WM Kompakt, 21. November: Gianni Infantino im NFL-Modus, Kapitänsbinden und das liebe Bier

Mitdem täglichen Format "WM Kompakt" wollen wir Euch über all das auf dem Laufenden halten, was die Weltmeisterschaft zu bieten hat, und zwar abseits des Rasens. Heißt: Es geht weniger um Aufstellungen, Spielberichte und darum,woran es am Ende gelegen hat, sondern um Wissenswertes, Kurioses - und sicher auch um den einen oder anderen Aufreger - von der kontroverstesten WM der Geschichte.

Wichtig: Das "WM Kompakt" wird dabei keine Zusammenfassung des abgelaufenen Tages am späten Abend, sondern ein aktuell gehaltener Überblick, den wir von morgens bis abends mit den neuesten Infos füttern. Schaut also im Laufe des Tages gern immer wieder rein!



  • ONLY GERMANY Gianni Infantino 2022imago images

    WM 2022 in Katar - FIFA-Boss Gianni Infantino: Absichtlich mitten in die Schusslinie?

    Starten wir doch direkt mit unserem berühmt-berüchtigten früher angeblich mal rothaarigen Schweizer. Der hielt am Samstag vor Beginn seiner Weltfestspiele einederart abstruse Rede, die selbst für seine Verhältnisse einfach nur irre war. Da war wirklich alles dabei, wobei es Infantinos verrücktester Satz nicht einmal groß in die Überschriften schaffte: "Natürlich wird es die beste WM aller Zeiten."

    Ein bisschen ratlos ließ der infantile Infantino-Rant dann aber doch zurück. Schließlich ist der 52-Jährige nicht dumm. Er sollte wissen, dass er sich mit seinen Vorwürfen, Whataboutisms und Nebelkerzen mindestens zu leicht macht - der Typ hat als Rechtsanwalt angefangen!

    Warum also diese Clown-Show? Ich vermute, dass sich Infantino eine Scheibe bei NFL-Commissioner Roger Goodell abgeschnitten hat. Der muss nämlich immer als Gesicht der Football-Liga herhalten, wenn es dort etwas zu kritisieren gibt, was ja auch nicht gerade selten der Fall ist. Also lädt Goodell den Zorn der Öffentlichkeit auf sich und lässt sich das fürstlich bezahlen (die Rede ist von mehr als 60 Millionen US-Dollar), während die Team-Besitzer - seine Arbeitgeber! - fein raus sind. Hauptsache die NFL scheffelt immer mehr Kohle.

    Jetzt verdient Infantino nicht einmal ansatzweise so viel wie Goodell - zuletzt rund drei Millionen Franken -, aber mit der Katar-WM wird der Weltverband in diesem Jahr Rekordzahlen schreiben: 7,5 Milliarden Dollar Umsatz, eine Milliarde Gewinn. Noch dazu ist Infantinos Wiederwahl 2023 sicher -es gibt nämlich keinen Gegenkandidaten. Was schert da schon die internationale Verachtung?

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  • One Love ArmbandGETTY

    WM 2022 in Katar: "One Love" oder was? Der Ärger mit der Kapitänsbinde

    Nein, eine Armbinde in Regenbogenfarben wollte man den Kataris dann doch nicht zumuten. Aber "One Love", diese Botschaft wollte man dann doch loswerden, dachten sich die Verbände aus Deutschland, England, Niederlande, Belgien, der Schweiz und Wales: Zumindest ein bisschen bunt und ein bisschen Message!

    Die FIFA wusste um die Pläne, hielt aber still. Bis kurz WM-Beginn, als man plötzlich mit einer eigenen Binde um die Ecke kam. Was natürlich zu jeder Menge Stress zwischen den Beteiligten führte. Und nun? Läuft Englands Harry Kane um 14 Uhr mit "One Love" am Arm auf? Weiß man nicht, weil sich die FIFA nicht in die Karten gucken lässt, ob es denn wirklich Gelb gibt jeden Binden-Übeltäter.

    Das klassische Spiel: Wer blinzelt zuerst? Beim DFB wird man auf jeden Fall erleichtert sein, dass es nicht Manuel Neuer ist, der den Anfang machen muss. "Wir werden versuchen, das durchzusetzen und zu vertreten", sagte der. Klingt jetzt auch nicht so, als würde er eine Sperre in Kauf nehmen wollen ... am Montagvormittag machten dann Gerüchte die Runde, dass die Verbände zuerst geblinzelt haben - der "One Love"-Protest soll vom Tisch sein.

    So oder so: Der Weltverband hat mal wieder gezeigt, dass er zwanghaft versucht, alle Botschaften zu kontrollieren, die auf der von ihm bereiteten Bühne ausgesendet werden. Ich hätte übrigens ein paar Vorschläge für die Kapitänsbinden-Hashtags:

    Gruppenphase, 1. Spieltag:#MoneyMoneyMoney

    Gruppenphase, 1. Spieltag:#HierKönnteIhreWerbungStehen

    Gruppenphase, 1. Spieltag:#NoMoreProtests

    Achtelfinale:#Whataboutism

    Viertelfinale:#CorruptionIsKing

    Halbfinale:#MigrantWorkersWarDaWas?

    Finale:#HailFIFA #Infantino4Life

  • Beer World Cup 2022Getty Images

    WM 2022 in Katar: Bier her, Bier her, oder ich fall um!

    Achtung, ein kleines Geständnis: Ich persönlich mach mir nicht viel aus Bier. Gehört für mich nicht zum Stadionerlebnis dazu, deswegen träfe mich das Verbot auch nicht ganz so hart wie andere. Was ich aber dennoch zum Thema feststellen muss: So eiskalt, wie Katar diese Nummer am Ende durchgezogen hat, das nötigt mir fast schon Respekt ab.

