In Dortmund wurde diesen Sommer viel über den Kader diskutiert. Nach einer ergebnistechnisch starken Rückrunde wurde aber wenig darüber geredet, was Niko Kovac noch besser machen könnte. Im Mittelfeld hat der BVB-Trainer einige spielstarke Spieler zur Verfügung. Pascal Groß, Marcel Sabitzer, Felix Nmecha, Julian Brandt und auch Neuzugang Jobe Bellingham haben allesamt unterschiedliche Profile, sind aber technisch ausreichend begabt, um in engen Räumen zu bestehen.
Kovac aber meidet solche Situationen. In München sagte er als Trainer des talentiertesten Kaders des Landes einst sinngemäß, dass man eben über die Außenbahn spielen müsse, wenn die Mitte dicht ist. Ein Satz wie eine Resignation vor spielerischer Kreativität. Der 53-Jährige ist gut darin, einer Mannschaft frischen Wind einzuhauchen, sie fit zu machen und ihr vor allem auf der berühmten mentalen Ebene Stabilität zu geben.
Aber es hat Gründe, dass Kovac nur einmal länger als zwei Jahre Trainer eines Klubs war: Zwischen 2016 und 2018 in Frankfurt. Nach erfolgreicher Anfangsphase ging es oftmals schnell bergab. Und das hat unter anderem taktische Gründe. Kovac meidet das Zentrum, lässt lieber über die Flügel spielen. Es gibt in der Analyse heutzutage sogenannte "Passmaps", die visualisieren, welche Spieler mit wem am meisten Verbindungen in Form von Pässen geknüpft haben – und wie sie im Schnitt auf dem Feld positioniert waren.
Dortmunds Passmap sieht in der Regel aus wie ein "U". Das Zentrum ist wenig eingebunden, die Innenverteidiger haben dicke Pfeile nach rechts und nach links, die signalisieren, dass sie nur selten Anspielstationen im zentralen Mittelfeld haben oder suchen. Der Vorteil dieser Spielidee ist, dass das Risiko des Ballvortrags gering ist. Der Nachteil ist, dass der Gegner sich darauf sehr einfach einstellen kann. Geht der Ball früh auf die Außenbahnen, stehen Gegenspieler den Angreifern schnell auf den Füßen. Das Zentrum verwaist und das Spiel wird langsam und statisch.
Besonders gut zu sehen waren die Limitationen an den schwachen Zahlen der zentralen Mittelfeldspieler. Jobe Bellingham kam in 45 Minuten nur auf 27 Ballkontakte und zwölf Pässe. Marcel Sabitzer hatte als Sechser nur 40 Ballkontakte, Pascal Groß kam immerhin auf 58. Daniel Svensson hatte als linker Außenspieler mehr als sie alle, nämlich 66.