Premier League: Fünf Titel in sechs Jahren für Pep Guardiola - ein Albtraum für die Liga

Manchester City sieht sich derzeit mit mehr als 100 Vorwürfen konfrontiert, zwischen 2009 und 2018 gegen die Finanzvorschriften der Premier League verstoßen zu haben - und kämpft dagegen an. Viele Fans glauben jedoch, dass der Verein Opfer einer Verschwörung geworden ist. Und warum? Weil die Dominanz von City die Premier League in eine sehr gefährliche Lage gebracht hat.

Die englische Eliteliga hat sich den Fans auf der ganzen Welt gekonnt als "die beste Liga der Welt" verkauft, weil sie die spannendste und beste sei. Es war meist ein Theaterstück ohne Drehbuch, völlig unvorhersehbar - weil vier oder fünf Teams auf dem gleichen Niveau zu sein schienen. Auf dieser Illusion wurde eine milliardenschwere Marke aufgebaut, doch der fünfte Titel in sechs Spielzeiten von Manchester City hat gezeigt, wie brüchig das Fundament ist.

Martin Tyler, der seit drei Jahrzehnten für die Berichterstattung von Sky Sports verantwortlich ist, tut wie viele andere einflussreiche Persönlichkeiten in den englischen Medien sein Bestes, um die Illusion des Interesses aufrechtzuerhalten. "Ein großer Reiz der Premier League ist, dass es keine Liga mit nur einer Mannschaft ist", betonte er ohne eine Spur von Ironie an dem Tag, an dem Arsenal unweigerlich der Überlegenheit von City erlag. Was für eine Verblendung - auf ähnlichem Niveau wie die Annahme, dass Frank Lampard eine vernünftige Interimslösung für Chelsea wäre und, dass Saudi-Arabien keine staatliche Beteiligung an Newcastle United habe.

So "schlimm" wie die Bundesliga-Dominanz des FC Bayern (2013-2022) oder die von Juventus Turin in der Serie A (2012-2020) ist es zwar noch nicht - aber City und die Premier League sind auf dem Weg dorthin.

  • Erling Haaland TV camera Manchester City Premier League 2022-23Getty

    Die Premier League ist bereits eine Super League

    Fußballfans sind ein treuer Haufen, besonders in England. Obwohl es die "Big Six" gibt und es für fast alle anderen Teams langfristig um den Klassenerhalt geht, sind ihre Stadien ausverkauft. Dort herrscht meistens eine gute Stimmung, wenngleich diese nichts mit einer Stadionatmosphäre in südlicheren Ländern gemein hat.

    Doch weltweit schauen Fans die Premier League und bescheren den Vereinen TV-Gelder, von denen jede andere Top-5-Liga nur träumen kann. Das ist der Grund, warum Real Madrids Florentino Perez eine Super League will. Auch er möchte so hohe Einnahmen.

    Der neueste US-Vertrag bringt allein 2,5 Milliarden (nicht Millionen) Euro bis 2028 ein. Und die meisten Fans dort wollen nicht Brighton, Aston Villa oder Crystal Palace sehen, sondern Manchester United, Liverpool und Chelsea.

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  • Min-jae Kim Napoli 2023Getty

    Premier League: Verlust ihrer Attraktivität

    Das ist jedoch aufgrund des anhaltenden Erfolgs von City an sich schon ein potenzielles Problem. Warum sollten andere Fans der "Bix Six" weiterhin Woche für Woche einschalten, wenn sie schon vor Saisonbeginn wissen, wer den Titel gewinnen wird? Unvorhersehbarkeit macht nicht nur den Reiz der Premier League aus - sie ist das Wesen des Sports. Bundesliga-Fans werden zustimmen.

    Die Serie A hat viele Probleme, aber einer der Hauptgründe für den Preisverfall der Fernsehrechte war der Gewinn von neun Scudetti in Folge durch Juventus. Die Tatsache, dass es in den letzten drei Jahren drei verschiedene Gewinner gab, hat - zusammen mit den internationalen Erfolgen der Klubs - dazu geführt, dass der Calcio zurück ist!

