Nachdem es bei Bayern nicht mehr weiterging, absolvierten Sie unter anderem ein zweitägiges Probetraining beim BVB. Wie lief das?
Krasniqi:Berthold hatte das eingefädelt. Am nächsten Tag stand ich alleine am Flughafen und bestieg zum ersten Mal ein Flugzeug. Als ich in Dortmund in die Kabine kam, hat mich niemand beachtet. Nur Mario Götze kam auf mich zu und sagte: 'Setz dich ruhig hier hin. Welche Klamotten brauchst du?' Er war ein richtig korrekter Typ. Am ersten Tag lief es super. Ich habe auf der Sechs und der Acht gespielt und das so gut, dass sie mich eigentlich haben wollten. Am zweiten Tag habe ich es aber vergeigt. Ich musste als Innenverteidiger gegen Mario ran. Da lief's überhaupt nicht rund. Am Ende hieß es, dass es nicht reicht.
Wie haben Sie gerade in der Zeit, in der Sie nach neuen Vereinen Ausschau hielten, Ihre Freizeit verbracht?
Krasniqi:Ich war immer auf der Straße unterwegs und habe versucht, irgendwo Geld zu machen. Acht, neun Jahre lang war ich so etwas wie ein festangestellter Bechersammler im Olympiastadion, nur dass ich mich natürlich selbst eingestellt habe. (lacht) Ich habe auch Karten vor dem Stadion verkauft, das war im Grunde mein Hauptberuf. Damit habe ich schon als Zehnjähriger mein Geld verdient und jedes Wochenende 400, 500 Euro gemacht.
Wie nah war grundsätzlich für Sie die Gefahr, richtig auf die schiefe Bahn abzurutschen?
Krasniqi:Es gibt ja verschiedene schiefe Bahnen. Ich war ja schon auf einer, nur nicht auf der, bei der man dann davon spricht, richtig abgerutscht zu sein. Ich habe Becher geklaut und war generell ein Dieb. Drogen zu nehmen oder zu verkaufen, zu viel Alkohol zu trinken - so weit ist es nie gekommen. Ich würde sagen, mich hat der Fußball davor gerettet. Ohne ihn hätte es viel schlimmer kommen können.
Nächster Stopp war für Sie der 1. FC Nürnberg. Den Wechsel in die dortige Jugendabteilung hat Ihnen erneutBerthold Nickl ermöglicht.
Krasniqi:Genau. Und das, obwohl dort Wolfgang Schellenberg Trainer war. Dem hatte ich ja bei 1860 die Schuhe geklaut. Ich bin ins Internat gekommen und war das erste Mal von zu Hause weg. Gleich zu Saisonbeginn haben wir gegen Bayern gespielt, das war fast meine komplette Mannschaft von früher. Ich wurde eingewechselt und habe das Siegtor geschossen. Beim Jubel bin ich ein bisschen vor der Trainerbank herumgetanzt. Das hat mich eigentlich sehr angespornt, ich wollte die Chance beim FCN nutzen. Fünf Monate später bin ich aber auch dort wegen der üblichen Geschichten rausgeflogen.
Dies bei 1860, Bayern und Nürnberg, den drei großen bayerischen Vereinen, zu schaffen, ist schon ein Kunststück. Wie erklären Sie sich das heute rückblickend?
Krasniqi:Ich glaube, wenn man von dort kommt, woher ich komme und diesen Weg macht, den ich gemacht habe, dann spielt Wertschätzung eine große Rolle. Ich selbst kannte sie aber nicht und das war das Problem. Ich war zu jung und zu wild und nicht mit dem zufrieden, was ich hatte. Ich dachte immer, ich habe doch noch Zeit - wenn es hier nicht klappt, dann klappt es eben dort.
Nicht nur nach Nürnberg, auch zuvor schon haben Sie immer wieder auch auf Baustellen gearbeitet. Wie kam das zustande?
Krasniqi:Ich wollte zu diesem Zeitpunkt - da war ich 17 - endlich aufhören, nur Scheiße zu bauen. Ich habe versucht, auf ehrliche Weise zu leben und nicht mehr zu klauen. Mein Schwager hat mich dann zu Abrissarbeiten in München mitgenommen, bei denen ich mit Schwarzarbeit acht Euro die Stunde verdient habe. Zur gleichen Zeit fand ich dank meiner togolesischen Kumpels zum Islam. Die haben jeden Tag fünfmal gebetet, auch während wir bei "Buntkicktgut" waren. Davon habe ich mich inspirieren lassen. Für mich war das wie eine Erlösung. Ab da habe ich das Leben und den Fußball richtig wertgeschätzt.