Saudi-Arabien: Cristiano Ronaldo und Al-Nassr erleiden bitterböse Liga-Niederlage gegen Al-Hilal - der Titel ist damit wohl futsch

Cristiano Ronaldo konnte es einfach nicht auf sich sitzen lassen. Es war ein besonders aufgeladenes Spiel, in dem der Al-Nassr-Star gegen Tabellenführer Al-Hilal klar und deutlich 0:3 verlor. CR7 wurden zwei Tore wegen Abseits aberkannt und er bekam keinen Elfmeter trotz einem Zusammenstoß mit dem gegnerischen Keeper Yassine Bounou. Dadurch war die Niederlage für den 38-Jährigen nur noch ärgerlicher. Im Tunnel wurde er dann sogar noch in einen heftigen Streit mit dem Vorsitzenden von Al-Hilal, Fahad Bin Nafel, verwickelt.

Schließlich stapfte er zurück in die Umkleidekabine. Dort wird er über das Ergebnis und die bisherige Saison seiner Mannschaft nachgedacht haben und wahrscheinlich zu dem Schluss gekommen sein, dass sein Traum vom ersten Titel in der saudi-arabischen Liga bereits außer Reichweite ist - und das nach weniger als der Hälfte der Saison 2023/24.

  • Talisca Nassr 2023Getty

    Al-Nassr stand trotz Rückschlägen immer wieder auf

    Die unglaubliche Serie von 20 Spielen ohne Niederlage, die Al-Nassr vor der heftigen, wenn auch umstrittenen Niederlage gegen Al-Hilal hingelegt hatte, sorgt dafür, dass das Ergebnis noch mehr schmerzt. Nach dem Gewinn des Arab Club Champions Cups im Sommer 2023 begann die Saison in der Pro League fürchterlich. In den ersten beiden Spielen gab es Niederlagen gegen Steven Gerrards Al-Ettifaq und den Außenseiter Al-Taawoun.

    Seitdem hat die Mannschaft von Trainer Luis Castro jedoch sowohl in der Liga als auch in verschiedenen Pokalwettbewerben eine nahezu perfekte Leistung gezeigt. Nach diesem Rückschlag zu Beginn der Saison folgte eine Siegesserie von zehn Spielen, darunter zwei Triumphe in der Gruppenphase der AFC Champions League und ein dramatischer 4:3-Sieg gegen Al-Ahli.

    Mit dem enttäuschenden 2:2-Unentschieden gegen Abha Anfang Oktober war der Wind etwas aus den Segeln genommen, doch Al-Nassr zeigte erneut eine hervorragende Reaktion und gewann die nächsten acht Spiele.

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  • Cristiano Ronaldo Al-Nassr 2023-24Getty

    Cristiano Ronaldo: Der Schlüsselspieler bei Al-Nassr

    Das Herzstück der Serie und des Vereins ist natürlich Ronaldo. Bevor die Saison richtig losging, hatte er seinem Team bereits zum Gewinn des Arab Club Champions Cup verholfen, indem er im Finale beim 2:1-Sieg von Al-Nassr gegen Al-Hilal nach Verlängerung zwei Treffer erzielte.

    Doch bei diesem Spiel verletzte er sich und verpasste den Liga-Auftakt. Auch bei der Niederlage gegen Al-Taawoun zeigte er sich nicht von seiner besten Seite, doch diese Trägheit wurde bald abgeschüttelt; der 38-Jährige legte am dritten Spieltag mit einem großartigen Hattrick gegen Al-Fateh los.

    Ronaldo brachte damit die Kritiker zum Schweigen, die meinen, er sei zu alt, um regelmäßig Tore zu erzielen. Seit diesem Dreierpack hat er in nur drei der folgenden 12 Pro-League-Spiele nicht mehr getroffen. Auch beim Champions-League-Sieg gegen Al-Duhail gelang ihm ein wichtiger Doppelpack.

