Zehn Jahre ist es her, dass der AC Mailand zum dritten und bislang letzten Mal die Champions League gewinnen konnte. Seitdem ging es mit dem italienischen Großklub stetig bergab, der Meistertitel in der Saison 2010/11 war ein einsamer Ausreißer nach oben. Der Abstieg von der Spitze der Serie A, in der der Verein aus Norditalien nun dem großen Konkurrenten Juventus Turin die Vorherrschaft überlassen musste, hat allerdings nicht dazu geführt, dass die Träume von der Wiederauferstehung des 'großen Milan' beerdigt worden sind.
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In den vergangenen Jahren versuchten die Rossoneri-Verantwortlichen mit schöner Regelmäßigkeit, im Sommer die Trendwende einzuleiten. Fast immer gab es deshalb einen neuen Trainer, der den Umschwung schaffen sollte – und auf dem Transfermarkt verfolgten die Klub-Bosse uneinheitliche Strategien. Mal musste gespart werden, mal wurde groß einkauft. Aber nur ganz selten konnte man einen größeren Plan erkennen, dem all diese Aktivitäten folgten.
In diesem Sommer ist das alles anders: Milan spart nicht, sondern Milan kauft groß ein. Andrea Conti ist in dieser Woche der fünfte Spieler der Italiener geworden, der für mindestens 15 Millionen Euro Ablöse zu den Rossoneri kommt. Doch zum ersten Mal seit langer Zeit lesen sich die Neuverpflichtungen wie sinnvolle Ergänzungen, sind die Transfers nicht den Namen, sondern den Bedürfnissen des Teams geschuldet. Und das hat auch mit dem neuen Milan-Plan und den neuen Milan-Verantwortlichen zu tun.
Mit dem Trainer geduldig geblieben
Der Klub wurde in der abgelaufenen Saison nur Sechster in der Serie A, was in den Vorjahren fast zwangsläufig zur Entlassung des Trainers geführt hätte. Vincenzo Montella aber darf weitermachen und an einer neuen Mannschaft basteln. Nach dem Abschied von Silvio Berlusconi und der Übernahme Milans durch Li Yonghong und chinesische Investoren gibt es eine neue sportliche Leitung – und die setzt die angeblich vertraglich vereinbarte Verpflichtung der neuen Klub-Bosse, rund 350 Millionen Euro innerhalb von drei Jahren in das Team zu investieren, nun um.
Getty ImagesIm Einsatz für die Squadra Azzurra: Andrea Conti (l.) im Zweikampf mit Deutschlands Max Meyer
Andrea Conti ist dabei zu einem Symbol für die neue Ausrichtung geworden. Der 23-Jährige ist zweifelsohne sehr talentiert, nahm zuletzt mit Italiens U21 an der Europameisterschaft in Polen teil. Bei Atalanta Bergamo spielte er sich in der vergangenen Saison ins Schaufenster für die ganz großen Klubs – und Milan war bereit, 25 Millionen Euro für ihn auszugeben. Denn als Rechtsverteidiger schließt Conti eine der in den letzten Jahren traditionell vorhandenen Baustellen auf den äußeren Defensivpositionen.
Die Schwächen waren auch den neuen Milan-Verantwortlichen um Massimo Mirabelli nicht entgangen und deshalb holten sie für die linke Seite den Wolfsburger Ricardo Rodriguez und für die rechte Seite nun Conti. Problem erkannt, Lösung gefunden – auf einmal geht es bei Milan ganz einfach. "Es ist ein Traum, der für mich wahr wird", sagte Conti auf der Klub-Seite nach seinem Transfer.
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Die Wechsel, die in das Anforderungsprofil des Klubs passen, sind die eine Neuerung bei Milan. Die andere ist, dass von den millionenschweren Neuzugängen niemand älter als 26 Jahre ist. Die Zeiten, als altgediente Stars ihre Motivationsprobleme bei den Rossoneri ausleben durften, sind wohl vorbei. Mit Conti kommt ein Spieler zu Milan, der seine besten Jahre nicht hinter, sondern noch vor sich und riesiges Entwicklungspotenzial hat. In der vergangenen Saison glänzte er auf der rechten Seite vor allem in der Offensive, erzielte acht Treffer und bereitete fünf weitere vor und erreichte damit unglaublich gute Werte für einen Außenverteidiger.

Doch auch defensiv ist Conti zu gebrauchen, überzeugt mit starken Tacklings und gutem Stellungsspiel. Und für die neue Saison hat er sich verbal ebenfalls bereits in Position gebracht: "Ich denke, dass wir mindestens einen Champions-League-Platz in Angriff nehmen sollten. Der Klub verdient das wegen seiner Geschichte", erklärte er nach seiner Vorstellung bei seinem neuen Arbeitgeber.
Das 'alte Milan' soll durch das 'neue Milan' abgelöst werden. Jetzt muss nur noch die Mannschaft den Plan des Vereins auf dem Platz erfolgreich umsetzen.


