"Vielleicht tut es jetzt gut, dass wir mal aus Dortmund rauskommen", sagte Nico Schlotterbeck nach der 0:2-Niederlage bei RB Leipzig. Dass die Nationalspieler von Borussia Dortmund die arg strapazierten Köpfe frei bekommen während der Länderspielpause, würde dem BVB im Saisonendspurt vermutlich tatsächlich helfen.
Getty ImagesMacht ihn der BVB für Chelsea fit? Dortmunds fragwürdiger Transfer von Carney Chukwuemeka
gettyCarney Chukwuemeka weist erheblichen Rückstand auf
In Dortmund geblieben ist Carney Chukwuemeka - aus gutem Grund. Die Winter-Leihgabe des FC Chelsea, am finalen Tag des Transferfensters verpflichtet, musste schuften. Der körperliche Rückstand des 21-Jährigen war beträchtlich. Schon kurz nach dem Transfer hieß es vonseiten der Dortmunder Verantwortlichen, Chukwuemeka könne keine Soforthilfe sein.
"Wir wissen, dass er aus London kommt, wo er wenig gespielt hat", sagte Trainer Niko Kovac zuletzt: "Er hat nur wenige Minuten in den Beinen und wenig Kraft, um über 90 Minuten zu gehen. Carney hatte immer mal wieder muskuläre Probleme. Wir müssen ihn punktuell aufbauen. Er braucht immer wieder 10, 15, 20 Minuten - vielleicht auch mal eine halbe Stunde. Das ist im Moment möglich. Aber ich würde mir wünschen, dass er bis zum Ende der Saison auch mal über eine längere Zeit gehen kann."
Das sind unmissverständliche Sätze, eventuell gesprochen mit etwas Empörung ob des Ist-Zustandes. Schließlich hatten die Ruhr Nachrichten geschrieben, Kovac sei "erst erstaunt, dann zunehmend verärgert" gewesen, als ihm bewusst wurde, mit welch geringer Fitness Chukwuemeka beim BVB aufschlug.
BVB / SPOXMit welcher Intention hat der BVB Carney Chukwuemeka geholt?
Zieht man nun, etwas mehr als sieben Wochen nach der Ankunft des Spielers, eine Zwischenbilanz, fällt diese mau aus und rückt den Transfer in ein fragwürdiges Licht. Und sie wirft die Frage auf: Mit welcher Intention hat die Borussia Chukwuemeka geholt?
Der Mittelfeldspieler hatte bei Chelsea in der laufenden Saison lediglich 130 Einsatzminuten erhalten, in der Premier League stand er in keinem einzigen Spiel im Kader. In den beiden Spielzeiten zuvor durfte Chukwuemeka insgesamt 254 (2023/24) und 492 Minuten (2022/23) mittun.
Kein Wunder also, dass er ohne Wettkampfpraxis und Spielrhythmus ankam und beim BVB sofort auf die ungewohnte Belastung reagierte. Zwei kleinere Blessuren seitdem an Knie und Muskel verzögerten den Integrationsprozess somit zusätzlich.
GettyDortmund bezahlt Millionen für rund dreieinhalb Monate
Chukwuemeka kam nach Dortmund inmitten einer historischen sportlichen Krise und in einen viel zu kleinen Kader, als ohnehin nur noch 14 Bundesligaspiele zu absolvieren waren. Die Westfalen hofften zu diesem Zeitpunkt schwer auf eine abermalige Qualifikation für die Champions League. Einen Spieler zu verpflichten, der erst mittelfristig eine Hilfe sein kann, ergibt zu diesem späten Zeitpunkt mit Blick auf die Notlage in der Gegenwart nur wenig Sinn.