    Aber nicht nur die Tore sind wichtig. Wie Al-Nassr-Trainer Luis Castro zu Beginn der Saison erklärte, ist auch seine Führungsrolle von großer Bedeutung. "Er konzentriert sich sehr auf die tägliche Arbeit. Er überträgt eine ansteckende Energie auf das Spiel und auf seine Mitspieler", sagte Castro im August. "Er verhält sich in jeder Sekunde des Tages wie ein Kapitän. Essen, Ausruhen, Schlafstunden, er hat die totale Kontrolle über seinen Körper. Auf dem Spielfeld ist er DER Spieler. Er kann bis an seine eigenen Grenzen gehen."

  • Ali Albulayhi Hilal Otavio Nassr 2023-2024Getty

    Al-Nassr wird von Al-Hilal vorgeführt

    Aleksandar Mitrovic ist einer der wenigen Spieler, die Ronaldo in der Torschützenliste der Profiliga noch auf den Fersen sind. Und passenderweise war es der Al-Hilal-Talisman, der seinem Hauptkonkurrenten um den Goldenen Schuh am 1. Dezember einen herben Rückschlag im Titelrennen zufügte.

    Vor dem Spiel war die Lage noch völlig offen - Ronaldo und Co. lagen nur vier Punkte hinter dem Tabellenführer. Aber es lief einfach nicht für Al-Nassr. Mit 64 Prozent Ballbesitz dominierten sie zwar das Spielgeschehen, kamen aber mit der harten Spielweise der Mannschaft von Trainer Jorge Jesus nicht zurecht.

    Vor allem Ronaldo hatte es schwer gegen den erfahrenen Abwehrspieler Ali Al-Bulayhi, der schon Lionel Messi bei der Weltmeisterschaft 2022 ähnlich gut am Toreschießen gehindert hatte. Später sah Al-Bulayhi sogar noch die Rote Karte.

    Sergej Milinkovic-Savic brachte Al-Hilal Mitte der zweiten Halbzeit mit einem perfekt getimten Kopfball in Führung, bevor sein serbischer Landsmann Mitrovic mehrere gegnerische Spieler ausdribbelte und das 2:0 erzielte. Der ehemalige Fulham-Spieler erzielte zwei Minuten vor dem Ende mit seinem zweiten Treffer den Endstand.

    Das war ein schwerer Schlag für Al-Nassr. Obwohl das 0:3 wahrscheinlich nicht ganz den Spielverlauf widerspiegelte, war Ronaldo nie wirklich im Spiel, während sein Sturmpartner Anderson Talisca einen seltenen schlechten Tag vor dem Tor hatte und sieben Schüsse abgab, ohne ins Netz zu treffen. Auch der frühere Bayern-Star Sadio Mané zeigte sich nicht von seiner besten Seite.

  • Aleksandr Mitrovic Al HilalGetty Images

    Al-Hilal: Kein Neymar, kein Problem

    Die Enttäuschung bei Al-Nassr könnte nicht größer sein als die Freude in der Umkleidekabine von Al-Hilal. Durch den Sieg hat das Jesus-Team diese nun sieben Punkte Vorsprung auf seinen Rivalen, ist weiterhin ungeschlagen und hat die meisten Tore geschossen und die wenigsten kassiert.

    Nach einem wilden Sommer, in dem Spieler wie Malcom, Ruben Neves und Kalidou Koulibaly nach Riad gewechselt sind, wurde zwar viel erwartet, doch die Leichtigkeit, mit der man sich von seinen Konkurrenten absetzen konnte, war durchaus überraschend nach dem massiven Rückschlag, den der Klub im Oktober hinnehmen musste.

    Man darf nicht vergessen, dass Al-Hilal seine nahezu makellose Bilanz ohne seinen Starspieler Neymar errungen hat, der sich im Herbst während eines Länderspiels mit Brasilien eine schwere Kreuzbandverletzung zuzog.

