"Was ist das dann für ein Spieler?" - Wird Rekordmann Ibrahim Maza der Nachfolger von Florian Wirtz?

Zudem: Sollte Wirtz gehen, wonach es stark aussieht, will Leverkusen dem Vernehmen nach noch einen Zehner verpflichten, der deutlich mehr Routine als Maza mitbringt und den designierten Abgang des deutschen Nationalspielers so gut es geht abfedert. Doch ob dieser Spieler X, der erst noch gefunden und gekauft werden muss, langfristig in der Lage sein wird, sich gegen Maza durchzusetzen, darf bereits jetzt mit einem Fragezeichen versehen werden.

Denn: Maza ist schlicht brutal gut. "Ein absolutes Ausnahmetalent" nannte ihn Herthas Trainer Stefan Leitl. Im Vorjahr fragte Berlins Leistungsträger Fabian Reese: "Ibo hat herausragende Qualitäten am Ball. Wenn er manche Entscheidungen noch besser löst, was ist das dann für ein Spieler?"

Einer, der laut Herthas Sportdirektor Benjamin Weber "Herz und Käfigkicker-Mentalität" mitbringt. Maza, das sagte sein Förderer Pal Dardai schon vor längerer Zeit, besitze ein Talent "wie keiner im Nachwuchs von Hertha BSC". Für Leverkusens Geschäftsführer Sport Simon Rolfes ist Maza "aktuell einer der interessantesten jungen Offensivspieler".

Rolfes und Bayer dürfen sich daher für einen echten Coup feiern lassen, Mazas Unterschrift unter einen bis 2030 gültigen Vertrag bekommen zu haben. Denn nicht nur Leverkusen hatte den 19-Jährigen längst auf dem Schirm, sondern auch viele, viele andere Klubs.

In Deutschland warb vor allem der VfB Stuttgart schwer um ihn, auch Werder Bremen war interessiert. In der vergangenen Wintertransferperiode gaben die AC Mailand und der FC Porto kurz vor Fristende richtig Gas und wollten Maza unbedingt. Auch spanische Vereine wie Atletico Madrid oder englische wie Newcastle United hatten ihre Fühler ausgestreckt.

Maza entschied sich dagegen, seine Karriereplanung scheint sehr durchdacht. Dass er es überhaupt bis auf sein aktuelles sportliches Level schaffte, war bei seinem überbordenden Talent zwar keine allzu kühne Prognose. Doch anfangs ließ er es häufiger auch mal schleifen, wie Dardai einst erzählte.

"Ibo war schon in der U16 mein Spieler. Ich habe damals zu ihm gesagt: 'Wenn du weiter so faul bleibst, schaffst du gar nichts'", erzählte der Ungar. "Du hast ein Tempodribbling, das ist unbeschreiblich. Ein Talent von Gott. Seitdem ist der Junge wirklich fleißig."

Diese Anekdote packte Dardai exakt heute vor zwei Jahren aus, am 34. Spieltag der Saison 2022/23 in Wolfsburg (2:1). Der Coach ließ bei der bereits abgestiegenen Hertha zahlreiche Youngster ran. Einen Monat zuvor hatte Maza bei einem 0:2 bei Bayern München ein 25-minütiges Bundesligadebüt gefeiert. Gegen Wolfsburg spielte er 20 Minuten länger - und traf zehn Minuten nach seiner Einwechslung zum zwischenzeitlichen 1:1.

Maza wurde so mit 17 Jahren, sechs Monaten und drei Tagen zum jüngsten Bundesligatorschützen in Herthas Geschichte und zum sechstjüngsten in der Historie der Liga. Knapp neun Monate später traf er auch erstmals in Liga zwei und avancierte somit zum jüngsten Spieler, der ein Tor in der 1. und 2. Liga geschossen hatte (18 Jahre, 92 Tage).

Doch bis dahin war es ein steiniger Weg. Nach dem Abstieg hatte Maza aufgrund einer Meniskus-Operation die gesamte Hinrunde verpasst. Als er wieder fit war, benötigte er jedoch nicht lange, um Reese zum erwähnten Zitat zu bringen - und auf dem Platz wieder auf sich aufmerksam zu machen.

Nachdem alle Abwerbungsversuche scheiterten, belohnte Hertha Mazas Entwicklung im vergangenen Sommer schließlich mit einer Vertragsverlängerung bis 2027 und gab ihm die Rückennummer 10. Schon damals also ein bewusster und bemerkenswerter Entscheid des Youngsters, der sich auch von den lukrativen Offerten ein halbes Jahr später nicht beeinflussen ließ.

Und auch nicht vom Werben des DFB. Maza hatte seit 2022 für die deutsche U18, U19 und U20 bereits 13 Länderspiele (vier Tore) bestritten. Nun läuft er jedoch für Algerien auf, wo er im vergangenen Oktober sein Debüt in der A-Nationalelf feierte. Es ist das Heimatland seines Vaters Sofiane, einem Facharzt für Nuklearmedizin.

"Er hat die Nummer 10 bei Hertha, schießt Tore, war zuletzt bei uns und wird sich jetzt trotzdem für Algerien entscheiden", hatte U20-Coach Hannes Wolf damals bei Sport1 vorab verraten und einen Einblick in Mazas Entscheidungsfindung gegeben: "Die Argumentation ist, dass er als Zehner das Gefühl hat, mit Florian Wirtz, Jamal Musiala und Paul Wanner ist die Position zu. Wir kommen mit der U20 - und Algerien kommt mit der A-Nationalmannschaft. Wir haben alles auf den Tisch gelegt."

Maza, der gegenüber der Bild zugab, "sehr lange" darüber gegrübelt zu haben, bestätigte Wolfs Aussage: "Ich wollte so früh wie möglich für eine A-Nationalmannschaft auflaufen können und so viele Spiele wie möglich als Profi in der Nationalelf machen." Zwei Partien hat er bislang absolviert, im kommenden Jahr winken Spiele bei der WM.

Bis dahin hat nicht nur Algerien noch ein paar Siege in der Qualifikation einzufahren. Auch Maza muss sich in seinem neuen Umfeld beweisen, erstmals ist er außerhalb von Berlin unterwegs. Dass er fußballerisch alles mitbringt, um diese Aufgabe zu meistern, steht außer Frage. "Er hat hervorragende technische Fertigkeiten, ist dribbelstark und durchsetzungsfähig und hat dabei einen Blick für seine Mitspieler, die er glänzend einzusetzen weiß", sagte Rolfes.

Auch Leverkusens neuer Trainer Erik ten Hag, der in seiner Karriere ja hinlänglich bewiesen hat, erfolgreich mit jungen Spielern arbeiten zu können, dürfte Mazas spannendes Profil als in diesem Alter selten ansehen. In Berlin spielte er die meiste Zeit unter Leitls Vorgänger Cristian Fiel als Achter, pendelte mit Ball am Fuß aber regelmäßig auf die Zehnerposition.

Die hat Stand jetzt noch Wirtz inne. Und bald vielleicht der wirkliche Wirtz-Nachfolger. Maza könnte aber auch einer werden. Womöglich sogar schneller, als man derzeit in Leverkusen denkt.