Wie neu geboren: Wie Isco bei Betis wieder in die Spur fand

Vor zwölf Monaten stand Iscos Vertragsauflösung beim FC Sevilla kurz bevor. Der einstige Weltstar von Real Madrid, 2022 ablösefrei nach Andalusien gewechselt, erlebte eine miserable Zeit in Sevilla und prügelte sich dann auch noch mit dem damaligen Sportdirektor Monchi in der Geschäftsstelle. Das Fass war übergelaufen.

Es war der Tiefpunkt für den heute 31-Jährigen, der einst als einer der besten Kreativspieler der Welt galt und der Dreh- und Angelpunkt bei Real war, das die Champions League gewann. Derselbe Mann, der Los Blancos 2017 zum Titel in der Königsklasse geführt hatte, war zum Jahresbeginn 2023 arbeitslos.

Union Berlin klopfte folglich bei Isco an. Eigentlich war der Deal schon durch, bis die Eisernen einen Rückzug machten - wasletztlich allerdings wohl die richtige Entscheidung war.

"Es war alles erledigt. Ich habe die Fotos gemacht, einen Gruß in die Kamera aufgesagt - das Typische", erzählte Isco später der spanischen Zeitung Marca. "Ich habe den Medizincheck bestanden. Auf dem Weg zur Vertragsunterschrift wurde ich erneut angerufen. 'Hör mal, jetzt ist es nicht mehr dieser Betrag, sondern weniger.' Ich habe ein zweites Mal eine Änderung akzeptiert. Aber wieder zehn Minuten später wurde ich ein drittes Mal angerufen und mir wurde gesagt, dass der Betrag für die kommende Saison auch nicht der vereinbarte ist und man das noch einmal überarbeiten müsse."

Auch hier war das Fass übergelaufen. Und so war der Spanier sechs Monate ohne Verein. Im Sommer 2023 kam dann Real Betis auf ihn zu - und die beiden Parteien einigten sich sogar.

Dort belebt er seine Karriere, die jüngst zu scheitern drohte. Am Samstag ab 16.15 Uhr empfangen die Beticos nun Real Madrid, seinen Ex-Arbeitgeber.

  • Isco Real MadridGetty Images

    Isco: Sein Abgang von Real Madrid

    Isco sollte der nächste große Mittelfeldspieler Reals werden. Und eine Zeit lang war er das auch. Carlo Ancelotti holte ihn 2013 für 30 Millionen Euro von Málaga und arbeitete ihn in ein Mittelfeld voller Stars ein. Erst war nicht ganz sicher, ob er die Erwartungen erfüllen können wird. Doch diese Zweifel beseitigte er schnell. Es waren vor allem seine Leistungen - und nicht die von Cristiano Ronaldo -, die Real 2017 zum Gewinn der Champions League führten. Daraufhin wurde ihm ein neuer, lukrativerer Vertrag angeboten. Und obwohl er im darauffolgenden Jahr nicht mehr so oft zum Einsatz kam, stand er beim Finalsieg 2018 gegen Liverpool in der Startelf.

    Doch einige Trainer fanden es zunehmend schwierig, den Spanier in die Mannschaft einzubauen. Selbst als andere abwanderten, wurde Isco erst von Vinicius Jr. und dann von Federico Valverde dauerhaft aus der Startelf verdrängt. Zudem spielte auch Trainer Zinedine Zidane nicht mit einem klassischen Zehner. Isco ignorierte eine öffentliche Aufforderung von Marcelo, sich anzupassen und im Training härter zu arbeiten. Auch unter Ancelotti lief es dann nicht besser. 2022 wurde klar, dass seine Zeit im Verein abgelaufen war.

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  • Isco Sevilla 2022-23Getty Images

    Isco: Schlägerei beim FC Sevilla

    Wenn man den Gerüchten Glauben schenken darf, wollte Monchi Isco nie haben. Sevillas damaliger Trainer Julien Lopetegui hatte den Job bei Sevilla übernommen, als Iscos Karriere bei Real endete. Als klar wurde, dass der Mittelfeldspieler ablösefrei zu haben sein würde, machte er Isco zum Wunschspieler. Der Mittelfeldspieler lehnte mehr Geld ab, um in LaLiga zu bleiben. Lopetegui machte Isco im Gegenzug zum Dreh- und Angelpunkt seiner Mannschaft.

