Dietmar HamannIMAGO / Jan Huebner

Spielt Real Madrid "viel intelligenter" als der FC Bayern? Jan-Christian Dreesen kontert überraschende Kritik von Dietmar Hamann

Irgendwann landete der Vorstandsvorsitzende Jan-Christian Dreesen im Zuge seiner allumfassenden Rede auf der Jahreshauptversammlung am Sonntag bei Harry Kane. Dessen erster großer Titel, die unaufhörliche Rekordjagd und so weiter, alles klar. "Aber auch sein mannschaftsdienliches Spiel ist vorbildlich", lobte Dreesen. "In der Mannschaft gibt es nur einen, der mehr läuft als er - und der heißt Joshua Kimmich."

  • Dazu die Statistiken: Kane absolvierte bei den bisherigen neun Bundesligaspielen 87,84 Kilometer, Kimmich kommt auf 97,34. Das macht Platz eins beim FC Bayern und Platz 17 im ligaweiten Ranking. Spitzenreiter ist übrigens Louis Oppie vom FC St. Pauli mit 107,05 Kilometern. Kane, Kimmich, Kilometer. Nun wurde Dreesen allgemein: "Überhaupt läuft in der Bundesliga kein Team mehr als das unsere." 

    Stimmte zu diesem Zeitpunkt, am Sonntagnachmittag zog die TSG Hoffenheim in der Lauf-Tabelle aber noch knapp vorbei. Sie führt nun mit 1102 Kilometern vor dem FC Bayern mit 1098. Die Münchner laufen im Schnitt also 122 Kilometer pro Spiel. Höchst bemerkenswerte Zahlen - denn für gewöhnlich lassen dominante, spielstarke, erfolgreiche Mannschaften wie der FC Bayern im Zweifel lieber den Ball laufen als die Beine. Bei den Münchnern läuft aktuell aber einfach alles.

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  • FC Bayern München v Bayer 04 Leverkusen - BundesligaGetty Images Sport

    FC Bayern: Vincent Kompany erklärt sein System

    Was es mit dieser Herangehensweise auf sich hat, wurde Trainer Vincent Kompany neulich bei einer Pressekonferenz gefragt. "Es hängt davon ab, wie du Ballbesitz haben willst. In unserem Fall ist er sehr aktiv. Deshalb sind die meisten Meter, die wir machen, im eigenen Ballbesitz", erklärte der Trainer. "Man kann die klassische Idee von Positionsspiel haben, also dass die Spieler zwischen den Linien in Positionen auf den Ball warten. Oder man macht eine Mischung aus Positionsspiel und Aktivität, was ich bevorzuge." 

    In Kompanys Augen "macht es das schwieriger für die verteidigende Mannschaft", denn: "Es fordert die Defensive, Entscheidungen zu treffen. Wenn du einen Lauf hinter dir hast, ist das Erste, was du als Verteidiger überlegen musst: Decke ich den Läufer, oder decke ich meinen Mann? Wenn die Verteidiger immer wieder diese Entscheidungen treffen müssen, machen sie an irgendeinem Punkt Fehler." 

    Schon in der vergangenen Saison lief Kompanys Mannschaft in der Bundesliga am drittmeisten aller Klubs. Interessant ist vor allem der Anstieg von 134 Kilometern im Vergleich zur Saison 2023/24. Damals belegte Thomas Tuchels FC Bayern in der Lauf-Tabelle den allerletzten Platz - und Bayer Leverkusen gewann den Meistertitel. Schlusslicht waren die Münchner aber auch in der Saison 2020/21, als sie mit Hansi Flick dennoch triumphierten. Bei den Erfolgen unter Julian Nagelsmann und Niko Kovac landeten sie jeweils im (unteren) Mittelfeld.

  • Jan-Christian Dreesen kontert die Vorwürfe von Dietmar Hamann

    Fest steht: Titel können auch mit weniger Aufwand klappen. Behindert zu viel Laufleistung vielleicht sogar die Erfolgschancen? Damit zu Dietmar Hamann, der sich bereits kritisch über die Münchner Dauerläufer geäußert hat. Und zwar nach der Gala gegen den FC Pafos in der Champions League Anfang Oktober, als der FC Bayern heillos unterlegene Zyprioten nicht nur 5:1 nach Toren besiegte, sondern auch 121:113 nach Kilometern. 

    "Wenn man - wie gegen Pafos - gegen einen Gegner spielt, der zwei bis drei Klassen schlechter ist, 5:1 gewinnt und alles unter Kontrolle hat, darf man sich läuferisch nicht so verausgaben", befand Hamann anschließend. "Ich weiß nicht, ob das jugendlicher Enthusiasmus ist. Aber solch eine körperlich unnötige Zusatzleistung kann sich im Frühjahr, wenn man seine Kräfte wirklich nötig hat, brutal rächen." 

    Laut Hamann sollten sich die Münchner Real Madrid als Vorbild nehmen. Die Königlichen liefen beim zeitgleichen Sieg gegen Kairat Almaty nur 110 Kilometer. "Das ist viel intelligenter. Ich denke, das ist ein Fakt, der nicht unerheblich ist in der Endabrechnung. Aber es ist aktuell auch das einzige Haar in der Suppe."

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  • FC Bayern München v Bayer 04 Leverkusen - BundesligaGetty Images Sport

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    Dreesen scheinen Hamanns Mutmaßungen derweil nachhaltig verärgert zu haben. Anders ist nicht zu erklären, dass er bei seiner JHV-Rede einen Monat später darauf einging. Nach seiner Eloge auf die Laufleistungen von Kane und der ganzen Mannschaft, rief er energisch: "Wenn sogenannte Experten darüber fabulieren, dass es mit dieser Ineffizienz, weil wir viel zu viel laufen, nicht langfristig auch ein Nachteil sein kann, dann sag’ ich nur: Wartet mal ab!"

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