HINTERGRUND
Es sind Aussagen, die vielen Fans des Hamburger SV Sorge bereiten. "Bobby trainiert und spielt seit Wochen mit Schmerzmitteln", sagte Cheftrainer Markus Gisdol auf der gestrigen Pressekonferenz. Gemeint ist Bobby Wood , seines Zeichens Torjäger, aber seit Wochen im Formtief und über 600 Spielminuten ohne eigenen Treffer. Warum es nicht rund läuft für den 24-Jährigen, ist nun klar: Wood ist seit Wochen nicht fit. "Einen Spieler zu kritisieren, der sich so durchbeißt - damit tue ich mich schwer", reagiert Gisdol mit Unverständnis auf die kritischen Töne in seine Richtung.
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Überhaupt sei die Erwartungshaltung an den US-Amerikaner völlig unangemessen. "Er hat einen wahnsinnigen Leistungssprung gemacht in dieser Saison. Aber man kann nicht erwarten, dass er, der aus der zweiten Liga gekommen ist, den HSV alleine retten soll." Vor allem dann nicht, wenn eine Verletzung ihn offenbar schwer beeinträchtigt. Nur was hat er genau? "Der hat was, was ich Ihnen nicht sage", mauert Gisdol, um anschließend doch Näheres preis zu geben: "Bei was Muskulärem nimmst du keine Schmerzmittel. Das wäre fatal." Richtig. Und damit lässt sich die Antwort logisch herleiten: es geht um's Knie.
Wood ist nicht richtig in Form
Gut möglich, dass die Probleme bereits seit längerer Zeit vorliegen, aber nicht proaktiv kommuniziert worden sind. Bereits im März sagte Wood eine Länderspiel-Reise mit den USA ab. Angeblich wegen Rückenproblemen. Dass Vereine beim Thema Verletzungen nicht immer die ganze Wahrheit mitteilen, ist nicht unüblich. Dazu verpflichtet sind sie jedenfalls nicht. Blöd nur, wenn mit einer Information die Öffentlichkeit und der kommende Gegner verwirrt werden sollen, der Trick aber nicht aufgeht. So wie vor dem Nordderby in Bremen, als der HSV verkündete, Wood gehöre zu einem 19 Mann umfassenden Kader, dieser aber parallel Videos aus Hamburg via Instagram postete.
Dass der HSV überhaupt zu solch fragwürdigen Methoden greift, unterstreicht nicht nur ihre Verzweiflung, sondern auch die Bedeutung von Wood. Trotz einer durchschnittlichen Bilanz von neun Toren und zwei Vorlagen in 30 Pflichtspielen ist der auf Hawaii geborene Angreifer einer der wichtigsten Akteure des Kaders. Welche Auswirkungen seine körperliche Form auf das gesamte Spiel des HSV hat, war in den vergangenen Partien gut zu beobachten. Von aggressivem Pressing, das die Mannschaft beispielsweise im Heimspiel gegen Hoffenheim (2:1) umsetzen konnte, fehlte in den letzten Wochen phasenweise jede Spur. Nur 8,6 zurückgelegte Kilometer im Spiel gegen Mainz sprechen nicht dafür, dass Wood sein Leistungslimit auch nur im Ansatz erreichen kann.
Abschied im Sommer wahrscheinlich
Aber hat Gisdol überhaupt eine andere Wahl im Sturmzentrum? Auf dem Papier schon, nur scheint er weder den groß gewachsenen Michael Gregoritsch noch Pierre-Michel Lasogga als ernsthafte Alternative zum US-Amerikaner zu sehen. Wood trotz offensichtlicher Probleme spielen zu lassen, ist nicht nur ein deutliches Signal an seine Konkurrenz, sondern auch ein großes Risiko. Seine Verletzungshistorie zeigt, dass er schon seit Jahren von Knieproblemen geplagt ist und mehrere Operationen hinter sich hat. Unter Schmerzen zu spielen wird den Heilungsverlauf jedenfalls nicht beschleunigen. Im Gegenteil. Schlimmstenfalls droht nach der Saison ein erneuter medizinischer Eingriff und eine lange Pause.
Doch unabhängig vom Ausgang der Saison für den HSV stehen die Zeichen ohnehin auf Abschied. Mit dem Wechsel seines Beraters hat Wood die Spekulationen um einen Transfer im Sommer angeheizt. Nur kurze Zeit später sickerte durch, dass er für die vertraglich festgeschriebene Summe von zwölf Millionen Euro gehen kann, sofern der HSV die Klasse hält. Steigen die Hamburger ab, ist Wood sogar für nur fünf Millionen Euro zu haben. Interessenten gibt es inzwischen genug. Neben Bayer Leverkusen soll auch Borussia Dortmund angeklopft haben. Als Absteiger möchte Wood den HSV allerdings nicht verlassen. Dafür riskiert er sogar seine Gesundheit.