  • Kevin De Bruyne Manchester City 2022-23Getty Images

    Eine Ein-Team-Liga

    Und so war der erneute Gewinn der Premier League von Manchester City alles andere als "eine großartige Werbung für die Premier League" - wie es einige vermeintliche Experten behaupteten.

    Vielleicht sind die Citizens die beste englische Fußballmannschaft aller Zeiten - aber dieser Triumph gibt Anlass zur Sorge, nicht zur Freude.

    Die Meister vieler Ligen holen heutzutage über 80 Prozent ihrer Punkte. Das macht sie langweilig.

    Das Wunder von Leicester im Jahr 2016 scheint leider schon ewig her zu sein. Die Premier League freute sich über das 5.000:1-Märchen der Foxes, denn es bedeutete den vierten Meister in vier aufeinanderfolgenden Spielzeiten. Für sie war es ein krasser - und befriedigender - Gegensatz zur Serie A, der Bundesliga und der Ligue 1, die allesamt als Ligen mit nur einer (dominanten) Titel-Mannschaft abgetan wurden. Doch genau das ist die Premier League inzwischen auch geworden.

  • Pep Guardiola Manchester City 2022-23Getty

    Liverpools Erfolg als Ausnahme

    Kaum hatte Guardiola den englischen Fußball verstanden, begann City, die Rekorde umzuschreiben. 97 bzw. 92 Punkte sind nicht mehr genug, um Meister zu werden. Denn City holt noch mehr.

    Es bedurfte einer historischen, herkulischen Anstrengung einer herausragenden Liverpooler Mannschaft im Jahr 2020, nur um einen Titel zu gewinnen - wofür sie von einigen Anhängern immer noch gefeiert wird.

    Natürlich wird das Gegenargument lauten, dass City das Niveau des englischen Fußballs angehoben habe und dass es nun an den Rivalen liege, es ihnen gleichzutun. Und Liverpool hat offensichtlich bewiesen, dass dies möglich ist. Aber dieser Sieg ist eine Ausnahme in der City-Dominanz.

    Für die übertragenden Sender BT Sport und Sky (in GB wie in Deutschland) ist es besorgniserregend, dass ein Ende dieser Serie nicht in Sicht zu sein scheint. Einige Fans beten sogar, dass Trainer Pep Guardiola endlich geht.

  • Man City ArsenalGetty

    Das neue Natur-Gesetz

    Doch Citys Ölgeldquelle ist unerschöpflich. Trainer und Spieler von Weltklasse-Format werden so lange ins Etihad kommen, wie Abu Dhabi es will. Der Titel wird ihnen praktisch sicher sein.

    Es gab den abwegigen Glauben, dass Mikel Artetas aufregende junge Arsenal-Mannschaft die Liga in dieser Saison gewinnen könnte - bis sie zweimal von City verputzt wurde und am Ende auch gegen kleine Gegner Punkte ließ.

    Nimmt man vier Spieler aus der Startelf von City heraus - wie Guardiola es für das schwierige Spiel gegen Everton tat - werden sie durch Weltklasse-Talente von der besten Bank ersetzt, die die Liga je gesehen hat. Nimmt man jedoch einen Star-Innenverteidiger aus der Arsenal-Startelf heraus (William Saliba), bricht diese komplett zusammen.

    Es scheint das neue Natur-Gesetz zu sein, dass City die Liga gewinnt.

  • Pep Guardiola Manchester City 2021-22 Premier League title celebrationsGetty

    "Ein wahr gewordener Traum"?

    Unter dem Strich kann niemand mit dem Staraufgebot von City über eine ganze Saison hinweg konkurrieren. Auch im FA Cup und der Champions League werden sie wohl zuschlagen - und sich das Triple sichern.

    Wie Guardiola kürzlich erklärte, ist die Jagd nach dem Triple für sein Team "wie ein wahr gewordener Traum". Für die Premier League und ihre übertragenden Sender ist es jedoch die Verwirklichung eines Albtraums, denn trotz aller Bemühungen von Journalisten und Experten müssen die Fußballfans auf der ganzen Welt nun feststellen, dass die wohl beste Liga der Welt eine der langweiligsten geworden ist.