PORTRAIT
Schüchtern blickte der 19-jährige David Neres in das Blitzlichtgewitter der Kameras. Alle Objektive und alle Augen waren auf ihn gerichtet, als er Anfang 2017 bei Ajax Amsterdam als Neuzugang vorgestellt wurde. Er versuchte, nicht zu breit zu lächeln, um seine Zahnspange zu verstecken. Spätestens dann hätten die Beteiligten realisiert, welch junger Mann da vor ihnen steht. Aber Neres ist nicht irgendein Teenager. Ende Januar bezahlte der niederländische Rekordmeister zwölf Millionen Euro Ablöse für ihn und stattete ihn mit einem bis 2021 datierten Profivertrag aus.
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Mit dem Wechsel von seinem Heimatverein, dem FC Sao Paulo, zu Ajax machte Neres den bisher größten Schritt in seiner noch jungen Profi-Karriere. Vor allem deshalb ein großer Schritt, da er mit nur 20 Jahren plötzlich fernab von seiner Familie auf einem anderen Kontinent leben wird.
Denn Neres ist eher ein schüchterner und ruhiger Junge, der lieber Karten spielt als Computer zu zocken. Auf Instagram präsentiert er sich auch eher untypisch für sein Alter: Keine Party-Bilder, dafür Fotos mit seinen Brüdern und seiner Familie – und ab und zu mal ein Spiegelselfie mit Freunden und Poserhaltung. "Ich bin gerne mit meiner Familie zusammen und daheim. Auch spiele ich nicht wirklich gerne Computerspiele, sondern eher Karten,“ gab er preis.
Der Transfer in die Niederlande wurde fix gemacht, da kämpfte der Flügelflitzer gerade mit der brasilianischen U20-Nationalmannschaft bei den Südamerikameisterschaften um das Weiterkommen.
"Zuerst war ich ein wenig im Schockzustand, als ich erfahren habe, dass der Wechsel perfekt ist", gab Neres bei seiner Vorstellung mit leiser, aber klarer Stimme zu. Er schob nach: "Aber die Freude, bei diesem Verein und in diesem schönen Land zu spielen, überwiegt eindeutig.“ Neres will den Weg gehen, den schon so viele Talente gegangen sind: bei Ajax früh viele Erfahrungen sammeln, den Durchbruch schaffen und eine große Karriere starten.
Als Kind gab es nur einen Verein: FC Sao Paulo
Geboren wurde David Neres am 3. März 1997 in Sao Paulo, der Ball war von kleinauf sein treuer Begleiter. Da sein Vater ein großer Fan des FC Sao Paulo ist, war früh klar: Der Junge kann nur zu diesem Verein gehen. So wird er im Alter von zehn Jahren in der Jugendakademie Sao Paulos aufgenommen, die ihn bis zu den Profis führt.
Vor seiner ersten Profi-Einwechslung Mitte Oktober letzten Jahres war der damals 19-Jährige nervös und aufgeregt – auch, weil er nicht einschätzen konnte, wie stark er nach der zuvor zugezogenen Schulterverletzung zurückkommen würde. „Ich dachte, ich könnte nicht mehr so gut spielen wie vor meiner Verletzung, jedoch wurde ich vom ganzen Team unterstützt und immer zuversichtlicher. Ich war bereit, meinen Fußball zu zeigen“, gab sich Neres nach seinem ersten Einsatz selbstbewusst.

Neres brillierte nach seinem Debüt in der ersten Mannschaft in acht Spielen für den FC Sao Paulo und schoß drei Tore. So kam es wenig überraschend, dass sich seine Fähigkeiten schnell auch bis nach Europa herumsprachen. "Neres ist ein Spieler, den wir schon lange verpflichten wollten. Er ist eines der größten Talente in Südamerika", verriet Ajax-Direktor Marc Overmars bei der offiziellen Vorstellung des Flügelspielers.
Bei Ajax gewöhnte er sich schnell ein und war schon bald eine wichtige Säule der Mannschaft. Dies bekamen vor allem seine Gegenspieler zu spüren. „Ich hatte alle Hände voll zu tun mit ihm. Viele Attacken kamen über ihn. Er ist unberechenbar. Reinlaufen, rauslaufen, das macht ihm alles nichts aus,“ sprach Lorenzo Burnet von NEC Nijmegen nach dem 5:1-Sieg Ajax‘ über den Youngster.
Auch sein ehemaliger Trainer Ricardo Gomes sagte ihm gar eine große Karriere voraus: "Er verfügt über große Qualität und hat eine sehr spezielle Art zu spielen. Ich bin mir sicher, dass ihm die Zukunft gehört, denn er hat eine große Persönlichkeit.“
Nach einem halben Jahr in Amsterdam kann David Neres Bilanz ziehen und sich auf die nächste Saison vorbereiten. Bereit dafür wird er sein, denn bereits dem Direktor von Sao Paulo, Marco Aurelio Cunha, antwortete er auf die Frage, ob er für sein Profi-Debüt bereit sei, schlicht: "Ich war immer bereit."


