Andy van der Meyde: "Ich ging sieben Tage die Woche feiern"
"Ich redete mit niemandem darüber, lief mit einer Maske durch die Gegend und tat so, als sei alles in Ordnung. Ich bin nicht der Typ, der sich anderen Menschen anvertraut und über seine Probleme spricht, so war ich noch nie", erklärt van der Meyde. In vier Jahren bei Everton sollte das einst so gefeierte Talent insgesamt gerade mal 24 Pflichtspiele absolvieren. In den Spielzeiten 2007/08 und 2008/09 kamen sogar nur läppische drei Einsätze zusammen. Sein Vertrag wurde logischerweise nicht verlängert, im Sommer 2009 stand van der Meyde also vor einem Scherbenhaufen. Und es wurde noch schlimmer, denn zum Alkohol kamen nun - da er gar nichts mehr zu tun hatte und alleine in Liverpool lebte - auch Drogen hinzu.
"Ich nahm Kokain, trank Alkohol und ging sieben Tage die Woche feiern", gestand er später. "Ich konnte mich nicht mehr auf Fußball oder irgendetwas anderes konzentrieren. In meinem Leben drehte sich alles nur noch um Party. Liverpool ist gefährlich, wenn man nicht in der Lage ist, sich unter Kontrolle zu haben. Ich verstand, dass Liverpool mich umbringen würde. Also musste ich dort weg."
Angekommen an jenem Morgen, an dem Andy van der Meyde aus dem Albtraum der letzten Jahre aufwacht. Er geht zurück nach Amsterdam, trainiert eine Zeit lang bei Ajax mit. Im Frühjahr 2010 heuert er bei der PSV Eindhoven an, will seine Karriere mit 30 doch noch einmal in Schwung bringen. So alt ist er ja noch nicht. Doch das Experiment geht schief, nach ein paar Monaten und keinem Einsatz ist schon wieder Schluss bei der PSV.
Im Frühjahr 2011 beendet der 17-fache niederländische Nationalspieler seine Profi-Laufbahn, die ihn so viel weiter hätte bringen können, schließlich endgültig. Er findet wieder zur Ruhe, ist zurück bei seiner Familie, zurück in der Heimat.
Heute berät er junge Profis, damit sie nicht die selben Fehler machen wie er. Seinen Landsmann Royston Drenthe soll er etwa im Sommer 2011 vergeblich vor einem Wechsel zu Everton gewarnt haben. "Liverpool bietet zu viele Verlockungen für Typen wie uns", sagt van der Meyde in einer geleakten Sprachnachricht. "Ehe du dich versiehst, haben die Nachtklubs dich in ihren Bann gezogen. Der Bacardi fließt und du fährst Ski auf Kokain. Und die Frauen, Royston ... Oh, Mann! Diese englischen Frauen mit ihren kurzen Röcken ..."
Selbst hat van der Meyde mit Fußball heute nicht mehr viel zu tun. Dafür ist er erfolgreich bei YouTube, hat über 370.000 Abonnenten und sein Interview-Format "Bij Andy in de auto" ist in Holland populär. Stars wie Romelu Lukaku, Hakim Ziyech oder Dusan Tadic interviewt er darin während einer Autofahrt. Und auch sein alter Kumpel Mido war schon zu Gast. Inklusive der Geschichten über früher, als sie gemeinsam mit Zlatan auszogen, die Fußballwelt zu erobern, im Gegensatz zum Schweden aber zu sehr das süße Leben genossen. "Es ist sehr gefährlich, viel Geld zu verdienen, wenn du so jung bist", sagt Mido dann. "Du bist noch ein Kind und hast plötzlich Millionen auf dem Konto", pflichtet ihm van der Meyde bei.
Und man merkt, dass er genau weiß, wovon er spricht.