Emile Smith Rowe Arsenal 2018-19Getty Images

Arsenals NxGn-Talent Emile Smith Rowe - Im Schatten der Stars


NxGn

Der FC Arsenal vollzog im Sommer bekanntlich einen personellen Umbruch: Nach dem Abgang von Vereinsikone Arsene Wenger stellte sich beim Klub aus Londons Norden gleich eine ganze Reihe an neuen Gesichtern vor.

Den Anfang machten Wenger-Nachfolger Unai Emery und sein Betreuerstab. Viele wurden von der Ernennung des Basken zum Cheftrainer überrascht - doch noch mehr verwunderte einige, wie effizient die Gunners auf dem Spielermarkt zu Werke gingen. Bereits Mitte Juli war die Tinte unter den Arbeitspapieren von Stephan Lichtsteiner, Bernd Leno, Sokratis Papastathopoulous, Lucas Torreira und Matteo Guendouzi getrocknet. In der Vergangenheit waren Transferfenster noch regelmäßig deutlich schleppender verlaufen, Arsenals zielstrebiges Vorgehen in diesen Wochen ein ungewohnter Segen für die Fans.

Bis heute hat sich das genannte Spieler-Quintett zwar längst in seinem neuen Umfeld eingelebt. Doch die Schlagzeilen dominierte zunächst ein anderer bislang weitgehend Unbekannter. Einer, der allerdings schon seit acht Jahren im Verein war. Ein 18-Jähriger, der nur im Stillen darauf spekulieren durfte, bereits in der Anfangsphase von Emerys Engagement im Emirates Stadium den Durchbruch zu schaffen.

Im vergangenen Juni, während auf Arsenals Geschäftsstelle mächtig Betrieb war, genoss jener Jung-Gunner noch den Sommerurlaub mitsamt seiner Familie und ließ sich unter der Sonne Frankreichs bräunen. Auf einer Liege am Hotelpool oder am Strand mag er sich dabei vielleicht ausgemalt haben, wie es wohl sein wird, eines Tages in der ersten Mannschaft von Arsenal zu brillieren. Aber dass er schon so bald die Chance dazu bekommen würde, sich auf der großen Profi-Bühne zu präsentieren, hat er wohl auch in seinen kühnsten Träumen nicht zu hoffen gewagt.

Sein Name: Emile Smith Rowe.

Emile Smith Rowe

Als offensiver Mittelfeldspieler, der sich sowohl auf dem linken Flügel als auch im Zentrum wohlfühlt, stach Smith Rowe aus der Bande an jungen Wilden heraus, die Neu-Coach Emery im Rahmen der Marketing-Tournee des Vereins in der Sommervorbereitung vorspielen ließ. Der Teenager wusste aus dem Stand zu überzeugen - und sicherte sich so einen Platz im Kader für den anstehenden International Champions Cup.

In diesem Rahmen stellte er sich auch erstmals dem breiteren Arsenal-Anhang vor. Und nicht nur dem: Spätestens nach seinem Treffer im Testkick gegen Atletico Madrid hatte auch der Rest der Fußball-Welt von seinem Talent Notiz genommen. Smith Rowe war von links in die Mitte gezogen und hatte nach einem Doppelpass mit Pierre-Emerick Aubameyang kurzerhand den Turbo gezündet. Der schlaksige Junge schlängelte sich anschließend im Höchsttempo geschmeidig an zwei Atleti-Verteidigern vorbei, ehe er mit einem präzisen Schlenzer Keeper Antonio Adan im Kasten der spanischen Defensivspezialisten überwand. Mit einem Schlag war er auch einem größeren Publikum bekannt, Smith Rowe ein Name, den es sich zu merken galt.