    In den ersten beiden Monaten der Saison lief es für Sevilla allerdings miserabel. Sie gewannen nur eines ihrer ersten zehn Spiele. Lopetegui konnte sich kaum beschweren, als er im Oktober 2022 entlassen wurde. Jorge Sampaoli kam und sortierte Isco aufgrund seiner schlechten Form und seiner mangelnden Bereitschaft, sich auf eine andere Rolle einzustellen, aus.

    Und dann kam der Streit. Monchi und Isco waren schon seit einiger Zeit im Zwist. Anfang Dezember 2022 stritten sie sich auf dem Trainingsplatz. Zu dieser Geschichte gibt es zwei verschiedene Versionen. Isco behauptet, dass der Sportdirektor ihn in seinem Büro körperlich angegriffen habe. Doch Monchi hat die Anschuldigungen von Isco zurückgewiesen.

  • ISCO SEVILLA Getty Images

    Isco musste sich monatelang daheim fithalten

    Aber es gab noch viel Hoffnung für Iscos Karriere - zumindest zu diesem Zeitpunkt Anfang 2023. Schließlich war er ein spanischer Nationalspieler mit fünf Champions-League-Siegermedaillen und zwei magischen Füßen. Isco hatte zunächst Angebote von mehreren Vereinen. Die MLS hatte Berichten zufolge Priorität, aber kein nordamerikanisches Team machte ein ernsthaftes Angebot, wie The Athletic berichtete.

    Union Berlin, das zu diesem Zeitpunkt in der Bundesliga ganz oben mitspielte, war der einzige Verein, der sich ernsthaft um Isco bemühte. Beide Parteien einigten sich am Stichtag 31. Januar mündlich. Doch der Deal scheiterte, nachdem sich "die Bedingungen geändert hatten", wie Isco verärgert preisgab. Der Mittelfeldspieler wollte in Europa spielen, die Eisernen spielten in der Europa League. Aber die UEFA-Regeln verbieten es Isco, für zwei Mannschaften in einer Saison im selben Wettbewerb zu spielen. Und da war Isco plötzlich vereinslos.

    So blieb er ab Februar zu Hause, trainierte in seinem eigenen Fitnessstudio und zeigte das gleiche Engagement für seine Gesundheit, das ihn vor Jahren in Madrid in Ungnade fallen ließ.

    "Das sind schwierige Momente, denn schließlich ist man an die Dynamik gewöhnt, an das Team und den Wettbewerb. Wenn das nicht mehr der Fall ist, hat man das Gefühl, etwas zu verpassen", sagte er später.

    Saudi-Arabien rief, und auch eine italienische Mannschaft. Aber der Verbleib in LaLiga war immer sein Ziel.

  • Isco Betis Atletico Madrid 23-24Betis Twitter

    Isco: Die erhoffte Chance heißt Real Betis

    Es dauerte zwei Minuten, um alles mit Betis zu klären. Isco und sein neuer Trainer Manuel Pellegrini telefonierten miteinander, nachdem sie vom Sportdirektor des Klubs Rückendeckung erhalten hatten, wie The Athletic berichtete. Die beiden hatten einst während Iscos Zeit in Málaga eine besondere Beziehung aufgebaut.

    "Von dem Moment an, als ich mit ihm sprach, war ich mir sicher, dass wir den Isco der Vergangenheit finden würden und den Spieler, den wir brauchen, um Chancen zu kreieren", sagte Pellegrini auf einer Pressekonferenz.

    Und sein Vertrauen wurde belohnt. Isco war wieder ein anderer Spieler - nicht wie zuvor in der weiß-roten Hälfte Sevillas. Er war fitter, schärfer und anpassungsfähiger und stand vom ersten Spieltag an in der Startelf von Betis. Und er wurde auch dringend gebraucht. Betis hatte den erfahrenen Kreativspieler Joaquin Sanchez verloren, der mit 41 Jahren seine Schuhe an den Nagel gehängt hatte. Sergio Canales war nach Mexiko zu Monterrey gewechselt. Und Nabil Fekir, der einst so viel versprach, fiel mit einer Knieverletzung aus. Sie brauchten jemanden, der Verantwortung übernimmt.