Laut kicker zahlte der BVB eine Leihgebühr von unter einer Million Euro, übernimmt aber das Gehalt des Spielers, der bei den Blues rund sechs Millionen Euro jährlich erhalten haben soll. Dortmund bezahlt also Millionen für eine rund dreieinhalb monatliche Phase, in der Chukwuemeka überhaupt zum Einsatz kommen kann. Dass er dann wissentlich nicht sofort eine Option für Kovac ist, macht das Ganze ziemlich absurd. Wird die Leihe im Sommer enden, lässt sich drastisch formuliert festhalten: Der BVB hat viel Geld bezahlt, um Chukwuemeka für Chelsea fit zu machen.
Das stellt den am Transfer beteiligten Verantwortlichen wahrlich kein gutes Zeugnis aus. Hauptverantwortlich ist dabei Sportdirektor Sebastian Kehl, auf dessen Mist auch der unausgewogene Kader gewachsen ist. Der schleppende Start von Chukwuemeka ist da nur ein weiteres Teil in einem Puzzle voller Fehleinschätzungen.
GettyCarney Chukwuemeka gibt dem BVB eine "andere Dimension"
Damit der gebürtige Österreicher in dieser kurzen Zeit überhaupt einen Einfluss auf die wankende Truppe hätte haben können, müsste er schon außerordentliche Klasse mitbringen und in der Lage sein, auf Anhieb sowie konstant zu liefern. Das geschah nicht, doch die gute Nachricht ist: Chukwuemeka ist in der Tat ein außergewöhnlicher Spieler, über den Kovac nicht umsonst sagte, "mit seiner Dynamik, mit seiner Technik und mit seiner Geradlinigkeit" gebe er dem BVB eine "andere Dimension".
Denn in den nur fünf Einsätzen über nur 62 Minuten als Borusse hat Chukwuemeka bereits hinreichend angedeutet, dass er tolle Anlagen mitbringt und eine Verstärkung sein kann. Als Zehner oder Achter bewies er Zug zum Tor, gute Bewegungen unter Gegnerdruck und vor allem auch Kreativität, an der es den Dortmundern rund um den gegnerischen Strafraum so häufig mangelt.
Wenn er die Spielpause nun genutzt hat, um physisch mehr auf der Höhe zu sein, wäre das für den BVB daher durchaus wertvoll. Erst recht angesichts der Problematik im Mittelfeldzentrum, in dem neben Felix Nmecha nun auch noch Marcel Sabitzer wochenlang ausfallen wird. Kovac sieht Chukwuemeka zudem als Option für die Außenbahnen.
imago imagesCarney Chukwuemeka kämpft beim BVB auch um seine Zukunft
Er kämpft in diesen finalen Wochen der Spielzeit auch um seine Zukunft. Dortmund besitzt eine Kaufoption über rund 35 Millionen Euro. Chukwuemeka, bei Chelsea noch bis 2028 unter Vertrag, würde somit der Rekordtransfer des Klubs. Doch es wäre freilich ein enormes Risiko, diesen hohen Betrag in ein ungelöstes Versprechen zu investieren.
"Nach der Länderspielpause müssen wir als Einheit auftreten und gegen Mainz ein gutes Spiel machen. Es kommen noch drei, vier wichtige Wochen", sagte Schlotterbeck zuletzt. Um genau zu sein: Es sind noch ganze sieben Wochen, bis die Bundesliga endet.
Chukwuemeka muss in dieser gesamten Zeit nachweisen, gesund und stabil bleiben sowie weiterhelfen zu können. Die Frage, ob er beim BVB eventuell auch mittels einer erneuten Leihe weiterbeschäftigt wird, hängt letztlich auch an einer möglichen Teilnahme am internationalen Wettbewerb.
BVB: Die nächsten Spiele von Borussia Dortmund
Datum (Uhrzeit)
Gegner
Wettbewerb
Sonntag, 30. März (17.30 Uhr)
Mainz 05
Bundesliga
Samstag, 5. April (15.30 Uhr)
SC Freiburg
Bundesliga
Mittwoch, 9. April (21 Uhr)
Barcelona
Champions League
Samstag, 12. April (18.30 Uhr)
Bayern München
Bundesliga

