Als Vincent Kompany im August 2020 seine Fußballschuhe an den Nagel hing, konnte er auf eine beachtliche Karriere zurückblicken. Belgiens Fußballer des Jahres 2004, viermal englischer Meister und zweimal Pokalsieger mit Manchester City, zwei belgische Meisterschaften mit seinem Jugendklub RSC Anderlecht und 89 Länderspiele für die Roten Teufel.
Als er Anderlecht im Jahr 2006 als 20-Jähriger für mehr als zehn Millionen Euro in Richtung Hamburger SV verließ, galt er jedoch nur als das zweitgrößte Talent in Reihen des RSC. Eine noch größere Karriere traute man nämlich Kompanys Kumpel Anthony Vanden Borre zu.
Anderlecht-Ikone Paul van Himst sprach bei Vanden Borre sogar "vom größten Talent, das er je gesehen hat" und ein Jahr nach Kompany sollte sich auch Vanden Borre, der mit 16 Jahren und 187 Tagen damals zum zweitjüngsten Spieler in Belgiens Ligageschichte wurde und einen Monat später schon A-Nationalspieler war, aufmachen, die große Fußballwelt zu erkunden.
Vanden Borre kämpft mit Bad-Boy-Image
Die Fiorentina setzte sich gegen Konkurrenten wie Ajax, Inter oder die Spurs durch und sicherte sich die Dienste des Rechtsverteidigers, der mit seiner Technik, seinem präzisen Passspiel und exzellenten Übersicht herausragte. Fast vier Millionen Euro bezahlte der Klub aus der Toskana für Vanden Borre, dem jedoch bereits in jungen Jahren aufgrund einiger Disziplinlosigkeiten das Image eines Bad Boys anhaftete.
"Die Leute haben ein falsches Bild von mir. Ich bin ein Mensch wie andere, mit einem Herzen wie alle anderen", verteidigte er sich damals. Verletzungen und fehlende Konstanz in seinen Leistungen taten seiner Entwicklung in jungen Jahren ihr Übriges.
Als dann auch noch seine Mutter unerwartet verstarb, brachte das Talent keinen Fuß mehr auf den Boden. AC Florenz, FC Genua, FC Portsmouth, wieder FC Genua und KRC Genk hießen seine Stationen von 2007 bis 2012, ehe er sogar ein halbes Jahr vereinslos war.
Belgien bei der WM 2014 mit Vanden Borre
Anderlecht gab ihm dann eine neue Chance – und diese nutzte er. Nach Anlaufschwierigkeiten wurde er Ende 2013 zum Stammspieler und sprang dadurch sogar noch auf den WM-Zug für die Endrunde 2014 in Brasilien auf. "Ich bin der Erste, der zugeben muss, dass ich mich zu lange auf mein Talent verlassen und nicht genug gearbeitet habe", sagte er damals.
GettyIm letzten Gruppenspiel gegen Südkorea kam er sogar zum Einsatz, es sollte der Höhepunkt seiner Karriere sein. Belgien musste sich im Viertelfinale dem späteren Finalisten Argentinien geschlagen geben. Anschließend spielte er noch zwei weitere Jahre für Anderlecht, ließ sich 2016 nach Montpellier ausleihen und war dort so unglücklich, dass er neun Tage nach seiner Rückkehr im Alter von 29 Jahren sein Karriereende verkündete.
Doch dieses währte nicht lange, denn als zwei Monate später TP Mazembe aus dem Heimatland seiner Mutter Kongo anklopfte, kehrte er aus dem Ruhestand zurück. Mazembe ist fünffacher Champions-League-Sieger auf dem afrikanischen Kontinent und die Fans bescherten Vanden Borre einen bemerkenswerten Empfang.
Um die 30.000 Menschen begrüßten ihren neuen Hoffnungsträger und hießen den Kicker mit lautstarken Gesängen und Tänzen willkommen. "Ich habe eine Weile davon geträumt und jetzt hat sich dieser Traum erfüllt. Es bedeutet mir und meinen Freuden in Brüssel, von denen viele auch kongolesische Wurzeln haben, sehr viel", erklärte er damals.
Vanden Borre: "Wenn Witsel das in China kann, ..."
Auch Kompany, der ebenfalls Wurzeln im Kongo hat, gratulierte ihm zu seinem Schritt. Seine Rückkehr aus dem Ruhestand erklärte er wie folgt: "Es stimmt nicht, dass ich vom Fußball genug hatte. Ich war mental müde. Vom Fußball habe ich nicht genug, aber von einigen Dingen drumherum."
Auch sportlich hatte er durchaus hohe Ambitionen. Er sei zu Mazembe gewechselt, um Titel zu gewinnen, erklärte er. Außerdem wollte er zurück in die Nationalmannschaft. "Wenn [Axel] Witsel (damals bei Tianjin Tianhai; Anm. d. Red.) das in China kann, kann ich das auch im Kongo", so Vanden Borre.
Taten folgen ließ er nicht. Wenige Monate später war das Kapitel Mazembe bereits wieder beendet. Zweieinhalb Jahre war es daraufhin ruhig um ihn, ehe er ein drittes Mal in Anderlecht anheuerte. Sein alter Kumpel Kompany war dort mittlerweile als Trainer tätig.
Der Klub erlaubte Vanden Borre, sich bei der U21 "wieder wettbewerbsfit" zu machen. Auch eine Rückkehr zu den Profis wollte man nicht ausschließen, denn medizinische und physische Test hätten ergeben, dass er "noch alle Möglichkeiten besitzt, um mittelfristig wieder das höchste Niveau zu erreichen". Vanden Borre selbst sprach davon, keine Erwartungen an seinen Jugendklub zu haben, stattdessen wolle er "etwas zurückgeben" und mit seiner Erfahrung als Mentor für die jungen Spieler dienen. Diese Rolle füllt er immerhin bis Sommer 2021, ist seither im Alter von 35 Jahren abermals vereinslos.