Joao Neves Luis Enrique PSG 2025Getty Images

Lehren aus der Saison in der Champions League: Eine Sache haben alle Top-Mannschaften gemeinsam - und das sollte dem FC Bayern zu denken geben

PSG ist das neue Nonplusultra im europäischen Vereinsfußball nach der Gala gegen Inter Mailand in München. Zumindest gilt dies bis zum nächsten Frühjahr.

Für die Bundesliga war es eine durchwachsene Champions-League-Saison. In der Fünf-Jahreswertung hat man an Boden nach oben verloren, belegt den vierten Platz. RB Leipzig und der VfB Stuttgart verabschiedeten sich bereits in der Ligaphase, Bayer Leverkusen zog im deutschen Duell mit dem FC Bayern München klar den Kürzeren und der FCB sowie der BVB schafften es bis ins Viertelfinale.

Große Erfolgserlebnisse blieben also aus - dafür gibt es einige Erkenntnisse, die der deutsche Fußball aus dieser Spielzeit in der Königsklasse mitnehmen kann und muss.

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    Champions League: Die Ligaphase könnte ein wichtiger Indikator werden

    In der Vergangenheit war die Gruppenphase nicht immer ein zuverlässiger Gradmesser dafür, wer am Ende der Saison in die Nähe des Henkelpotts kommt. Vorjahresfinalist Borussia Dortmund setzte sich zwar mit drei Siegen und nur einer Niederlage in einer schweren Gruppe mit PSG, AC Mailand und Newcastle durch - doch die Namen waren damals größer als die jeweiligen Leistungen.

    Dortmunds Leistungen wiederum schwankten stark. Am Ende reichte es dennoch fürs Finale. Paris wiederum kam mit nur acht Punkten durch die Gruppe, stand letztlich im Halbfinale. In der Saison davor kamen Inter Mailand und die AC Mailand (beide Gruppenzweiter mit 10 Punkten) bis ins Halbfinale. Im Gegenzug dominierte der FC Bayern in der Regel seine Gruppe, kam zuletzt aber nur selten in die heiße Schlussphase der Königsklasse.

    In dieser Saison gab es erstmals die neue Ligaphase. Nicht nur ist die Bewertungsgrundlage damit auf acht Spiele gestiegen, sondern auch die Qualität der Gegner dürfte im Schnitt eine andere sein. Die Bayern spielten unter anderem gegen den FC Barcelona, Paris, Benfica und Aston Villa. Der BVB traf unter anderem auf den FC Barcelona und Real Madrid.

    Mit Barca, dem FC Arsenal und Inter Mailand standen die Plätze zwei bis vier der Liga im Halbfinale. Sie alle verloren nur ein Spiel, wussten zu begeistern und wurden zu Recht als Favoriten gehandelt. Auf der anderen Seite schied mit dem FC Liverpool der Tabellenführer bereits früh im Achtelfinale aus - und PSG kombinierte sich als Fünfzehnter und mit insgesamt fünf (!) Niederlagen im Gepäck bis zum historischen ersten Erfolg.

    Eine Garantie gibt es also selbstredend auch nach der Ligaphase nicht. Und doch lassen sich an der Tabelle viele Tendenzen ablesen - unter anderem auch die, dass es für den BVB und den FC Bayern diesmal nicht ganz für das höchste Level gereicht hat.

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  • Paris Saint-Germain v Arsenal FC - UEFA Champions League 2024/25 Semi Final Second LegGetty Images Sport

    FC Bayern und der BVB: Der Kampf gegen Windmühlen

    Dass Borussia Dortmund in der Champions League trotz des Finaleinzugs 2024 keine ganz große Rolle spielte, lag sicher auch daran, dass der Klub über die gesamte Saison hinweg eine einzige Dauerbaustelle war. Auch beim FC Bayern lief es vor allem international nicht immer glatt. Als würde man sich im ersten Jahr unter Vincent Kompany noch suchen.

    Und trotzdem haben beide Klubs bewiesen, dass auf sie grundsätzlich Verlass ist. Sie bilden seit Jahren eine gute Basis für das Abschneiden der Deutschen in den internationalen Wettbewerben. Allerdings zeigt die Halbfinalbesetzung dieser Saison auch, dass es immer schwerer für die Bundesliga-Klubs wird, mitzuhalten - vor allem finanziell.

    Investoren aus den USA oder dem Nahen Osten bestimmten das Bild der diesjährigen Königsklasse. Nicht zwingend mit großen Transferrekorden im vergangenen Sommer, aber durchaus mit einem kontinuierlichen Wachstum, das durch die Geldflüsse auch dann nicht unterbrochen wird, wenn sportlich mal schlechter gearbeitet wird.

    Für die Bundesliga bleibt es dabei, dass schon einiges zusammenkommen muss, um im wichtigsten europäischen Klub-Wettbewerb eine echte Chance zu haben. Schwache Jahre tun finanziell mehr weh als bei internationalen Konkurrenten. Und selbst für den FC Bayern, der in diesem Punkt immer noch eine kleine Ausnahme darstellt, wird es immer schwieriger, diese Entwicklungen mitzugehen.

