Lucas Hernandez gegen Théo Hernandez: Brisante Premiere von Bruderduell bei PSG gegen die AC Mailand in der Champions League

Am 17. November 2017 widmete die spanische Zeitung Marca einen Großteil ihrer Titelseite Lucas und Théo Hernandez: "Mama, tu quien quieres que gane?" Was übersetzt so viel heißt wie "Mama, willst du, dass ich gewinne?". Auf dem Foto ist Laurence Py zu sehen, die von ihren Söhnen auf beide Wangen geküsst wird. Lucas zu ihrer Rechten und Theo zu ihrer Linken.

Der Grund für die Titelseite und die "reportaje exclusivo" (Exklusivreportage) war die Vorbereitung an das Madrider Derby: "Das kann ich mir nicht aussuchen", lautete die stolze Antwort von Mutter Laurence, flankiert von Trikots von Atlético und Real.

Es hätte das Hernandez-Derby im Wanda-Stadion sein sollen. Doch daraus wurde nichts: Lucas spielte die gesamten 90 Minuten des Spiels, das 0:0 endete, Theo sah das Spielfeld nur von der Ersatzbank aus.

Seitdem haben die Teams der beiden nicht mehr gegeneinander gespielt, und das hatten sie auch vorher nicht getan. Aus diesem Grund, oder auch gerade deshalb, markiert das erste Duell der im französischen Marseille geborenen und in Spanien aufgewachsenen Lucas und Théo Hernandez als Gegner im Parc des Princes einen Wendepunkt in den Karrieren. Die Brüder, deren Schicksale sich mehrfach gekreuzt haben, werden sich nun im Trikot von PSG und der AC Mailand gegenüberstehen. Endlich.

  • Lucas und Théo HernandezGetty

    Lucas und Théo Hernandez: Geboren in Marseille, fußballerisch aufgewachsen bei Atlético

    Die Geschichte der Hernandez-Brüder ist in erster Linie die Geschichte zweier Brüder, die, wie in den meisten Fällen, den gleichen Weg eingeschlagen haben: Lucas ist Jahrgang 1996, Théo Jahrgang 1997, beide geboren im provenzalischen Marseille. Sie sind (natürlich) zusammen aufgewachsen und früh nach Madrid ausgewandert.

    Im Alter von neun Jahren schloss sich Lucas der Jugendmannschaft von Rayo Majadahonda (nahe Madrid) an; ein Jahr später folgte ihm Théo. Im Jahr 2007 wurde der jüngere der beiden zu einem Probetraining bei Atlético Madrid eingeladen. Aber Lucas, der ältere, konnte nicht allein zu Hause bleiben und nahm ebenfalls teil, wie seine Mutter Laurence der Marca erzählte: "Atlético hatte Théo zum Vorspielen eingeladen, nicht Lucas. Aber ich hatte niemanden, der auf ihn aufpassen konnte, also kam er mit und spielte an der Seite von Théo."

    Nun: Normalerweise sind das Szenen, die wir schon einmal gesehen haben, auf Spielplätzen in der Provinz. Ein Trainer lässt dessen Bruder spielen (kleiner Bruder oder großer Bruder, ein Jahr Abstand spielt keine Rolle) und die Angelegenheit wird mit einer doppelten 'Einschreibung' gelöst. Das gilt für kleine Klubs, aber anscheinend passiert das auch bei Atlético.

    "Ein Trainer kam zu mir, fragte mich, ob er auch mein Sohn sei, und schlug mir vor, ihn zum Spielen anzumelden: Sie nahmen also beide. Ich habe nur darum gebeten, dass sie in der gleichen Mannschaft spielen, weil sie nur 15 Monate auseinander sind und weil ich mich so besser organisieren kann". Und so sollte es auch kommen.

  • Werbung
  • Lucas gelingt der Durchbruch 15 Monate vor Théo Hernandez - wie bei der Geburt

    Zumindest bis 2013 boten Lucas und Théo Hernandez ihren Trainern die Möglichkeit, sie ohne Probleme zusammenspielen zu lassen. Lucas wurde als Außenverteidiger auf der linken Seite aufgeboten, Théo spielte weiter vorne, aber ebenfalls auf der linken Seite.

    Dann trennten sich ihre Wege allerdings: 2013 wurde der ältere Spieler von "Cholo" Diego Simeone in die erste Mannschaft berufen. Ein Jahr später, im Dezember, war er fester Bestandteil des Kaders der Colchoneros, der "großen Jungs". Sein Debüt gab der heutige PSG-Star in der Copa del Rey gegen Hospitalet.

    Théo, der 15 Monate jüngere der beiden, kam erst fast 15 Monate später zu seiner Kader-Premiere, wie es das Schicksal eben wollte: Gegen Eibar in LaLiga saß er nur auf der Bank. Lucas spielte in diesem Spiel 90 Minuten.

    Am Ende der Saison trennten sich die Wege der Hernandez-Brüder dann zum ersten Mal: Lucas bleibt bei Simeone, der heutige Milan-Verteidiger ging auf Leihbasis zu Alaves.

