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"Wer die Premier League gewinnen will, kann keine Passagiere mitschleppen": In England wird erste Kritik an Liverpools Florian Wirtz laut

Keine 29 Minuten brauchte der millionenschwere Neuzugang aus Deutschland für sein erstes Tor in der Premier League: Nick Woltemade köpfte Newcastle United am Samstag zum entscheidenden 1:0 gegen die Wolverhampton Wanderers. Er war am vorletzten Tag der Transferphase für 85 Millionen Euro vom VfB Stuttgart nach Newcastle gewechselt.

  • Zu diesem Zeitpunkt weilte Florian Wirtz schon wochenlang bei seinem neuen Klub. Bereits im Juni verkündete der FC Liverpool den 125 Millionen Euro teuren Transfer von Bayer Leverkusen und machte den 22-jährigen damit zum teuersten deutschen Fußballer der Geschichte. 

    Wirtz' bisherige Ausbeute in Liverpool ist jedoch mager: Auf einen Assist bei der Pleite im Community Shield, dem englischen Supercup, gegen Crystal Palace Anfang August folgten vier Premier-League-Spiele ohne Scorerpunkt. Obwohl Wirtz viermal in der Startelf stand und obwohl Tabellenführer Liverpool viermal gewann, wartet Wirtz immer noch auf sein erstes Pflichtspieltor. Gegen den FC Arsenal musste er mit Oberschenkelproblemen vorzeitig runter. "Es war keine Verletzung, es war ein Willkommen in der Premier League", scherzte Trainer Arne Slot. Wirtz habe an Krämpfen gelitten. 

    Keine Überraschung, dass in der gewohnt hitzigen englischen Medien- und Experten-Landschaft bereits Kritik aufkommt.

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    Florian Wirtz steigerte sich gegen den FC Burnley nach der Pause

    Im Vorfeld des knappen Sieges gegen den FC Burnley am Sonntag nannte der langjährige Liverpool-Profi und jetzige TV-Experte Steve Nicol Wirtz einen "Passagier" und stellte fest: "Wer die Premier League gewinnen will, kann keine Passagiere mitschleppen." 

    Gegen den Abstiegskandidaten tat sich Meister Liverpool anschließend lange sehr schwer. "Da gibt es einen Kerl, für den Liverpool im Sommer sehr viel Geld ausgegeben hat genau für solche Situationen: Mr. Wirtz", bekundete Nicol. "Es war wie gemalt für ihn, um zu zeigen, was er kann - aber leider hat er es wieder nicht getan. Das muss Anlass zur Sorge geben." 

    Ja, Wirtz gelang als Zehner im 4-2-3-1-System wieder kein Scorerpunkt, er verzeichnete mit 79 Prozent die schlechteste Passquote aller Startelf-Spieler Liverpools und leistete sich zudem die meisten Ballverluste. Zur Wahrheit gehört aber auch: Nach einer äußerst blassen ersten Halbzeit wurde Wirtz nach der Pause aktiver, kreierte Chancen, spielte kluge Pässe und holte mit einem Dribbling den Platzverweis für Lesley Ugochukwu heraus. In Minute 87 wurde Wirtz beim Stand von 0:0 ausgewechselt, tief in der Nachspielzeit erzielte Mohamed Salah per Elfmeter den erlösenden Siegtreffer. 

    "Bisher klickt es nicht. Wenn man über 100 Millionen für einen Spieler bezahlt, erwartet man, dass es sofort klickt", meinte Nicols Experten-Kollege Micah Richards. "Er tut sich schwerer, als ich vermutet habe."

  • Florian Wirtz: "Ich glaube, es braucht vielleicht noch ein paar Spiele"

    Wirtz fremdelt offensichtlich noch mit dem neuen Land, der neuen Liga und der neuen Mannschaft. Das gab er während der Länderspielphase auch selbst zu: "Ich glaube, es braucht vielleicht noch ein paar Spiele." Aber auch seine Auftritte im gewohnten DFB-Umfeld waren durchwachsen. Bei der Pleite die Slowakei trug Wirtz eine Mitschuld am ersten Gegentor: Statt umgehend nachzusetzen, lieferte er sich anschließend lieber ein Wortgefecht mit seinem Gegenspieler Ondrej Duda. Beim Sieg gegen Nordirland gelang ihm per direktem Freistoß immerhin ein Traumtor. 

    In England wird derweil bereits spekuliert, ob Liverpool-Trainer Arne Slot Wirtz vorerst aus der Startelf streichen sollte. Der gelernte Spielmacher Dominik Szoboszlai könnte dann wieder auf seine Paradeposition rücken und rechts hinten gleichzeitig Platz machen für Eigengewächs Conor Bradley oder Neuzugang Jeremie Frimpong. Wie Wirtz wechselte Frimpong im Sommer von Leverkusen nach Liverpool (40 Millionen Euro Ablöse). Auch verletzungsbedingt kam er in der Premier League bis dato auf lediglich 63 Einsatzminuten. 

    Wie läuft es bei den übrigen Millionen-Neuzugängen? Milos Kerkez (47 Millionen) ist links hinten gesetzt, musste gegen Burnley aber frühzeitig runter, weil er wegen einer Schwalbe mit Gelb vorbelastet und platzverweisgefährdet war. Hugo Ekitike (95 Millionen) verzeichnete bereits vier Scorerpunkte. Sein neuer Rivale Alexander Isak (145 Millionen) könnte nach seinem Deadline-Day-Wechsel zum Auftakt der Champions League am Mittwoch gegen Atletico Madrid debütieren.

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