    Die Mannschaft von Trainer Jesus hat sich von diesem Rückschlag jedoch nicht aus der Bahn werfen lassen. Der erfahrene Kapitän Salem Al-Dawsari hat auf der Neymar-Position des linken Flügelspielers sieben Tore und zwei Assists beigesteuert.

    Mitrovic hat mit seiner Treffsicherheit allerdings den wohl größten Beitrag geleistet. Lange Zeit sah es so aus, als würde der 29-Jährige bei Fulham bleiben, doch die Saudis gaben sich nicht geschlagen und wurden dafür belohnt. Der Stürmer erwies sich bisher als die klügste Verpflichtung des gesamten Sommertransferfensters der Liga.

  • Karim BenzemaGetty

    Ist Al-Hilal überhaupt noch aufzuhalten?

    Jesus und seinen Spielern gebührt zwar große Anerkennung dafür, dass sie sich so deutlich von ihren Konkurrenten abgesetzt haben. Aber es ist nicht zu übersehen, dass ihre Dominanz durch die Unfähigkeit der übrigen "Großen Vier" begünstigt wurde.

    Al-Nassr musste in den ersten Wochen der Saison zwei Niederlagen einstecken und auch Al-Ahli und Al-Ittihad hatten einen schwierigen Start, obwohl sie ihre Kader im Sommer mit europäischen Topspielern aufgestockt hatten.

    Karim Benzema war die beeindruckendste Verpflichtung eines saudischen Klubs seit Ronaldo. Bei Al-Ittihad hatte der Franzose aber bisher eine durchwachsene Zeit, da er sich mit dem kürzlich entlassenen Trainer Nuno Espirito Santo zerstritten hatte und sich eine Verletzung zuzog. Es liegt nicht nur an Benzema. Aber auch die Unruhen haben dazu beigetragen, dass Al-Ittihad nach 15 Spielen 13 Punkte hinter Al-Hilal liegt.

    Die Probleme des Franzosen sind jedoch nichts im Vergleich zu denen von Al-Ahlis wichtigstem Spieler Roberto Firmino. Nach einem fulminanten Start mit drei Treffern am ersten Spieltag hat der Ex-Liverpooler kein einziges weiteres Tor mehr erzielt. In den einheimischen Medien steht er im Kreuzfeuer der Kritik. Viele machen ihn für die schlechte Form seiner Mannschaft verantwortlich, die derzeit einen Rückstand von elf Punkten auf den Tabellenführer hat.

    Auch die anderen Neuzugänge Merih Demiral, Edouard Mendy und Allan Saint-Maximin haben nach einem starken Start eine schwache Leistung gezeigt und benötigen nun ein kleines Wunder, um in dieser Saison noch oben anzugreifen.

  • Cristiano Ronaldo Al-Nassr 2023-24Getty Images

    Im Normafall wird es kein Titelrennen geben

    Ist das Rennen um den Titel in Saudi-Arabien also schon vorbei? Im Sommer schien die Aussicht, dass einige der weltbesten Fußballer einen Vierkampf um die Trophäe anführen würden, verlockend. Aber die Dinge haben sich einfach nicht so ergeben.

    Jetzt scheint es, als ob Ronaldo und Co. die einzige Partei sind, die Al-Hilals Durchmarsch zum Titel noch aufhalten könnte. Doch die 0:3-Klatsche hat gezeigt, dass selbst das unwahrscheinlich ist. Al-Hilal scheint einfach zu clever, zu kaltschnäuzig und zu fokussiert zu sein, um sich die Trophäe entreißen zu lassen.

    Für Ronaldo ist es eine schwierige Situation, die er akzeptieren muss. Als er Ende 2022 die saudische Fußballrevolution einleitete, verkündete er kühn, er sei zu Al-Nassr gekommen, um "Fußball zu genießen und Titel zu gewinnen". Nach seinem verwirrten Gesichtsausdruck in der Halbzeitpause des Spiels gegen Al-Hilal zu urteilen, hat er sich vielleicht dem falschen saudischen Verein angeschlossen, um diese Ziele zeitnah auch zu erreichen.

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