Montella ist nun gefragt, das türkische Team derart wettbewerbsfähig zu machen, dass es bei der EM mindestens die Gruppenphase überstehen kann. Kurz vor der Entlassung von Kuntz spielte die Türkei zu Hause unentschieden gegen Armenien und verlor in einem Testspiel gegen Japan mit 2:4 - übrigens nur wenige Tage nach der deutschen Niederlage gegen Japan, dessen Nationalteam ab sofort nur noch Trainer-Killer genannt werden sollte.
Sicherlich war der Sieg gegen Kroatien angesichts der Reputation des Gegners ein wertvoller, aber endgültigen Aufschluss über Montellas taktische Herangehensweise gab das Spiel nur bedingt. Der Italiener änderte in seinen beiden bisherigen Partien personell recht wenig, wenn nicht durch Verletzungen erzwungen. Auch die Grundformation des Teams unterschied sich nicht signifikant zu den Spielen unter seinem Vorgänger.
Trotzdem lassen sich die Ansätze, die Montella verfolgt, erkennen. Er möchte, dass sein Team gegen Ballbesitz-orientierte Nationen wie Kroatien oder eben auch Deutschland recht kompakt im 4-4-2 oder 4-4-1-1 verteidigt. Die beiden Viererketten sollen bewusst, wenn sie sich in zentraler Position befinden, einigen Raum auf den Außenbahnen aufgeben. Damit werden vielleicht Seitenverlagerungen zuweilen zugelassen, aber Pässe durch die Halbräume im besten Fall nicht. Kroatien tat sich phasenweise sehr schwer damit, die Offensivreihe um Petar Musa effektiv einzubinden.
Spielt der Gegner eine Seitenverlagerung hin zur Abseitslinie, soll dann die Viererkette hinten in Richtung Ball verschieben. Mehrmals gab es bei diesen Verschiebungen noch gruppentaktische Schwächen beziehungsweise wurden die Abstände nicht immer gehalten. So orientierte sich etwa der ballferne Innenverteidigung direkt am vor ihm postierten Gegenspieler und ließ deshalb eine Lücke zum anderen Innenverteidiger klaffen, weil der bereits in Richtung Flügel gelaufen war, um den Abstand zum Außenverteidiger zu halten.