    Unfassbar, dieses Affentheater. Erst wurde das Thema jahrelang ausgesessen: Budweiser offizieller FIFA-Sponsor? Ja, da einigen wir uns schon irgendwie. Dann der Verkauf vor und nach dem Spiel, streng reguliert. Es folgten "Ausnüchterungszelte", schließlich wurden die Verkaufsstellen von den Stadien weg verlegt - und dann, zwei Tage vor Turnierbeginn, schließlich der Mann mit dem Hammer.

    Was das für die Fans beim Fan Festival in Doha bedeutet, hat gestern mein Kollege Nino Duit erlebt: Chaos,"We want beer!"-Gesänge, wässrige Plörre in Plastikbechern.

    Glaubt irgendjemand im Ernst, dass die Gastgeber jemals die Absicht hatten, während des Turniers (alkoholisches) Bier an die durstigen Fans auszugeben? Schon klar. Sogar die FIFA soll Medienberichten zufolge von der katarischen Kehrtwende kalt erwischt worden sein, wobei Infantino - ganz Teamplayer! - natürlich gute Miene zum bösen Spiel machte: "Wenn Fans für drei Stunden am Tag kein Bier trinken können, werden sie das überleben."

    Der Gelackmeierte ist Budweiser, wobei die US-Brauerei sicherlich mit ein paar Petrodollars entschädigt werden dürfte. Macht den Kohl des Emirs ja auch nicht mehr fett. Da bleibt nur noch die Frage offen ob der Gastgeber die gleiche Taktik auch bei oben genannten Kapitänsbinden durchziehen wollte, oder ob sich Infantino und Co. haben inspirieren lassen.

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  • Qatar empty seatsGetty

    WM 2022 in Katar: Gedanken zur Eröffnungsfeier und zum Eröffnungsspiel

    Gewinner des Tages:Béla Réthy.Der Kommentator desZDFist seit Jahren ... naja, sagen wir "umstritten". Bei der Eröffnungsfeier am Sonntag hielt er mit seiner Kritik am Gastgeber nicht hinter dem Berg, und das soll hier lobend erwähnt werden. Beispiel: "Das Stadion einem Beduinenzelt nachempfunden. Eine Brücke, die über alle ethnischen Wurzeln, Kulturen, Religionen und persönlichen Orientierungen hinweg führen soll. Interessantes Motto angesichts der hiesigen Wertvorstellungen." Weiter so - und das sagen wir nicht nur, weil Réthy, mittlerweile 65, sein letztes großes Turnier kommentiert und damit auch irgendwo eine Ära zu Ende geht.

    Verlierer des Tages: Morgan Freeman.Der Mann ist mittlerweile 85. Vielleicht glaubte er an das Gute seiner Mission, vielleicht waren auf seinem Scheck auch einfach zu viele Nullen abgedruckt. Trotzdem irgendwie schade, sein Auftritt. Fun Fact: Freeman war 2010 die Stimme der US-Bewerbung für ebene jene Weltmeisterschaft 2022. Vielleicht wollte er einfach um jeden Preis dabei sein ...

    Fans des Tages: Engländer im Scheichpalast. Wenn jemand feiern kann, dann die Anhänger der Three Lions! Zwei davon begegneten auf der Suche nach Bier dem Sohn eines Scheichts - und der packte sie kurzerhand in seinen Landcruiser und nahm sie mit zum Palast: "Er hat uns seine Löwen, Affen und exotischen Vögel gezeigt. Es war verrückt!" Nun kann man ja den gutgläubigen Medien alles erzählen, in diesem Fall den Kollegen vontalkSPORT.Aber wenn man dann noch das entsprechende Video vorweisen kann, in dem man mit einem Löwen kuschelt (!), dann ... Respekt, Leute!

    Selbstkritik des Tages: Jungkook.Gelackter Boygroup-Schönling, gefühlt im permanenten Weichzeichner unterwegs. OK, das nehme ich zurück - meine Musik ist es halt nicht. Und hier kommt die Selbstkritik ins Spiel. Als ich mich fragte, für wen dieser Act gedacht war, war mein erster Gedanke: für Fußballfans wohl nicht. Aber, erstens: Woher will ich das bitte wissen? Vielleicht nicht für den deutschen Otto Normalbesucher, der sein Bier so schmerzlich vermisst. Aber es gibt ja auch noch andere, jüngere, ja sogar weibliche. BTS und Fußball schließen sich nicht aus. Und zweitens: Und wenn schon? Also: Schande über mich!

    Aufreger des Tages: VAR.Gebt es zu! Ich war nicht der Einzige, der beim vom VAR aberkannten ersten Treffer Ecuadors direkt an Mauschelei dachte. Abseits, ganz bestimmt, aber die Zeitlupe kommt erst zehn Minuten später? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Immerhin ging dann doch alles mit rechten Dingen zu. Blöd für den Gastgeber:Um einen Elfmeter zu bekommen, muss man es halt erst einmal in den gegnerischen Strafraum schaffen ...

    Fail des Tages: Zuschauer beim Eröffnungsspiel.Der deutsche Begriff "Schadenfreude" ist ein echter Exportschlager. Ob auch in Katar, weiß ich ehrlich gesagt nicht - aber da kommt ja nicht einmal eine Weltmeisterschaft gut an, höhö. Auf jeden Fall dürfte wohl beim einen oder anderen Beobachter ein wenig Schadenfreude mit von der Partie gewesen sein, als das Al-Bayt schon lange vor dem Ende halbleer war. Die FIFA will übrigens unbestätigten Gerüchten zufolge reagieren und für die verbleibenden zwei Katar-Spiele weitere Tickets für die zweiten Halbzeiten verkaufen.

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