Gabri VeigaGetty

Toni Kroos bezeichnete den Wechsel nach Saudi-Arabien als "peinlich": Top-Talent steht am Scheideweg seiner Karriere

Als "peinlich" bezeichnete Toni Kroos 2023 den Wechsel eines 21-jährigen Top-Talents aus Spanien. Damals kommentierte der Deutsche einen entsprechenden Post von Fabrizio Romano, löschte seine Replik aber, als sie Wellen schlug. Aber das Internet vergisst nicht.

Ebenso wenig seine Aussagen in seinem Podcast "Einfach mal Luppen": Er sei kein Fan von den "26-, 27-, 28-Jährigen, die absolute Top-Qualität haben" und ihren Anspruch dann wegen des Geldes zurückschrauben würden. Das angesprochene spanische Talent ist Gabri Veiga, der damals nach Al Ahli in Saudi-Arabien wechselte – und der kehrt nun nach Europa zurück. Aber wie viel hat ihn die Zeit in der Wüste gekostet?

  • Englands Topklubs jagten Gabri Veiga

    Bei Celta Vigo und in diversen spanischen U-Teams machte er Anfang der 2020er Jahre auf sich aufmerksam. Seine nächste Station hätte er sich damals beinahe aussuchen können. Mittelfeldspieler wie er waren damals wie heute gesucht.

    Der FC Liverpool, Manchester City, Newcastle, Chelsea und Manchester United galten allein in England als interessiert – am Ende entschied sich Veiga für Al Ahli. Er kam aus einer sehr starken Saison 2022/23.

    Unter anderem erzielte er für Celta Vigo in 36 La-Liga-Spielen elf Tore, wurde unter anderem zum Spieler des Monats Februar in der Liga gewählt und sicherte den Klassenerhalt seines Teams mit einem Doppelpack gegen den FC Barcelona am letzten Spieltag. Der Hype um Veiga war größer, als man das in Deutschland nach zwei Jahren Saudi-Arabien noch auf dem Schirm hätte.

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  • Al Ettifaq v Al Ahli SFC - Saudi Pro LeagueGetty Images Sport

    Gabri Veiga: Warum ihn einst halb Europa jagte

    Und warum? Ein wichtiger Aspekt seines Spiels ist die Cleverness, mit der er agiert. Veiga ist herausragend darin, sich ohne Ball zu positionieren und Torgefahr gegen den Spielrhythmus zu erzielen. Für Celta Vigo bewegte er sich aus dem zentralen Mittelfeld oft im Rhythmus des Angriffes mit nach vorn, um dann kurz stehen zu bleiben und sich neu zu positionieren.

    Eine Fähigkeit, die Frank Lampard einst auszeichnete. In diesen kurzen Augenblicken des Angriffs bewegen sich alle Gegenspieler in eine Richtung, was die Möglichkeit eröffnet, den richtigen Raum zu belaufen. Dafür braucht es Handlungsschnelligkeit in allen Bereichen und ein besonderes Spielverständnis.

    Veiga schien das zu haben. Immerhin verzückte er fast ganz Spanien bei einem Abstiegskandidaten. Darüber hinaus zeigte er zwischen den Linien immer wieder, dass er auf einem hohen technischen Niveau agieren kann. Sein Spiel ist direkt und vertikal, er probiert immer die gegnerische Verteidigung unter Druck zu setzen.

    Und auch er selbst überzeugte immer wieder mit Tiefenläufen hinter die gegnerische Kette. Dieses Profil macht ihn zu einem sehr guten offensiven Spielmacher auf der Achter- oder auf der Zehnerposition.

  • Gabri Veiga: Nationalmannschaft plötzlich in weiter Ferne

    Eine Beschreibung, die auf den Veiga zutrifft, der einst bei Celta Vigo spielte. Dann ging es nach Saudi-Arabien. Sein Konto dürfte prall gefüllt sein, aber das Interesse an ihm nahm spürbar ab. Mittlerweile ist er 23 Jahre alt, in 66 Partien für Al-Ahli gelangen ihm zwölf Tore und zehn Assists.

    Zwar spielte der Spanier auf unterschiedlichen Positionen und Rollen, was die Scorerpunkte nicht zum wichtigsten Kriterium macht, aber zufrieden sein kann er mit seiner Entwicklung kaum. Schaut man sich seine Auftritte mit Spaniens U21 an, dann ist er kaum weiter als 2023.

    Was angesichts des damals schon guten Niveaus nicht bedeutet, dass er keine Rolle mehr in Europa spielen kann. Jedoch wird die Frage aufkommen, ob sein Saudi-Abenteuer ihm in der Entwicklung eher geschadet hat. Bis auf einen ordentlichen Auftritt im März gegen Deutschlands U21, als er ein Tor erzielte, kam beim Verband wenig von ihm.

    Grund genug für Trainer Santi Denia, ihn nicht mal für die Europameisterschaft zu nominieren. Ein Tiefpunkt, der damit zusammenhängen dürfte, dass Veiga in Saudi-Arabien nicht ausreichend gefordert wird, um sich beweisen zu können.

  • Gabri Veiga will jetzt seine Karriere retten

    Was wiederum zu seiner Entscheidung beigetragen haben dürfte, dass er nun zum FC Porto wechselt. Zurück in den Fokus, möglicherweise zurück in die Nationalmannschaft? So einfach wird das nicht sein. Denn für die U21 ist er ab dem kommenden Jahr nicht mehr spielberechtigt und von der A-Mannschaft könnte er kaum weiter entfernt sein.

    Dort ist die Konkurrenz im Mittelfeld enorm. Spanien ist Europameister geworden, erreichte in der Nations League das Finale und ist eingespielt. Es ist nicht gänzlich auszuschließen, dass sich Veiga in Portugal wieder eine Nominierung verdient und diese dann nutzt. Aber klar ist auch, dass sein Weg kürzer hätte sein können, wenn er 2023 eine klügere Wechselentscheidung getroffen hätte.

    Nun also Porto. Immerhin ein Klub, der eine lange Historie mit spielstarken und offensiv ausgerichteten Mittelfeldspielern hat. Veigas Profil passt gut in die Philosophie, die der 30-malige Meister vertritt: ballbesitzorientiert und temporeich. In der portugiesischen Liga wird Veiga nicht direkt auf höchstem, aber auf einem ausreichend hohen Niveau einsteigen.

    Das macht den Wechsel womöglich einfacher für den Rechtsfuß. Es nimmt den Druck aber nicht komplett raus. Veiga muss möglichst schnell wieder auf sich aufmerksam machen, um die große Karriere doch noch zu starten, die er in einem alternativen Szenario hätte haben können.

    Toni Kroos dürfte sich ins Fäustchen lachen, sollte er von dieser Geschichte mitbekommen. Seine Behauptung, dass junge Spieler ihre Karriere gegen Geld tauschen, wenn sie diesen Schritt gehen, könnte sich bei Veiga bewahrheiten. Es wird zumindest interessant zu sehen, wie viel der 23-Jährige tatsächlich eingebüßt hat in den zwei Jahren, die sportlich wenig Wert für ihn hatten.