HINTERGRUND
Man kennt das: Ein Spieler wird mit hohen Erwartungen und viel Vorschusslorbeeren verpflichtet. Doch aus irgendwelchen Gründen passt es nicht. Sei es, weil der Spieler sich nicht wohlfühlt oder weil er auf Wunsch des Sportchefs, nicht aber des Trainers geholt wurde. Das Missverständnis wird schnell beendet und der talentierte Spieler wechselt zu einem neuen, meist kleineren Verein, um dort durchzustarten. Oft klappt das und der Ex-Klub ärgert sich und fragt sich: "Wieso war das hier nicht möglich?"
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Eben dieses Szenario war im Winter bei Alen Halilovic gar nicht mal so unwahrscheinlich. Der HSV-Flop hatte die Hansestadt nach nur einem halben Jahr, sechs mageren Einsätzen und 137 Spielminuten in der Bundesliga wieder verlassen. Zurück nach Spanien hatte es ihn gezogen. Dort, wo der Fußball nicht so körperbetont ist und einem Techniker wie ihm mehr liegt. Bei Las Palmas wollte er beweisen, dass er doch das Ausnahmetalent ist, zu dem er spätestens gemacht worden war, als er 2014 im Alter von 18 Jahren für fünf Millionen Euro zum FC Barcelona wechselte.
Halilovic ist auch bei Las Palmas kein Stammspieler
Doch die Wahrheit ist nach einer Halbserie in LaLiga eine andere: Halilovic hat auch bei Las Palmas große Probleme und ist weit davon entfernt, Stammkraft, geschweige denn Leistungsträger, zu sein.
Von 17 Spielen absolvierte er nur eines über die komplette Distanz. Sechsmal stand er in der Startelf, ansonsten kam er von der Bank. Große Kritik an Halilovic gibt es noch nicht. Auch weil im Klub sowieso große Unruhe herrscht und sich viel Unmut auf Trainer Quique Setien, der im Sommer wegen "unüberbrückbarer Differenzen" mit der Klubführung freiwillig aufhört, fokussiert. Las Palmas spielte eine gute Hinserie und lieh dann im Winter mit Jese Rodriguez von PSG und eben Halilovic die beiden einstigen Top-Talente von Real und Barca. Mit ihnen sollte es in der Tabelle ein Stück nach vorne gehen. Stattdessen gewann der Klub von der Kanareninsel nur noch vier von 18 Spielen und rutschte in der Tabelle auf den 14. Rang ab.
Getty/GoalDas kann man schlecht Halilovic ankreiden. Aber mit seinen Auftritten tut er auch wenig dafür, sich unersetzlich zu machen. Vor allem kommt er nur selten in das finale Spielfelddrittel und das ist für einen Rechtsaußen kein gutes Zeugnis. Seine Passquote ist mit 80 Prozent noch ganz okay. Aber insgesamt war der Edeltechniker mit dem feinen Füßchen nur an 20 Torschüssen direkt beteiligt. Seinen Dribblings fehlt es an Dynamik und es kommt nicht selten vor, dass er den besser postierten Mitspieler übersieht.
Ein weiteres Beispiel für seine aktuelle Verfassung und sein Standing: In wenigen Tagen testet die kroatische Nationalmannschaft in Los Angeles gegen Mexiko. Nahezu alle Mittelfeldstars fehlen: Luka Modric, Ivan Rakitic, Mateo Kovacic, Ivan Perisic, Marcelo Brozovic, Milan Badelj – alle nicht dabei. Trotzdem verzichtet Trainer Ante Cacic darauf, Halilovic (neun Länderspiele) zu nominieren und ihm eine Chance zu geben.
Halilovic vergleicht sich mit Dybala und Griezmann
Der Nationaltrainer ist kein Fan des Blondschopfs, vor allem dessen Auftreten stört ihn. Aus diesem Grund nahm er ihn auch nicht mit zur EM in Frankreich im vergangenen Jahr. Aus Angst, der Youngster könnte Stunk machen, wenn er im exzellent besetzten kroatischen Mittelfeld keine Einsatzzeiten bekäme. Cacic entschied sich stattdessen für den demütigen Ante Coric.
Zwei Dinge sind es, an denen Halilovic vor allem arbeiten muss: sein Defensivverhalten auf dem Platz und sein Verhalten außerhalb. Auch in Hamburg hatte er schnell den Ruf der Diva mit dem eigenwilligen Benehmen weg. Ante Buskulic ist Chefredakteur der kroatischen Goal-Edition. Er verfolgt den Weg des Mittelfeldspielers, seit den Tagen, als dieser Kroatiens größtes Talent, jüngster Erstliga-Torschütze und jüngster Nationalspieler des Landes wurde. Er ist sicher: "Seine Mentalität muss sich bessern. Es ist gut, wenn man selbstbewusst ist. Aber es ist nie gut, wenn man es damit übertreibt."
Mit seiner Rolle als Teilzeitkraft unter Coach Qique Setien ist Halilovic für's erste zufrieden. Denn seine Ausleihe vom HSV an Las Palmas läuft noch bis zum Sommer 2018. Bei ESPN sagte er in der vergangenen Woche: "Ich bin zufrieden hier, ich kriege meine Minuten und kam in fast allen Spielen zum Einsatz. Sicher, ich möchte gerne mehr spielen. Aber ich werde noch ein Jahr hier sein und dann will ich Stammspieler werden. Darauf will ich mich im Sommer vorbereiten."
Er betonte auch, dass er sein Selbstvertrauen, das ihm in Hamburg nach eigenen Angaben abhanden gekommen war, wiedererlangt habe. Und er untermauerte das mit seiner Antwort auf die Frage, ob er sich in Zukunft bei einem Top-Klub sehe: "Ja, da sehe ich mich. Aber ich muss weiter wachsen. Ich schaue mir Dybala und Griezmann an, wo sie mit 19 oder 20 Jahren waren. Auch sie spielten damals noch nicht bei den besten Vereinen der Welt."
Halilovic vergleicht sich mit Dybala und Griezmann
Bis auf das Niveau eines Dybala oder Griezmann ist es für Halilovic noch ein weiter Weg. Zunächst liegt seine Zukunft bei Las Palmas und nach Ende der Leihe kann der Verein ihn 2018 per Kaufoption für vier Millionen Euro fix verpflichten. Ob er das Stand jetzt machen würde ist fraglich.
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In der vergangenen Woche spielte Las Palmas gegen Barcelona. Ein besonderes Spiel für Halilovic, der noch Kontakt zu Gerard Pique, Jordi Alba, Lionel Messi und Neymar pflegt. Seine Spezis gewannen mit 4:1, er selbst wurde in der 72. Minute eingewechselt, führte noch zwei Zweikämpfe und spielte acht Pässe.
Halilovic verfügt über besondere Fähigkeiten, darum werden von ihm besondere Dinge erwartet. Dem muss irgendwann gerecht werden, sonst landet er in der Schublade der ewigen Talente. Und spätestens dann wissen sie beim HSV, dass sein Scheitern nicht allein Schuld des Vereins war.
