Vinicius Junior Real Madrid 2025Getty Images

Real Madrid ist nur noch König der Heulsusen

Mittlerweile kennt sie fast jeder Instagram- oder TikTok-Nutzer zur Genüge. Man stößt unweigerlich auf sie, sollte man sich in die Abgründe der Social-Media-Plattformen und in den Video-Scroll-Modus begeben. Irgendwann taucht sie auf. Lautstark, aggressiv, peinlich, fast schon an der Grenze zur Gewalttätigkeit. "Karen".

"Karen", das ist eine nervige Querulantin, die auf offener Straße Menschen wegen Lappalien oder gar völlig grundlos anschreit, beleidigt und ihnen droht. Sie besteht darauf, immer im Recht zu sein. Das Motto "Wer schreit, hat Unrecht" wandelt sie in ihrer Welt ins Gegenteil um. Je lauter, desto besser.

  • Darum ist Real Madrid die neue "Karen" des Weltfußballs

    Sie kommt meist privilegiert daher, fährt ein großes Auto. Schmeißt sich auch mal gern vor Wut auf den Boden und spielt vor, tätlich angegriffen worden zu sein, obwohl sie klar die Aggressorin ist.

    Diese Videos von "Karen" (hier geht's zu einem Beispiel) sind ebenso wenig zu ertragen wie das, was Real Madrid in den vergangenen Monaten zur Schau gestellt hat. Die Königlichen verkommen immer mehr zu den - Entschuldigung für die harte Wortwahl - Heulsusen. Real ist die neue "Karen" des Weltfußballs. Privilegiert, unangenehm, laut, peinlich, aggressiv, weinerlich - und immer im selbst eingebildeten Recht.

    Schon das, was die königliche "Karen" im vergangenen Oktober im Vorfeld des Ballon d’Or veranstaltete, kam einem beispiellos unangenehmen Schauspiel gleich.

    Nur, weil ihr Spieler Vinicius Jr. das Nachsehen bei der Wahl gegenüber Rodri hatte und sie diesbezüglich offenbar eine gewisse Vorahnung umtrieb, boykottierte die gesamte Delegation die Veranstaltung, obwohl man sogar als beste Mannschaft und Carlo Ancelotti als bester Trainer ausgezeichnet wurde.

    Der Klub veröffentlichte sogar ein Statement, beschwerte sich massiv über die Respektlosigkeit, Vincius Jr. nicht zum Weltfußballer gemacht zu haben. Dabei waren es die Madrilenen, die absolut keinen Respekt gegenüber der Veranstaltung und besonders gegenüber Rodri zeigten. Eine typische "Karen" eben.

  • Werbung
  • FBL-AWARD-BALLON D'OR-2024AFP

    Real Madrid sorgt mit Schiedsrichter-Kritik für Realsatire - hat aber einen Punkt

    Und weil Real eben genau diese Internet-Spezies im Fußball verkörpert, konnte der Klub einfach nicht anders und forderte nach einer Niederlage gegen Abstiegskandidat Espanyol in einem natürlich selbst veröffentlichten vierseitigen Pamphlet gleich mal eine "vollständige" Reform des Schiedsrichterwesens in LaLiga. Dies sei "korrupt" und benachteilige die Königlichen ständig und massiv.

    Es mutet fast schon wie Realsatire (haha) an, dass sich ausgerechnet die Königlichen, die allein in den vergangenen zehn Jahren immer wieder auch von fragwürdigen Entscheidungen der Referees gerade in der Champions League maximal profitiert haben (fragt mal bei Juventus oder Bayern nach), über einzelne Schiedsrichterentscheidungen beschweren.

    Im Kern haben die Königlichen mit ihrem Anliegen auf Liga-Ebene sogar Recht und eine Reform täte dem spanischen Fußball gut. Schließlich gibt es aus Kostengründen nach wie vor keine Torlinientechnik und das Schiedsrichtersystem in Spanien wird durchaus als intransparent angesehen.

    So haben gravierende Fehlentscheidungen - die in jeder Liga vorkommen und von denen jedes Team mal betroffen ist - anders als beispielsweise in der Bundesliga keine Konsequenzen für die Referees. Dass Zweifel an der Qualität im spanischen Schiedsrichterwesen durchaus angebracht sind, zeigt auch die EM im vergangenen Jahr.

    Dort war lediglich Jesús Gil Manzano aus Spanien vertreten und durfte nach nur einem Spiel wieder die Heimreise antreten, nachdem ihm und seinem Gespann im Vorrundenspiel zwischen Österreich und Frankreich (0:1) ein spielentscheidender Fehler unterlaufen war.

  • FBL-ESP-LIGA-REAL MADRIDAFP

    Real Madrid fällt "Karen"-Charakter auf die Füße: Niemand hört mehr zu

    Real hat also diesmal sogar einen Punkt, schneidet sich aber durch dieses "Karen"-artige Verhalten ins eigene Fleisch. Denn: Einer "Karen" hört niemand zu - in den Videos gehen oder fahren die belästigten Personen einfach weg und lassen "Karen" vor Wut kochend stehen.

    Die Königlichen haben mit ihrem ständig unangenehmen Gebahren - insbesondere bei der Weltfußballer-Wahl oder der Super-League-Causa - an Reputation und auch an Glaubwürdigkeit eingebüßt. Das fällt ihnen nun in der Schiedsrichter-Debatte auf die Füße, weil niemand mehr zuhört.