Leih-Abbruch und große Chance? Die Folgen des doppelten Verletzungsschocks beim FC Bayern München um Davies und Upamecano

"Bei Länderspielpausen besteht leider immer die Gefahr, dass Spieler verletzt zurückkommen - diesmal hat es uns besonders hart getroffen. Die Ausfälle von Alphonso Davies und Dayot Upamecano wiegen schwer für den FC Bayern", ließ sich Eberl zitieren, beschwichtigte aber gleichzeitig: "Unser Kader ist stark und wird diese Ausfälle auffangen. Wir werden jetzt noch enger zusammenrücken. Die Qualität ist da, um weiter unsere großen Ziele zu verfolgen."

"Verfolgen" ja, aber auch erreichen? In der Bundesliga beträgt der Vorsprung auf Bayer Leverkusen nach den Patzern der vergangenen Wochen bei acht ausstehenden Spielen noch sechs Punkte. Nun warten Duelle mit dem FC St. Pauli (Samstag, 15. 30 Uhr) und dem FC Augsburg, ehe Anfang April das Viertelfinale der Champions League gegen Inter Mailand steigt. Über allem schwebt der Traum vom Finale dahoam.

Davies und Upamecano waren in der laufenden Saison bis dato unumstrittene Stammspieler und Leistungsträger. Vor der entscheidenden Phase muss Trainer Vincent Kompany also die halbe Viererkette umbauen. Welche Optionen hat er?

Min-Jae Kim scheint entgegen düsterer Prognosen überraschend schnell wieder einsatzbereit zu sein. Der zweite Stamm-Innenverteidiger litt zuletzt unter einer Entzündung an der linken Achillessehne und verpasste deshalb die vergangenen beiden Bundesligaspiele. Nach dem Remis gegen Union vor elf Tagen prognostizierte Kompany einen mehrwöchigen Ausfall. Bereits am Montag kehrte Kim aber ins Mannschaftstraining zurück.

Sofern er keinen Rückschlag erleidet, dürfte Kim in den kommenden Wochen gemeinsam mit Eric Dier die Innenverteidigung bilden. Der 31-jährige Engländer erwies sich in dieser Saison als äußerst zuverlässiger Ersatzmann. Upamecanos Pech ist nun Diers Glück: Für ihn kommt die Chance auf Spielzeit zum perfekten Zeitpunkt.

Diers Vertrag läuft im Sommer aus, als Interims-Stammspieler kann er seinen Verlängerungs-Wunsch auf dem Platz untermauern. Bereits Mitte März betonte Eberl, dass sich Dier für einen neuen Vertrag "absolut empfohlen" habe und "wir in den nächsten Wochen Gespräche führen". Aktuell befindet sich Eberl übrigens auch mit dem nun verletzten Upamecano in Verhandlungen über eine Vertragsverlängerung, er ist noch bis 2026 gebunden.

Die ersten Vertreter für Kim und Dier in der Innenverteidigung sind Josip Stanisic und Hiroki Ito. Bei beiden gibt es aber ein Aber. Stanisic enttäuschte seit seiner Rückkehr aus Leverkusen und duelliert sich gleichzeitig mit Konrad Laimer um Einsatzzeiten rechts hinten. Sommer-Neuzugang Ito gilt als Favorit auf die Davies-Vertretung links hinten.

Als Davies bereits im Februar wochenlang wegen eines Muskelfaserrisses ausfiel, setzte Kompany zunächst auf Raphael Guerreiro. Nach einigen indisponierten Auftritten des Portugiesen bekam Ito den Vorzug - und machte es deutlich besser. Ito verfügt zwar über weniger Offensivdrang als Guerreiro, steht dafür aber defensiv stabiler. Gerade in den Duellen mit Inter dürfte das von Vorteil sein.

Zumindest theoretisch käme auch der nominelle Rechtsverteidiger Sacha Boey für Einsätze links hinten in Frage. Wahrscheinlich ist das aber nicht, bei seinen wenigen Chancen enttäuschte er schließlich sogar auf seiner angestammten Position gänzlich.

Einen gelernten Linksverteidiger gaben die Münchner im Winter unterdessen ab: Das hochtalentierte Eigengewächs Adam Aznou wechselte in Hoffnung auf mehr Einsatzzeiten per Leihe zu Real Valladolid. Dort spielt der 18-jährige Marokkaner zwar regelmäßig, schlittert mit seiner Mannschaft aber dem Abstieg aus der Primera División entgegen.

Womöglich bricht der FC Bayern Aznous eigentlich bis zum 30. Juni datierte Leihe vorzeitig ab und holt ihn bereits zur Klub-WM zurück. Möglich wäre das dank einer Sonderregelung. Vom 1. bis 10. Juni - also zwischen dem Finale der Champions League und dem Beginn des Turniers - dürfen die Teilnehmer der Klub-WM ausnahmsweise Transfers tätigen. Diesbezüglich erwähnte der Vorstandsvorsitzende Jan-Christian Dreesen zuletzt explizit die Überlegungen, zur Verbreiterung des Kaders Leihen abzubrechen.

Ganz unabhängig von einer möglichen Teilnahme an der Klub-WM stellte Davies' Verletzung für Aznou eine große Chance dar. Der Platzhirsch, der seinen Vertrag erst kürzlich bis 2030 verlängert hat, wird schließlich auch die Vorbereitung und den Saisonstart verpassen. Aznou könnte sich dann erstmals so richtig in den Vordergrund spielen.