Hoeneß EberlIMAGO / Lackovic

Uli Hoeneß fällt Max Eberl abermals in den Rücken: Der FC Bayern gibt mal wieder ein furchtbares Bild nach außen ab

Uli Hoeneß hat es schon wieder geschafft. Mit nur einem einzigen Satz bringt er nicht nur die Kaderplanung des FC Bayern München an die Öffentlichkeit, er untergräbt auch abermals die Autorität seines eigenen Sportvorstands.

"Ich würde sehr dafür plädieren, den Kader noch aufzufüllen mit einem Leihspieler, der bis zum 30. Juni 2026 unter Vertrag genommen wird", sagte er der SZ. Zunächst mag dieser Satz harmlos wirken. Denn rein sportlich und wirtschaftlich betrachtet ergibt er Sinn. Aber es macht einen großen Unterschied, von wem dieser Satz kommt - und wie und wo er geäußert wird.

  • Uli Hoeneß ist nicht Lothar Matthäus. Er ist nicht bei einem Pay-TV-Sender angestellt und wird auch nicht dafür bezahlt, Woche für Woche seinem Ex-Klub Ratschläge zu erteilen. Nein, Hoeneß ist Aufsichtsratsmitglied des FC Bayern. Und wer sich mit dem Rekordmeister befasst, weiß, dass "Mitglied" eine maximale Untertreibung ist.

    Auf dem Papier ist zwar Herbert Hainer der Aufsichtsratsvorsitzende, doch es dürfte kaum Zweifel daran geben, wer die Hosen wirklich anhat. Das zeigte sich schon bei der Vertragsverlängerung von Joshua Kimmich im März. Wenn Hoeneß etwas will, dann bekommt er es in aller Regel auch. 

    2019 kündigte er noch an, sich aus dem operativen Geschäft zurückzuziehen. Seitdem ist der ehemalige Top-Manager ein gutes Stimmungsbarometer für die Lage in der Führungsetage an der Säbener Straße. Wenn sich der 73-Jährige nicht einmischt, ist der Druck gering. Wenn er sich nur intern ab und zu meldet und diskutieren will, ist der Druck aushaltbar. Wehe aber, Hoeneß verspürt den Drang, sich an die Öffentlichkeit zu wenden.

    Dann sollten bei den Verantwortlichen alle Alarmglocken schrillen. So ist es auch diesmal. Wenn Hoeneß für etwas "plädiert", dann heißt das übersetzt: Max Eberl wäre gut beraten, das zu tun, was von ihm verlangt wird. Auch wenn das etwas anderes ist, als vor wenigen Wochen besprochen wurde.

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  • Max EberlGetty Images

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    Denn auch das geht aus dem SZ-Artikel hervor: Eigentlich hat die sportliche Leitung fest damit gerechnet, dass die Verkäufe und Einsparungen bei den G>ehältern dazu führen, Budget für mindestens einen weiteren Neuzugang für den dünnen Kader zu bekommen. Nun will der Aufsichtsrat aber nur noch einen Leihspieler durchwinken.

    Für Eberl angeblich eine Art Schock, hatte er sich doch darauf vorbereitet, nochmal viel Geld auszugeben, um den Abgang von Kingsley Coman zu kompensieren. Jetzt muss er abermals eine Kompromisslösung finden. Eine, die den Balanceakt zwischen finanzieller und sportlicher Zufriedenheit packt – und ihm den Job rettet. Wieder muss er kurzfristig agieren, statt mittelfristig oder langfristig planen zu können. Wieder überschreitet Hoeneß seinen eigentlichen Kompetenzbereich.

    Denn es ist nicht das erste Mal, dass er mit seinen öffentlichen Aussagen die Autorität von Eberl untergräbt. Im Frühjahr gab es rund um die Vertragsverhandlungen und den Poker um Florian Wirtz immer wieder kritische Momente, in denen der Patriarch sich dazu gezwungen sah, öffentlich einzulenken. Ein gutes Beispiel ist auch die Personale Thomas Müller, bei der Hoeneß öffentlich für Wirbel sorgte, als er ihm bei der Premiere zu Müllers Dokus (!) zum Karriereende riet – zur Unzufriedenheit der FCB-Legende. Es entsteht der Eindruck, dass dieser Klub sportlich vom Aufsichtsrat geführt wird – und das stört die Balance im strategischen Bereich.

    Das Problem ist, dass damit niemandem beim FC Bayern geholfen ist. Im Gegenteil: Abermals offenbart Hoeneß mit seiner jüngsten Aussage, dass die zwei wichtigsten Ebenen in unterschiedliche Richtungen arbeiten. Dass es zwischen dem Aufsichtsrat und der sportlichen Leitung immer wieder Konfrontation gibt, ist normal. Es liegt in der Natur der Sache, dass es einen Konflikt zwischen maximal sportlichem Erfolg und finanzieller Vernunft gibt.

    Letztlich ist es auch der Job des Aufsichtsrats, die sportliche Leitung manchmal etwas zu bremsen, sie eben zu kontrollieren. Inhaltlich hat Hoeneß in diesem Fall einen validen Punkt: Wenn zwei, drei Wunschspieler in diesem Sommer nicht zu haben sind, warum dann jetzt (viel) Geld für jemanden ausgeben, der auf dem eigenen Zettel viel zu weit unten stand? Eine Leihe, die den Münchnern Zeit verschafft, ist mittlerweile tatsächlich das beste Szenario. 

  • Uli HoeneßGetty

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    Nur warum trägt er diese vermeintliche "Empfehlung" abermals in die Öffentlichkeit? Und warum hat man den Verkauf von Kingsley Coman durchgewunken, wenn es trotz schwindender Zeit nicht direkt eine Alternative gab? Etwa weil Eberl mal wieder fest davon ausging, mehr Geld ausgeben zu können, als ihm tatsächlich zur Verfügung steht?

    Das ist ein Konfliktpunkt, der sich durch seine gesamte Zeit in München zu ziehen scheint. Und natürlich kann man den Aufsichtsrat dafür kritisieren, dass er seinen Sportvorstand hier und da geradezu aufzuhalten scheint. Aber wie kann es sein, dass Eberl immer wieder so überrascht zu sein scheint vom Spar-Diktat der Bosse?

    Eberl hier komplett aus dieser Kritik herauszunehmen, wäre jedoch auch falsch. Kommunikation ist keine Einbahnstraße und es ist der Job des ehemaligen Gladbachers, den Aufsichtsrat von seinen Visionen und Ideen zu überzeugen, Budgets zu verhandeln und mit diesen Budgets anschließend zu arbeiten.

    Unter dem Strich gibt der FC Bayern mal wieder ein furchtbares Bild nach außen ab. Dabei war die Ausgangslage selbst nach dem Verkauf von Coman gar nicht so schlecht. Sicherlich hätte die Bewertung des Transferfensters daran gehangen, wer jetzt noch kommt und ob dieser Spieler gut ins Team zu passen scheint. Aber die Chance war groß auf einen Transfersommer, den man sich argumentativ hätte als "gut" zurechtlegen können.

    Theoretisch ist diese Chance immer noch da. Allerdings mit dem Geschmäckle, dass Hoeneß mal wieder öffentlich offenbart hat, dass die strategischen Ideen intern weit auseinandergehen – und im Zweifelsfall nicht das gemacht wird, was Eberl will. Unter diesen Umständen wird es beim FC Bayern auch in Zukunft weiterhin darum gehen, dass jeder um seinen eigenen Job kämpft, statt um das Wohlergehen des Klubs.