Was denkt sich Arsenal nur dabei? Chelsea-Flop Kai Havertz ist zu schlecht für die Gunners

Mitte der letzten Saison wurde der ehemalige Chelsea-Profi Andy Townsend in einem Interview mit talkSPORT nach den Offensivproblemen der Blues gefragt. Bei seiner Antwort machte er klar, dass er Kai Havertz "nicht ganz begriffen" habe. Das war eine völlig nachvollziehbare Aussage, denn der deutsche Nationalspieler ist einer der rätselhaftesten Spieler im europäischen Top-Fußball.

Es geht um einen 24-Jährigen, der bereits die entscheidenden Tore in den Endspielen der Champions League und der Klub-WM erzielt hat, der aber für seine schlechte Chancenverwertung bekannt ist und dessen beste Position bislang noch kein Trainer für ihn gefunden hat.

Niemand ist sich anscheinend sicher, was für ein Spieler Havertz ist - und ob Chelseas 80-Millionen-Euro-Transfer überhaupt so gut ist. Die Debatte über den Wert des Offensivspielers hat sich in den letzten Tagen weiter intensiviert, nachdem bekannt geworden ist, dass der FC Arsenal versucht, ihn zu verpflichten.

  • William Saliba Mikel Arteta Arsenal 2022-23Getty Images

    Arsenal hat dringendere Probleme

    Ein kleiner Teil der Fans blieb bislang vorsichtig mit seinem Urteil und argumentierte, dass Arsenal-Trainer Mikel Arteta eindeutig irgendetwas in Havertz gesehen haben muss, was viele andere vorher nicht gesehen haben. Andere wiederum waren einfach nur empört und fragten sich, warum Arsenal überhaupt auf die Idee kommt, einen Spieler zu verpflichten, der in 91 Premier-League-Duellen nur 19-mal getroffen hat. Das Einzige, was alle Fans gemeinsam hatten, war ihre Überraschung, denn niemand hatte dieses Transfergerücht kommen sehen. Und das aus gutem Grund.

    Arsenals Versuch, Manchester City in der letzten Saison als englischen Meister zu entthronen, scheiterte nicht an der fehlenden Gefahr aus dem Mittelfeld heraus oder an den schwach besetzten Flügeln. Die Gunners erzielten 88 Tore - nur sechs weniger als der Meister mit Erling Haaland und seinen Kollegen.

    Nein, Arsenal wurde letztlich für seine Defensivschwächen bestraft, die nach der Verletzung von William Saliba brutal zu Tage traten. Das Fehlen des Franzosen und die mentale und physische Erschöpfung, die durch den langwierigen Kampf gegen City verursacht worden war, führten auf der Zielgeraden zu bitteren Unentschieden und Niederlagen.

    Daher ist es nur logisch, dass Arsenal in diesem Sommer einen Innenverteidiger und einen Rechtsverteidiger verpflichten will. Ebenso logisch wie das Interesse an einem Flügelspieler als Ersatz für Bukayo Saka, der in der Endphase der Saison müde wurde. Dazu sollen noch ein Ersatz für Granit Xhaka und ein weiterer hochkarätiger Sechser kommen, der vor der Viererkette abräumen soll.

  • Werbung
  • Emile Smith Rowe Arsenal 2023Getty

    Ist Havertz wirklich besser als Smith Rowe?

    Die Hoffnung bei Arsenal besteht darin, dass die Sechser-Rolle ab der kommenden Saison von Declan Rice besetzt wird. Da der englische Nationalspieler nicht nur bei West Ham, sondern auch in Manchester auf dem Wunschzettel steht, wird Arsenal voraussichtlich rund 120 Millionen Euro für den 24-Jährigen zahlen müssen. Ist Rice wirklich eine solche Mega-Summe wert? Vielleicht nicht.

    Allerdings ist es angesichts des enormen Geldbetrags, der für diesen Transfer erforderlich ist, völlig unverständlich, dass Arsenal sogar bereit wäre, 60 Millionen Euro für Havertz zu zahlen. Die Gunners werden nicht von einem Golfstaat finanziell unterstützt - und würden viel Geld ausgeben, um sich einen Spieler zu holen, der bei Arteta keinen sofortigen Stammplatz hätte.
    Tatsächlich stellt sich die Frage, ob Havertz genauso gut ist wie die anderen Angreifer, die Arsenal derzeit zur Verfügung hat. Wie viel könnte er tatsächlich beitragen? Emile Smith Rowe schaffte es letzte Saison nicht ins Team - hätte Havertz wirklich bessere Chancen?

  • Kai Havertz Bayer Leverkusen 2017Getty

    Havertz, der neue Zidane

    Dass Kai Havertz riesiges Potenzial hat, ist klar. Das sahen alle Experten, als er sich schon mit 17 einen Stammplatz bei Bayer Leverkusen sicherte und danach einen Vereinsrekord nach dem anderen brach. Der Hype war riesig - und gerechtfertigt.