Emile Smith RoweGetty

Zweifellos war sein sehenswerter Abschluss ins lange Eck nur das i-Tüpfelchen auf eine sehr gute Vorstellung, die er gegen den aktuellen Titelträger der Europa League ablieferte. Aber es war keine Eintagsfliege, geschweige denn Zufall. Kurz darauf bestätigte Smith Rowe sein Potenzial beim Aufeinandertreffen mit dem nächsten namhaften Kontrahenten: Arsenal demolierte wenige Tage später Paris Saint-Germain mit 5:1 in Singapur - und wieder zählte Smith Rowe zu den Leistungsträgern, steuerte zudem eine Torvorlage bei. Der Lohn für sein couragiertes Auftreten? Keine Woche, nachdem er die Grenze zur Volljähigkeit überschritten hatte, band ihn der Verein, dem er sich mit zehn Jahren angeschlossen hatte, mit seinem ersten Profi-Vertrag langfristig an sich. Medienberichten zufolge hatten Chelsea und Tottenham vor ein paar Jahren noch versucht, ihn abzuwerben. Erfolglos.

Der Senkrechtstarter hatte seine Arsenal-Karriere also furios begonnen, doch kontinuierlich nach oben ging es auch für ihn seither nicht. Ganz im Gegenteil, alsbald musste er die weniger schöne Seite des Fußballgeschäfts kennenlernen: Obwohl der Rechtsfuß in der Vorbereitung so phänomenal aufgespielt hatte, kommt er seit Saisonstart in der Regel bei der U23 der Gunners unter Coach Freddie Ljungberg zum Einsatz. Er, der sein Tor gegen die Colchoneros sogar höher einschätzt als den Gewinn des WM-Titels mit der englischen U17-Auswahl im Vorjahr, schaffte bislang kein einziges Mal den Sprung in den Premier-League-Kader von Arsenal. Zu groß ist seine Konkurrenz in der Offensive der Gunners, zu namhaft die Alternativen, die Emery zur Verfügung stehen.

Der ehemalige Übungsleiter des FC Sevilla beeilt sich jedoch, aufkommende Kritik zu besänftigen. Emery macht kein Geheimnis aus seinem Vorhaben, den hochveranlagten Jungstar langsam an die Herausforderungen auf Profi-Niveau heranführen zu wollen. Noch scheint das Hafischbecken Premier League eine Nummer zu groß für ihn. In den Planscharealen des englischen Ligapokals und der Europa League durfte Smith Rowe sich hingegen bereits freischwimmen, bekam Spielzeit eingeräumt, die so wichtig ist für seine weitere fußballerische Entwicklung. Und Smith Rowe ergriff prompt die Gelegenheit, sich abermals im Rampenlicht in Szene zu setzen. Spätestens mit seinem Premierentor bei den Profis im zweiten Europa-League-Gruppenspiel gegen den aserbaidschanischen Vertreter Qarabag Agdam Anfang Oktober zahlte er das Vertrauen zurück, das Emery in ihn setzt.

Smith Rowe NxGNGoal

"In der Saisonvorbereitung hat Emile Smith Rowe sehr gut mitgezogen", gab der dann auch kürzlich dem Independent gegenüber zu Protokoll: "Er versteht, wie wir spielen wollen und ist bescheiden genug, sich bei uns weiter zu vebessern." Besonders von dessen Vielfältigkeit scheint der 46-jährige Fußballlehrer angetan. "Er bringt ein bisschen von allem mit: die Physis, die Mentalität und die Qualität mit seinem rechten Fuß, um mit seinen Mitspielern zu kombinieren", lobte Emery sein Talent in den höchsten Tönen.

Smith Rowe wird die Worte seines Vorgesetzten mit Wohlwollen vernommen haben. Doch einzig und allein auf das Schicksal der Gunners in den Pokalwettbewerben zu setzen, um Pflichtspiel-Erfahrung zu sammeln, wird ihm auf Dauer nicht reichen. Angesichts der Äußerungen von Emery sowie seinen eigenen Leistungen dürfte es allerdings lediglich eine Frage der Zeit sein, bis der gebürtige Londoner auch die Möglichkeit eingeräumt bekommt, in Englands höchster Spielklasse aufzutrumpfen. In dieser Frage sind sich die Beobachter einig. Wie schnell manchmal Urlaubsträume eines Teenagers scheinbar eben doch wahr werden können ...