Jürgen Klopp 2025Getty

Selbst Klopp scheitert an der absoluten Irrelevanz: Monatelanger Zirkus bei RB Leipzig wie beim FC Bayern - und niemanden interessiert es

Die Attraktivität und Außendarstellung von RB Leipzig hat in den vergangenen Monaten mächtig gelitten. Das liegt in allererster Linie natürlich an der schwachen Saison. In der Champions League verloren die Sachsen sieben von acht Spielen, in der Bundesliga wurde man Siebter - und verpasste damit erstmals seit dem Aufstieg 2016 die Teilnahme am internationalen Geschäft.

  • Für den ambitionierten Klub war das schon Ende März zu viel. Nach 124 Pflichtspielen an der Seitenlinie und einem Punkteschnitt von 1,85 setzte man Trainer Marco Rose vor die Tür. Dass dann auch am 23. Juni noch kein Nachfolger präsentiert werden konnte, davon dürften sie in Leipzig alle nicht ausgegangen sein.

    Ob dies nun ausschließlich an der geschmälerten Anziehungskraft liegt, vermag man schwer zu beurteilen. Doch dass sich so lange bei einem Verein, der für gewöhnlich regelmäßig international spielt, modernen Fußball bietet und sehr gute Gehälter zahlt, kein Trainer findet, der mit Überzeugung übernimmt, kommt überraschend.

    Leipzigs Trainersuche ist trotz des Netzwerks von Red-Bull-Fußballkopf Jürgen Klopp vielmehr zu einem monatelangen Zirkus verkommen. Exakt ein halbes Dutzend Namen geisterte durch die Presse: Cesc Fabregas von Como 1907 war vermutlich zu lange der Wunschkandidat, auch bei Sebastian Hoeneß (VfB Stuttgart), Oliver Glasner (Crystal Palace), Jacob Neestrup (FC Kopenhagen) und dem vereinslosen Roger Schmidt versuchte man es. Ganz zum Schluss wurde noch Al-Ahly-Coach Matthias Jaissle gehandelt.

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  • Ole WernerGetty Images

    Ole Werner war ursprünglich gar kein Kandidat für Leipzig

    Der ehemalige Salzburger Trainer hätte wie Hoeneß, Glasner und Schmidt eine RB-Vergangenheit gehabt. Jaissle kam jedoch nur ins Spiel, weil der anvisierte Deal mit Ole Werner zu scheitern drohte. Werner, der erst kürzlich bei Werder entlassen wurde, da er seinen Vertrag nicht mehr verlängern wollte, tauchte nach den vorherigen Absagen unverhofft am Horizont auf - zu Beginn der Trainersuche war er noch nicht einmal eine mögliche Alternative.

    Dem Vernehmen nach ist nun alles geregelt mit Werner. Das dürfte für ein großes Aufatmen im Verein sorgen, allerdings wird der 37-Jährige seine Zeit in Leipzig unzweifelhaft mit dem Stempel "Notlösung" beginnen. Dabei ist er das gar nicht.

    Werner ist ein guter Trainer, der in seinen bisherigen fünf Spielzeiten auf Profiniveau bei Holstein Kiel und zuletzt in Bremen überzeugende Arbeit ablieferte. Ob er bei RBL in der Lage sein wird, den gewollten Umbruch souverän zu moderieren und eine neue spielerische Kultur zu implementieren, damit beides am Ende in die angestrebte Rückkehr in die Königsklasse mündet, steht freilich auf einem anderen Blatt.

  • Bayer 04 Leverkusen v FC Bayern München - UEFA Champions League 2024/25 Round of 16 Second LegGetty Images Sport

    Leipzigs Bayern-ähnliche Trainersuche findet kaum Beachtung

    Skurril an der langen Trainerfindungsphase der Leipziger ist, wie wenig sie deutschlandweit in der einschlägigen Sport-Berichterstattung Beachtung fand. Das fiel gerade auch deshalb auf, weil noch vor einem Jahr ein weiterer Bundesligaklub dasselbe Schlamassel durchmachen musste.

    Der FC Bayern München hatte vor der Verpflichtung von Vincent Kompany für die Nachfolge von Thomas Tuchel bei Xabi Alonso, Julian Nagelsmann, Ralf Rangnick, Unai Emery und den in Leipzig bekannten Hoeneß, Schmidt sowie Glasner angefragt - jeweils erfolglos. Das Schauspiel zog sich über Wochen und fand in voller Öffentlichkeit statt.

    Es gab Wasserstandsmeldungen im gefühlten Minutentakt, Sportsendungen richteten Sonderschalten ein und selbst politisch geprägte Talkrunden streiften teilweise das Thema. Jeder Rückschlag bei der Suche wurde tagelang durchdekliniert, mit Experten diskutiert und von Fans heiß debattiert. Bayerns Trainersuche wurde zu einem nicht enden wollenden Sommermärchen mit tragikomischem Anstrich.

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  • VfB Stuttgart v RB Leipzig - DFB Cup: Semi FinalGetty Images Sport

    RB Leipzig bleibt für die sportinteressierte Mehrheit wenig relevant

    Im Fall Leipzig herrschte dagegen weitgehend Schweigen, obwohl sich die Taktung der Absagen ähnelte und die Roten Bullen bei den Sky-Zuschauerzahlen laut Sport Bild in der Vorsaison immerhin auf Platz sieben aller Bundesligisten lagen (358.400 Zuschauer im Schnitt). Mit der speziellen Stellung im Fußballkosmos polarisiert Leipzig zwar weiter. Das öffentlich geringe Interesse an der ausgeuferten Trainersuche belegt jedoch zugleich, wie wenig relevant der Klub für die sportinteressierte Mehrheit ist.

    Man stelle sich nur ein solches Spektakel bei Hertha BSC, dem Hamburger SV oder dem FC Schalke 04 vor. Es wäre unter Garantie größer und emotionaler diskutiert worden, obwohl die Leipziger gegenüber den genannten Traditionsklubs mittlerweile sportlich zweifellos deutlich etablierter sind.

  • Xavi Simonsimago images

    RB Leipzig ist für viele ein Fremdkörper in der Bundesliga

    Doch genau das ist der Punkt: Leipzig ist zwar DFB-Pokalsieger 2022 sowie 2023 und war zuletzt regelmäßiger CL-Teilnehmer, die Strahlkraft des Vereins bleibt dennoch arg begrenzt. Das liegt an der jungen Vereinsgeschichte (Gründung 2009), dem nach wie vor oft kritisch diskutierten Red-Bull-Konstrukt und der emotional wie historisch geringen Identifikation der Menschen mit dem Verein.

    Leipzig ist für viele Fans weiterhin ein Fremdkörper in der Bundesliga - professionell geführt, sportlich überaus erfolgreich, aber eben ohne Seele. Geschichten von Pathos, Tragödien und Triumphen, die seit Jahrzehnten den Fußball ausmachen, erzählt RBL nicht.

    Dass die Trainersuche kaum Resonanz erzeugte, ist somit kein Zufall. Es ist das Spiegelbild der gesellschaftlichen Stellung des Vereins.

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