Auf den ersten Blick unterscheidet sich die Karriere von Benoît Assou-Ekotto nicht von der anderer Top-Fußballer. Als Sohn eines Ex-Profis wurde der kamerunische Nationalspieler in Frankreich groß, wo sein Vater gekickt hatte. Er hatte früh so viel Talent, dass er entdeckt wurde und danach unter anderem sieben Jahre lang für Tottenham auflief. Doch eine Sache ist bei Assou-Ekotto anders als bei fast allen anderen Kickern: die Einstellung zum Fußball.
"Ich sage nicht, dass ich den Fußball hasse, aber es ist nicht meine Leidenschaft", bekannte er freimütig. "Ich komme morgens um 10.30 Uhr auf den Trainingsplatz und fange an, ein Profi zu sein. Um 1 Uhr bin ich fertig", erklärte der Linksfuß. Der Fußball als Job, als hervorragend bezahlte Arbeit. Nichts, was Wappenküssen oder ein Jubeln mit den Fans beinhaltet. "Warum bin ich nach England gegangen, wo ich niemanden kannte und kein Englisch sprach? Für einen Job", sagte Assou-Ekotto frei heraus.
Dass diese Aussagen nicht überall gut aufgenommen wurden, dürfte klar sein. Keine Sätze, die Fußball-Romantiker entzücken. "Ich habe nicht verstanden, warum die Leute schockiert waren. Warum kommen Spieler zu einem Verein? Weil sie gut aussehen?", fragte Assou-Ekotto und wollte damit klarmachen, dass aus seiner Sicht jeder Spieler nur wegen des Geldes bei einem bestimmten Klub landet.
Getty ImagesAlles, was über den Job als Fußball-Profi hinausging, war nichts für Assou-Ekotto. Er fuhr während seiner Tottenham-Zeit konsequent mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zum Training und zu den Spielen, lehnte jegliche Ausrüsterdeals ab und besorgte sich stattdessen lieber für 30 Euro seine Schuhe online. "Ich habe meine bei Ebay gekauft und es war ein gutes Geschäft. Ich prostituiere mich nicht für eine Marke", erklärte Assou-Ekotto.
Assou-Ekotto entdeckt nach Karriere-Ende seine Fußball-Leidenschaft
Ein weiteres Prinzip, an das er sich hielt: Seine Frisur ist nicht verhandelbar. Assou-Ekotto wechselte wild von Afro-Looks zu Zöpfchen und überraschte damit immer wieder. Nach seine Spurs-Zeit hätte er in die Serie A wechseln können, doch dazu kam es nicht: "Ich habe mit einem italienischen Klub gesprochen, einem dummen italienischen Klub", sagte er The Athletic. "Sie haben mir gesagt 'Wir finden dich gut, aber es wäre schwierig für uns, den Fans zu erklären, dass wir einen Spieler mit Haaren wie deinen holen'", berichtete Assou-Ekotto. Seine Absage erfolgte sofort.
Mit seiner Einstellung erarbeitete er sich schon während seiner Karriere den Ruf eines Sonderlings. So sonderbar anscheinend, dass jedes Gerücht über ihn geglaubt wurde. 2017 benötigte sein Ex-Trainer Harry Redknapp bei Birmingham einen Außenverteidiger und dachte an Assou-Ekotto, der damals in Metz spielte. Doch von dem handelte er sich eine Absage ein: "Das einzige Problem ist, dass er mir gesagt hat, dass er ein Pornostar werden will", sagte Redknapp damals der Presse. Die griff das Ganze nur zu gerne auf und machte daraus eine große Sache.
Getty ImagesDas einzige Problem: Es war ein Scherz von Redknapp. "Dieser Witz hat mich nicht gestört, er hat mich zum Lachen gebracht", sagte Assou-Ekotto, der danach tatsächlich Angebote aus der Branche bekam. Aber dafür interessierte er sich überhaupt nicht - aus Prinzip. "Meine Mutter hörte das erste Mal am Muttertag von der Geschichte. Sie sagte mir, über ein anderes Geschenk hätte sie sich mehr gefreut", berichtete er.
Inzwischen ist Assou-Ekotto in seiner Heimatstadt Arras als Familienvater voll ausgelastet - und hat eine neue Leidenschaft für sich entdeckt: den Fußball. Beim örtlichen Klub kickt er noch als Amateur. "Jetzt genieße ich den Fußball", sagt er und nennt einen kuriosen Unterschied: "West Ham und Aston Villa haben die gleichen Trikots. Manchmal bin ich früher auf den Platz gegangen und habe gesagt: 'Okay, das ist heute Aston Villa' und dann hat man mir gesagt, dass es West Ham ist. Als Amateur weiß ich, gegen wen ich spielen werde, weil es Spaß macht", so Assou-Ekotto, der ergänzte: "Jetzt werde ich mit etwas bezahlt, was man mir früher nicht geben konnte: Glück."