    Lothar Matthäus, einer der besten Mittelfeldspieler aller Zeiten, nannte Havertz den talentiertesten Spieler, den Deutschland seit Jahrzehnten hatte. Und er verglich ihn sogar mit dem großen Zinédine Zidane.

    "Er hat die Messlatte sehr hoch gelegt - für mich war er der Spieler der Saison 2018/19", sagte Matthäus dem kicker. "Wenn Havertz dieses Level hält, mit seinem Talent, seiner Cleverness, seiner Präsenz auf dem Platz und seiner Torgefahr, könnte er irgendwann mein Nachfolger als Weltfußballer werden."

    Vier Jahre später wirkt Havertz jedoch überhaupt nicht wie ein Ballon-d'Or-Gewinner.

  • Kai Havertz Chelsea Real Madrid 2022-23Getty

    Von Real Madrid bewundert

    Im März und April des letzten Jahres gab es eine kurze Phase, in der es so aussah, als ob sich Havertz unter dem damaligen Chelsea-Trainer Thomas Tuchel freigespielt hätte. Er erzielte fünf Tore in fünf Premier-League-Partien und traf auch gegen Real Madrid in der Champions League. Carlo Ancelotti, der Coach der Königlichen, war beeindruckt und bat seinen Präsidenten Florentino Pérez angeblich, den Versuch zu starten, Havertz im letzten Sommer zu verpflichten.

    Das Gerücht über einen Transfer ins Santiago Bernabéu tauchte nach dem überraschenden Abgang von Karim Benzema wieder auf. Doch angeblich wurde Real durch den Preis abgeschreckt, den Chelsea aufrief - und Arsenal sollte es auch sein.

  • Kai Havertz Chelsea 2022-23Getty Images

    Die Abschlussschwäche von Havertz

    Vor einem halben Jahr hatten die Gunners Glück, als sich Chelsea in das Werben um Mykhailo Mudryk einschaltete und den Ukrainer holte. Stattdessen verpflichteten sie Leandro Trossard für weniger als die Hälfte des Geldes. Der Belgier lieferte fast jedes Mal, wenn er in der Rückrunde spielen durfte, während Mudryk wie Todd Boehlys größter Flop wirkt - und davon gab es zuletzt bei Chelsea einige.

    Arsenal sollte zögern, bevor der Klub auch nur über die von Chelsea angeblich geforderten 90 Millionen Euro für Havertz nachdenkt. Denn der Deutsche wäre mit Sicherheit keine bessere Offensiv-Option als Trossard.

    Denn der war in der vergangenen Saison an 20 Premier-League-Toren beteiligt. Havertz erzielte sieben Treffer selbst und sammelte nur eine Vorlage - was die weitverbreitete Vorstellung, dass er ein vielseitiger Stürmer ist, der sowohl Tore selbst macht als auch Vorlagen für andere geben kann, ad absurdum führt.

    Sein Abschluss ist dabei besonders schlecht. Er traf in der Saison 2022/23 nur mit unterirdischen 9,86 Prozent seiner Versuche, von den Großchancen nutzte er nur 22 Prozent. Eine peinliche Zahl im Vergleich zu denen von Saka (70 Prozent), Gabriel Martinelli (62,5 Prozent) und Martin Ödegaard (55,6 Prozent).

  • Kai Havertz Chelsea 2022-23Getty

    Höchstens ein brauchbarer Ersatzspieler

    Es gibt natürlich das Argument, dass Havertz in einer besseren Mannschaft auch besser spielen würde - und Arsenal ist mit Sicherheit aktuell ein besseres Team als Chelsea. Die Gunners sollten aber nicht 60 Millionen Euro ausgeben, um herauszufinden, ob das stimmt.

    Havertz wäre einfach kein Stammspieler bei Arsenal. Er wäre keine bessere Option als Gabriel Jesus. Und er würde auch nicht für Ödegaard, Martinelli oder Saka ins Team kommen. Havertz wäre bestenfalls ein brauchbarer Ersatzspieler - aber einer, den Arsenal nicht wirklich benötigt.

    Die Gunners benötigen im Sommer definitiv Verstärkungen, aber sie können nicht einfach einen Riesenbetrag für Havertz ausgeben, wenn das Geld auf anderen Positionen und für andere Spieler besser investiert wäre. Die Tatsache, dass Chelsea überhaupt über einen Abgang des Deutschen nachdenkt, sollte für Arsenal eine Warnung sein.

    Ein Angreifer, der manchmal so wirkt, als könne er auf dem Platz alles, der aber zu oft gar nichts macht. Wenn man es so betrachtet, ist Townsend mit seiner Meinung nicht alleine. Es ist wirklich schwer, Kai Havertz "zu begreifen" - und das Interesse von Arsenal umso mehr.

0