"Wir alle wissen, wozu er fähig ist": Bei BVB-Gegner OSC Lille begeistert das größte Talent seit Eden Hazard

Bouaddi wurde in Senlis nördlich von Paris geboren und begann im Alter von fünf Jahren im nahegelegenen Creil mit dem Fußballspielen. Trotz des Interesses von Paris Saint-Germain und der AS Monaco entschied er sich 2021, als er erst 13 Jahre alt war, für den Wechsel zu Lille - einem der besten Ausbildungsvereine der Welt.

"Es war klar, dass wir Ayyoub wollten: Er ist groß, ballsicher im Mittelfeld, mit großartiger Technik und Spielübersicht", sagte sein Ex-Trainer Georges Tournay der französischen Sport-Zeitung L'Équipe. "Er war für den Erfolg bestimmt, ein bisschen wie Raphael Varane."

Etwas mehr als zwei Jahre nach seiner Ankunft in Lille unterschrieb Bouaddi dann seinen ersten Profivertrag beim Erstligisten. "Ich bin sehr glücklich", wurde Bouaddi auf der offiziellen Website der 'Dogues' zitiert. "Hier Profi zu werden, war ein Ziel für mich. Was kommt als nächstes? Ich möchte einfach weiterhin gute Leistungen bringen und jeden Tag hart arbeiten, um irgendwann bei den Profis zu spielen."

Dieses Ziel sollte er weit schneller erreichen, als erwartet.

Bouaddi machte im Jugendbereich von Lille schnell Fortschritte und war bereits für die Reservemannschaft in der fünften Liga aufgelaufen, als ihn der damalige Cheftrainer Paulo Fonseca für das Conference-League-Spiel gegen KI Klaksvik am 5. Oktober 2023 in die Startaufstellung berief.

Bouaddi war gerade einmal 16 Jahre und drei Tage alt – und damit der jüngste Spieler, der jemals in einem UEFA-Klubwettbewerb zum Einsatz kam, sowie der jüngste Debütant Lilles seit 1981. Fonseca, heute suspendierter Coach in Lyon, schwärmte damals: "Wir haben einen Spieler für die Zukunft entdeckt." Aber auch einen für die Gegenwart, wie sich herausstellte.

Nur zwei Wochen nach seinem Einsatz gegen Klaksvik wurde Bouaddi in der zweiten Halbzeit im Ligaduell gegen Stade Brest eingewechselt und damit zum jüngsten Ligue-1-Spieler des 21. Jahrhunderts. Bis zum Ende der Saison 2023/24 sollte er noch 16 weitere Male für die Profis auflaufen. Es war also keine Überraschung, dass Lille den Vertrag mit Bouaddi im Sommer bis 2027 verlängerte.

"Ich bin stolz und glücklich, das Abenteuer mit dem LOSC fortsetzen zu können, dem Verein, der mir meine Chance gegeben und mir mein Profidebüt ermöglicht hat", schwärmte der Mittelfeldspieler. "Meine Ambitionen für die nächste Saison? Alles zu geben, um die Ziele des Vereins zu erreichen und unsere Fans stolz zu machen."

Die Fans von Lille hätten nach Bouaddis unglaublich souveränem Auftritt beim überraschenden, aber völlig verdienten 1:0-Sieg gegen den amtierenden CL-Sieger Real Madrid nicht stolzer sein können. Obwohl er gegen Spieler wie Jude Bellingham, Fede Valverde, Aurelien Tchouameni und Eduardo Camavinga in die Zweikämpfe musste, war der Teenager die Ruhe selbst und brachte an diesem Abend 43 seiner 44 Pässe an.

"Sie haben genau gesehen, warum ich das getan habe", sagte Trainer Bruno Genesio den Reportern auf seiner Pressekonferenz nach dem Spiel. "Er hat sein ganzes Potenzial und Talent gezeigt. Wir alle wissen, wozu er fähig ist. Er hat das Talent, auf diesem Niveau zu spielen."

Das bewies Bouaddi auch in einem Champions-League-Duell im November: Nach dem 1:1 gegen Juventus Turin wurde der Youngster dank einer weiteren unglaublich souveränen Leistung zum Spieler des Spiels gekürt. Im neuen Jahr überzeugte Bouaddi dann auch im Achtelfinal-Hinspiel bei Borussia Dortmund (1:1). So stehen auch dank ihm die Chancen auf eine Viertelfinal-Teilnahme für die 'Dogues' gut.