  • Lucas und Théo HernandezGetty

    Lucas und Théo Hernandez 2019: Einer zum FC Bayern München, der andere zu Milan

    Nach einer großartigen Saison als Linksverteidiger bei Alaves kehrt der heute 27-Jährige zu Atlético zurück. Aber die Colchoneros treffen eine Entscheidung, für die sie früher oder später eine Erklärung brauchen: Er soll gehen.

    Trotz der Entscheidung von Trainer "Cholo", Lucas öfter als Innenverteidiger einzusetzen, lässt Atlético seinen Bruder für 30 Millionen Euro zu Rivale Real Madrid ziehen.

    Lucas entwickelt sich weiter, Théo arbeitet mit Zinédine Zidane zusammen, der ebenfalls in Marseille geboren wurde. Aber es klappt einfach nicht: Der Linksverteidiger versucht es bei Real Sociedad erneut auf Leihbasis, aber der Durchbruch gelingt ihm auch dort nicht.

    In keinem der Spiele zwischen Atlético und Alaves, zwischen Atlético und Real und zwischen Atlético und Real Sociedad standen die Hernandez-Brüder als Gegner auf dem Platz. Nicht einmal eine Minute lang.

    2019 entpuppt sich für beide als ein entscheidendes Jahr: Der FC Bayern München schnappt sich Lucas für die Rekordsumme von 80 Millionen Euro und Théo geht für rund 23 Millionen Euro zur AC Mailand. Fortan spielen die Brüder in verschiedenen Ländern.

    In München sollte der ältere der beiden jedoch nie wirklich glücklich werden. In vier Spielzeiten kam er nur auf 107 Spiele (7.338 Minuten) und zwei Treffer. Schon nach wenigen Monaten reißt sein inneres Sprunggelenk, vor der WM 2022 erleidet er einen Muskelbündelriss, beim Turnier einen Kreuzbandriss. Sein letztes Bayern-Spiel bestritt er also im November 2022 gegen Schalke (2:0). Selbst als CL-Sieger 2020 darf er sich nicht wirklich fühlen, weil Trainer Hansi Flick lieber auf Davies, Alaba und Boateng setzte. Hernandez stand in der K.o.-Runde nie in der Startelf.

  • Lucas Theo HernandezGetty

    Lucas und Théo Hernandez: Seite an Seite Stammspieler für Frankreich

    Das letzte Mal, dass die beiden in einem Profi-Spiel auf Vereinsebene zusammenspielten, war am 8. Dezember 2015: Armando de la Morena, Jugendtrainer von Atlético Madrid, setzte sie in der Youth League gegen Benfica Lissabon als Innen- und Außenverteidiger in einer Viererkette ein.

    Von diesem Tag an sollte es fast sechs Jahre dauern, bis die Hernandez-Brüder wieder gemeinsam auf dem Platz stehen würden.

    Zu verdanken war dies Didier Deschamps. Der französische Nationaltrainer berief 2021 zu den Finals der Nations League Théo Hernandez - sein Bruder war schon seit 2018 gesetzt, wurde 2018 Weltmeister als Stammspieler - auf Théos Lieblingsposition hinten links.

    Im Halbfinale der Nations League am 7. Oktober 2021, einen Tag nach Théos 24. Geburtstag, war es dann so weit: Im Allianz Stadion von Turin bot er die beiden Brüder gemeinsam auf - sie siegten 3:2, Théo erzielte ein Tor - und im Finale holten sie den Titel gegen Spanien. Seitdem sind die Marseillais Seite an Seite gesetzt, wenn sie fit sind.

    Ebenso historisch ist das Datum des 22. November 2022. Denn an diesem Tag setzte Deschamps die Brüder gemeinsam in die Startelf gegen Australien. Doch nach nur wenigen Minuten verletzte sich der damalige Bayern-Star bitterböse am Knie und sollte monatelang ausfallen.

    Die Familien-WM fiel ins Wasser. Nun wollte Théo es seinem Bruder gleich tun und ebenfalls Weltmeister als Linksverteidiger werden - doch der Plan ging im Finale gegen Argentinien (3:3, 2:4) schief.

  • Fratelli HernandezGOAL

    Lucas und Théo Hernandez: Mit PSG und der AC Mailand wartet das erste Bruder-Duell

    Mitte September trafen sich Lucas und Theo dann erneut im französischen Trainingslager: Lucas war inzwischen von Bayern München zu PSG gewechselt. Théo ist immer noch beim AC Mailand, trotz der Wechselgerüchte: "Gegen seinen Bruder in einem Champions-League-Spiel zu spielen, wäre etwas Unglaubliches, ein großer Moment in unserer Familiengeschichte."

    Die Sendung Telefoot des französischen Senders TF1 ließ es sich nicht nehmen, das Thema nach der Champions-League-Auslosung aufzugreifen, bei der PSG und der AC Mailand in eine Gruppe gelost wurde: Dieses Spiel wird das "Hernandez-Spiel".

    "Es wäre toll, wieder für denselben Verein zu spielen", dachte Lucas laut nach. Noch haben sie dafür Zeit - doch am Mittwochabend im Parc des Princes werden sich die beiden bekämpfen um zu zeigen, wer der bessere ist.