    Isco selbst hat erklärt, mit seiner Entscheidung zufrieden zu sein. Dass er sich vor weniger als zwölf Monaten geweigert hatte, das Geld der Saudis anzunehmen, war goldrichtig.

    "Schließlich war ich einige Zeit außer Gefecht, habe einige Zeit nicht gespielt und bin hierher gekommen, um mich mit dem Vertrauen des Vereins und des Trainers einer schönen Herausforderung zu stellen", sagte er auf einer Pressekonferenz. "Im Moment laufen die Dinge gut. Ich beweise mir selbst, dass ich immer noch Fußball spielen kann. Ich genieße es, das ist es, was ich wollte, und ich hoffe, dass sowohl Betis als auch ich eine spektakuläre Saison haben."

  • Isco BetisGetty Images

    Isco wieder der Alte?

    Isco hat einen überragenden Start in der grün-weißen Hälfte Sevillas hingelegt. Er wurde in neun der ersten 13 Spiele des Vereins zum besten Spieler ernannt und hat wettbewerbsübergreifend sechs Tore beigesteuert. Seine Tore waren allesamt von entscheidender Bedeutung. Besonders hervorzuheben ist der späte Siegtreffer gegen Villarreal, bei dem er von den Fans gefeiert wurde.

    Auch die Zahlen zeigen, dass Isco wieder stark ist. Er gehört zu den besten Spielern Europas, wenn es um progressive Pässe (99. Perzentil laut dem Datenlieferanten FBRef), Torschussvorlagen (91.) und Vorstöße ins letzte Drittel (88.) geht. Er ist zudem wieder eine Gefahr bei Standardsituationen. Auch seine Defensivwerte haben sich im Vergleich zu seinen Jahren in Madrid deutlich verbessert.

    Vor allem aber zeigt er den Einsatz, der einst seine größte Schwäche war. Der 31-Jährige hat in LaLiga bereits über 1.200 Minuten absolviert und dabei in jedem Spiel mindestens eine Stunde gespielt.

    Dennoch gibt es einige Schwachstellen. Isco bleibt deutlich hinter den erwarteten Toren zurück. Doch die Erwartungen insgesamt hat er allemal übertroffen.

  • Isco Real Betis 2023-24Getty

    Isco: Das bringt die Zukunft

    Perfekt läuft es aber natürlich auch nicht. Isco hat in letzter Zeit etwas nachgelassen, Betis hat sowohl gegen Sevilla als auch gegen Almeria Punkte abgegeben. Aber sie sind 7. in LaLiga und führen ihre Europa-League-Gruppe an. In der gesamten Saison haben sie nur zweimal in der Liga verloren und gehören zu den besten Defensivreihen Spaniens. Wenn sie am Samstag ab 16.15 Uhr gegen Real Madrid gewinnen sollten, wäre ein Sprung auf Platz fünf möglich.

    Zum ersten Mal seit Jahren ist die Zukunft offen. Iscos Vertrag ist ein niedrig dotierter, bonusabhängiger, der sein Gehalt in die Höhe schnellen lässt, wenn er eine bestimmte Anzahl von Auftritten und Toren erreicht. Berichten zufolge gibt es auch eine automatische Verlängerungsklausel.

    Doch nun ist Betis bereit, wieder mit ihm zu verhandeln. Es gibt Gerüchte über einen neuen Vertrag für den 31-Jährigen. Mit Pellegrini am Ruder, einer immer besser werdenden Mannschaft und der Aussicht auf europäischen Fußball in absehbarer Zukunft könnte er durchaus geneigt sein, zu verlängern.

    Es gab auch einige vielleicht erfundene Gerüchte. Der FC Barcelona soll sich nach Gavis Verletzung mit ihm beschäftigen - die Blaugrana sollen sich bereits an ihn gewandt haben, als er noch in Madrid spielte. Doch das dürfte Fantasie bleiben.

    So oder so ist dieses Gerücht eine Schmeichelei und endlich eine gute Nachricht für einen Spieler, dessen Karriere vor zwölf Monaten schon zu Ende schien. Wie er in den letzten Monaten gezeigt hat, könnte diese neue Version von Isco gerade erst am Anfang stehen.