkusen innerhalb eines Spiels eklatante Leistungsschwankungen. Was Dortmund unter Ex-Trainer Lucien Favre vorgeworfen wurde, konnte bisher auch Terzic nicht korrigieren. "Es zieht sich durch die Saison, dass wir nicht in der Lage sind, das Niveau über 90 Minuten zu halten", gab Brandt zu. "Es gibt zu viele Dellen."

Was sich dagegen machen lässt? Kapitän Marco Reus, der in der Anfangsphase äußerst auffällig spielte und dann lange abtauchte, wählte für die komplizierte Aufgabenstellung eine komplizierte Antwort mit einigen Kommas: "Wenn wir es wüssten, dann würden wir das, was wir nicht gut machen, abstellen."

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2. Meunier kann seine Leistungssteigerung nicht konservieren

Es passte ja so wunderbar zum bisher eher misslungenen Engagement von Thomas Meunier bei Borussia Dortmund, dass er sein wohl bestes Spiel für seinen neuen Klub bei einem Remis gegen einen Abstiegskandidaten machte. Beim 1:1 gegen Mainz schoss der belgische Rechtsverteidiger das Dortmunder Tor und holte den Elfmeter heraus, den Reus verschoss.

Sein Auftritt gegen Leverkusen begann mit einem guten Ballgewinn, trudelte dann aber rund 89 Minuten lang so aus, wie seine bisherige Saison bis zum Mainz-Spiel vor sich hin getrudelt war.

Defensiv fehlerhaft: Wie im Vorfeld des 1:2 und bei der Verteidigung etlicher Dribblings seines Gegenspielers Leon Bailey und später auch von Diaby.

Offensiv unpräzise: Wie bei seinem viel zu hoch gezielten Schuss in der 56. Minute und bei rund 26 Prozent seiner Pässe, die bei keinem Mitspieler ankamen. Meunier verzeichnete die schlechteste Passquote aller Dortmunder Startelf-Spieler – und außerdem die meisten Ballverluste.

Geholt wurde der belgische Rechtsverteidiger eigentlich, um mit seiner Erfahrung von 29 Lebensjahren (von denen er vier beim Weltklub Paris Saint-Germain verbrachte) etwas konstante Stabilität ins wilde Spiel der mal fehlerhaften, mal genialen Dortmunder Teenager zu bringen. Gegen Leverkusen wurde er diesem Anspruch anders als gegen Mainz wieder einmal nicht gerecht.

3. BVB hat Probleme mit Leverkusens flinken Dribblern

Marco Reus hat offenbar irgendwann aufgehört, die Anzahl der Leverkusener Konterchancen exakt mitzuzählen. Er glaube aber, sagte er mit einem kleinen Schuss Galgenhumor nach dem Spiel, dass es die 15. gewesen sei, die Wirtz auf Vorarbeit von Moussa Diaby zum entscheidenden 2:1 verwertete.

Ziemlich genau 14 der vorangegangenen 14 Konter liefen über ebenjenen Rechtsaußen Diaby (21) oder sein ebenso flinkes und dynamisches Pendant auf links Leon Bailey (23). Wieder und wieder dribbelten sie los, wieder und wieder wuselten sie an den im Kontrast so ungelenk wirkenden Dortmunder Defensivspielern wie Meunier, Mats Hummels und Thomas Delaney vorbei. Beide gewannen sie mehr als 50 Prozent ihrer direkten Duelle.

Das 1:0 organisierten die beiden Dribbler in Eigenregie: traumhafter Diagonalpass von Bailey, starke Annahme und Abschluss von Diaby. Hätten sie genauer gezielt, wären sogar noch mehr Treffer möglich gewesen: Diaby schloss siebenmal ab, Bailey dreimal. BVB-Keeper Roman Bürki musste insgesamt elfmal parieren, öfter als jeder andere Keeper in dieser Saison in einem Spiel.

Dass Diaby und Bailey überhaupt so oft in gefährliche Positionen kamen, lag an ihrer überragenden Tagesform, der Ungelenkigkeit der Dortmunder Abwehrspieler, vor allem aber auch an deren oftmals schlechter Raumaufteilung und Konterabsicherung. Die Räume zwischen Abwehr und Angriff waren meist viel zu groß. "Wir haben den Leverkusenern zu viel Zeit und Platz gegeben", klagte Brandt. "Sie konnten sich jeden Pass aussuchen."

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4. Florian Wirtz ist für Leverkusens Spiel erstaunlich wichtig

Zwei Spiele hatte Leverkusens Florian Wirtz zuletzt wegen einer Knieverletzung gefehlt, seine Mannschaft war dabei gegen Werder Bremen nicht über ein 1:1 hinausgekommen und hatte bei Union Berlin mit 0:1 verloren. Wie sehr Wirtz bei diesen Spielen vermisst und zurückgesehnt wurde, ist ob seines Alters von erst 17 Jahren durchaus erstaunlich.

Selten war ein noch so junger Spieler bei einem Spitzenklub der Bundesliga bereits so wichtig wie Wirtz aktuell für Leverkusen – und das zeigte er bei seinem Comeback gegen Dortmund wieder einmal. "Momentan ist er eine tragende Figur. Er hilft der Mannschaft mit seiner Präsenz", lobte Keeper Lukas Hradecky. Lars Bender sagte: "Der Junge spielt frisch, lebendig, unbekümmert. Das tut der Mannschaft und dem Verein gut."

In einem von Trainer Peter Bosz neu zusammengestellten Mittelfeld mit Nadiem Amiri und Charles Aranguiz, der nach einer Muskelverletzung erstmals seit dem vierten Spieltag in der Startelf stand, war Wirtz von Beginn an der auffälligste Spieler. Mit Dynamik warf er sich in Zweikämpfe, mit guten Ideen verschickte er Pässe. Und dann machte er in der Schlussphase auch noch das entscheidende Tor zum 2:1. In seinem 20. Pflichtspieleinsatz dieser Saison war es bereits der zwölfte Scorerpunkt.

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