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    Vom FC Barcelona lernen: Jugendarbeit muss mehr Priorität genießen

    Finanziell kann man sich von den diesjährigen Protagonisten der Champions League wenig abschauen. Und gerade vom FC Barcelona sollte man diesbezüglich besser nicht lernen. Was man sich von den Katalanen allerdings in Deutschland mitnehmen kann, ist die Art und Weise, wie der Klub sportlich mit seinen wirtschaftlichen Schwierigkeiten umgegangen ist.

    Nachdem Barca über Jahre hinweg Unsummen für Transfers wie die von Ousmane Dembele, Coutinho oder Antoine Griezmann ausgab und sportlich in der Bedeutungslosigkeit versank, wurde man durch Regularien dazu gezwungen, wieder mehr auf die eigene Akademie zu setzen. Mit Erfolg.

    Dass sich ein Spieler mit dem außergewöhnlichen Talent eines Gavi, Pedri oder eines Lamine Yamal durchsetzen würde, liegt auf der Hand. Aber mit Pau Cubarsi, Alejandro Balde, Marc Casado und Fermin Lopez sammelten vier weitere junge Spieler viel Spielzeit in der Champions League, während auch Andres Cuenca, Hector Fort und Sergi Dominguez zu einigen Minuten kamen.

    Die Katalanen stellten eine unglaublich junge Mannschaft, die punktuell durch erfahrene Eckpfeiler ergänzt wurde. Ein Erfolgsrezept, das sich vor allem der FC Bayern mit seinem Campus und den vermeintlichen Sparzwängen für Max Eberl genauer anschauen sollte.

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  • Joao Neves PSG 2024-25Getty/GOAL

    Champions League, taktische Trends: Spielstärke schlägt "Holding Six"

    Was für die Bundesliga ebenfalls interessant sein dürfte, sind die taktischen Trends. Mit Paris Saint-Germain, dem FC Barcelona und dem FC Arsenal standen drei Teams im Halbfinale, die sich in ihrer Identität klar dem progressiven und aktiven Offensivfußball verschrieben haben.

    Selbst Inter Mailand, das in der Herangehensweise am ehesten dem Narrativ eines Teams entspricht, das den Fokus auf die Defensivarbeit legt, spielte in dieser Saison teils begeisternden Offensiv- und Ballbesitzfußball. Mindestens in Phasen.

    Ein Schlüssel zum Erfolg für all diese Teams ist das spielstarke zentrale Mittelfeld. Barca setzt mit Pedri, Frenkie de Jong, Marc Casado und Gavi auf sehr feine Techniker und Passgeber. Der Fokus liegt auf wendigen und spielintelligenten Fußballern. PSG spielte meist mit einem Dreiermittelfeld, das aus Fabian Ruiz, Vitinha und Joao Neves bestand – auch hier stehen Technik, Passstärke und Spielgestaltung weit über defensiven Attributen.

    Beim FC Arsenal mag Thomas Partey ein wichtiger Anker sein, der Zweikampfstärke einbringt und auch Declan Rice ist gegen den Ball stark. Aber im Verbund mit Martin Ödegaard ist auch dieses Dreiermittelfeld in erster Linie eines: spiel- und passstark. Inter Mailand hat für ein italienisches Team ebenfalls ungewöhnlich wenige "Zerstörer" in seinen Reihen.

    Meist standen Nicolo Barella, Hakan Calhanoglu und Henrikh Mkhitaryan auf dem Feld. Alles robuste und ordentliche Zweikämpfer, die ihre größten Stärken aber mit dem Ball am Fuß haben. Jahrelang wurde in Deutschland von Mentalitätsspielern, Zweikämpfern und der berühmten "Holding Six" fantasiert. Dass beim FC Bayern der langersehnte Sechser Joao Palhinha unter Kompany so gar keine Rolle gespielt hat, gibt zu denken.

    Womöglich ist das die größte Erkenntnis für alle deutschen Mannschaften aus dieser Champions-League-Saison: Man sollte den Fokus wieder deutlich stärker auf die fußballerischen und spielerischen Elemente legen - sowohl auf dem Transfermarkt als auch in der Ausbildung. Spielstärke scheint Titel zu gewinnen.

  • Vincent Kompany Bayern 2025Imago

    Die Chance auf eine neue Ära

    Gerade für den FC Bayern gilt nach dieser Saison aber auch: So weit war man nicht entfernt von der Spitze. Gegen Inter waren es kleine Details, wohl auch zu viele Ausfälle. Mut muss den Münchnern für die kommenden Jahre auch machen, dass Real Madrid und Manchester City am Anfang eines neuen Zyklus stehen.

    So wie die Ära der Bayern und Barcelona in den 2010er Jahren auf unterschiedliche Art und Weise vorbeiging, während sich Madrid noch ganz oben halten konnte, könnte es jetzt abermals eine neue Ära geben. An der Spitze des europäischen Fußballs scheint derzeit keine klare Elite aus zwei, drei Klubs zu thronen, die allen anderen meilenweit überlegen ist.

    Es gab Jahre, in denen das Halbfinale mit recht großer Sicherheit vorhergesagt werden konnte. Das dürfte für die kommende Saison schwieriger werden. Verstärken sich die Bayern auf den richtigen Positionen und gehen sie unter Kompany weitere Entwicklungsschritte nach vorn, sind sie vielleicht bald schon wieder dran am ganz großen Wurf.

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