Bouaddi ist noch sehr jung, aber er scheint immer genau zu wissen, was um ihn herum vor sich geht, egal, wo er sich auf dem Spielfeld befindet. Er ist äußerst geschickt darin, den Ball zu klauen (kein Spieler von Lille eroberte den Ball öfter gegen Juve), bevor er ihn schnell und effektiv einsetzt. Er gibt sich auch nicht damit zufrieden, nur zu seinen Innenverteidigern zu passen, da Bouaddi immer nach Mitspielern im freien Raum im letzten Drittel Ausschau hält.

Er scheint auch nie aus der Ruhe zu kommen, selbst wenn er auf engem Raum in Ballbesitz kommt, wahrscheinlich weil er weiß, dass er sich immer auf seine Kombination aus Aufmerksamkeit und schnellen Füßen verlassen kann, um aus Schwierigkeiten herauszukommen.

Mit gerade einmal 17 Jahren hat Bouaddi sowohl körperlich als auch vom Kopf her noch viel zu lernen. Seine große, aber schlanke Statur erinnert ebenso an Sergio Busquets wie sein Spielstil. Er ist ein fleißiger Junge, der seiner Ausbildung immer große Bedeutung beigemessen hat. Er zeigt auf dem Spielfeld eine für sein Alter ungewöhnliche Intelligenz.

Obwohl Bouaddi in der vergangenen Saison in einem Ligue-1-Spiel wegen zweier Gelber Karten vom Platz gestellt wurde, macht sich Coach Genesio keine Sorgen um das Temperament des französischen U21-Nationalspielers oder seine Fähigkeit, mit dem Druck umzugehen

"Er wurde zu Beginn der Saison durch eine Verletzung etwas zurückgeworfen, was seine Entwicklung etwas verlangsamte. Aber er ist ein Junge mit einem sehr, sehr guten Einstellung und kam allmählich zurück. Das ist jetzt alles eine große Belohnung für ihn", sagte der Franzose über seinen Spieler.

"Natürlich muss man wissen, dass man sich im Fußball ständig neu beweisen muss. Aber ich glaube nicht, dass es bei Ayyoub allzu viel zu befürchten gibt."

Auch der Präsident des OSC Lille, Olivier Letang, ist fest davon überzeugt, dass Bouaddi, der Sohn eines Bankangestellten und einer Personalleiterin, das Zeug dazu hat: "Er ist klug und von guten Menschen umgeben", sagte er der offiziellen Website des Vereins. "Er arbeitet hart, macht Fortschritte und hat bereits viel Erfahrung. Trotz seines jungen Alters ist er bereits ein Spieler, auf den wir zählen, um unsere Ziele zu erreichen."

Bouaddi, ein großer, eleganter französischer Teenager mit langen Haaren, der geschickt darin ist, den Ball zu halten: Dann wird man fast zwangsläufig mit Adrien Rabiot verglichen. Der Spieler von Olympique Marseille dirigiert mit einer ähnlichen Mischung aus einfachen Entscheidungen und Übersicht.

Bouaddi muss sich natürlich noch weiterentwickeln, und er muss seinem Spiel auch mehr Offensivpower einbauen (wie es Rabiot in den letzten Jahren getan hat), aber die Ähnlichkeiten zwischen den beiden sind unverkennbar.

Es gibt jedoch einen entscheidenden Unterschied: Bouaddi scheint viel bodenständiger zu sein. Er ist selbstbewusst, aber nicht überheblich, und es gibt keine Berichte darüber, dass er – oder seine Familie – sich von dem Hype, den er im letzten Jahr ausgelöst hat, hat mitreißen lassen.

Bouaddi konzentriert sich ausschließlich darauf, sich einen Stammplatz unter Genesio zu sichern - den hat er aktuell noch nicht. Wenn er in der Champions League wie gegen den BVB weiterhin beeindruckt, wird das Interesse an seinen Diensten natürlich nur noch größer werden.

Es gab Berichte über ein Interesse von Juventus Turin und aus der Premier League. Lille wird natürlich versuchen, sein neuestes Juwel aus der eigenen Jugendakademie so lange wie möglich zu halten. Aber wie bei Innenverteidiger Leny Yoro gesehen, der im Juli zu Manchester United wechselte, sind die Franzosen beim richtigen Preis gesprächsbereit.

Bouaddi scheint zwar im Moment in Lille sehr glücklich zu sein, aber er wird vielleicht nicht mehr allzu viele Geburtstage im Stade Mauroy mit den Fans feiern können.

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