Spaniens neuer Rekordspieler Lamine Yamal! Das Supertalent des FC Barcelona muss geschützt werden - Ansu Fati und Pedri sind warnende Beispiele

Zunächst ein Vergleich. Es gibt einige unheimliche Parallelen zwischen Yamal und den drei letzten spanischen Mega-Talenten. Gavi, Pedri und der nun an Brighton verliehene Fati sind allesamt Spieler des FC Barcelona; sie alle gaben ihr Debüt vor ihrem 18. Geburtstag; sie alle wurden kurz danach in die Nationalmannschaft berufen - und mit Vereinslegenden verglichen.

Fati war angeblich der nächste Lionel Messi. Gavi galt wahlweise als der kommende Xavi oder Andrés Iniesta, dann vielleicht als eine Mischung aus beiden. Als Iniestas Erbe wird auch Pedri immer wieder tituliert.

Diese Erwartungen waren dementsprechend mit einem hohen Risiko verbunden. Gavi absolvierte als 16-Jähriger fast 4.000 Minuten und stand in seiner Debütsaison in 44 von 57 Spielen für Verein und Land in der Startelf.

Pedri brachte es in neun Monaten auf fast 5.000 Minuten und bestritt mit 18 Jahren 74 Spiele.

Fati war zuvor vielleicht besser geschützt - er kam in einer stärkeren Barça-Offensive zum Einsatz -, spielte aber dennoch weit über 1.300 Minuten in seiner ersten Saison. In seinem zweiten Jahr bei den Profis war er sogar auf dem besten Weg, diese Zahl noch zu übertreffen - bis ein Meniskusriss seine Saison beendete und seine Karriere bis zum heutigen Tag bremst.

Yamal seinerseits befindet sich auf dem gleichen Weg. Sein Profidebüt gab er mit 15 Jahren, als er am Ende der Saison 2022/23 gegen Betis auflief. Seit er zuletzt zur festen Größe in Barcelona wurde, wurde nicht mehr allzu sehr auf seine Schonung geachtet. In drei von vier LaLiga-Partien dieser Saison stand er in der Startelf und spielte dabei jeweils mindestens eine knappe Stunde.

Im Frühjahr war Trainer Xavi noch geduldiger. Zwei Monate lang gehörte Yamal zum Profikader, ehe der Rechtsaußen ein paar Einsatzminuten bekam. Die erfahrenen Raphinha und Ousmane Dembélé standen in der Rangordnung vor ihm, um den Meistertitel zu sichern.

Doch nun haben sich die Dinge geändert. Der Franzose ist zu Paris Saint-Germain gewechselt, Raphinha übernahm dessen Platz in der ersten Elf, wurde aber wegen eines Ellbogenschlags im Auftaktspiel gegen Getafe für zwei Spiele gesperrt. Yamal kam in diesem Spiel von der Bank und sorgte für die beste Chance der Blaugrana in einem ansonsten tristen 0:0. Da der Brasilianer anschließend seine Sperre abbrummte, setzte der Trainer auf den 16-Jährigen.

Abgesehen von Raphinha ist Yamal der einzige gelernte Linksfuß im Kader. Und Xavis Vorliebe für den Einsatz eines Linksfußes auf der rechten Außenbahn ist bekannt.

Das Konfetti war noch nicht vom Spielfeld geweht, nachdem Yamal imEstadi Olímpicgegen Tottenham Hotspur (4:3) beim jährlichen Saison-Eröffnungsspiel, der Joan Gamper Trophy, das Spiel entschieden hatte. Da zog die spanische ZeitungAsschon den gefürchteten Vergleich: Yamal sei der beste Nachwuchsspieler, den Barça seit dem siebenmaligen Weltfußballer Lionel Messi hervorgebracht habe.

DieAssah Parallelen zu einem Spiel der Gamper Trophy zwischen Barcelona und Juventus im Jahr 2005, als ein 18-jähriger Messi die Bianconeri dominierte und beim 2:2 einen magischen Assist für Iniesta lieferte. Diese Aktion gilt bis heute als Messis Durchbruch im Barça-Trikot. Die Ähnlichkeit zu einem linksfüßigen Rechtsaußen, der 18 Jahre später ähnlich gut performte, war bemerkenswert.

Yamal wird nun seit einiger Zeit mit den Messi-Vergleichen belastet. Im Jahr 2019 postete der offizielle Twitter-Account von LaLiga ein Highlight-Video von ihm und bezeichnete ihn als "Mini Leo Messi". Kurz darauf lautete eine Schlagzeile derMarca: "Lamine Yamal zeigt Ähnlichkeiten zu Messi". Damals war er 12 Jahre alt.

Xavi trug im April nicht gerade zu einer Abflachung des Hypes bei, als er erklärte, dass Yamal ein "ähnlicher Spieler" wie der Argentinier sei. Eine flüchtige Suche nach YouTube-Highlights führt zu Ergebnissen wie "Lamine Yamal SHOW vs Tottenham | Messi Vibes. ?" und "Deshalb ist LAMINE YAMAL das NEUE MONSTER von BARCELONA / NEW MESSI."

So ist das Leben eines vielversprechenden Offensivspielers, der aus Barcelonas berühmter Talentschmiede stammt. Aber an der Behauptung, Yamal sei der beste Nachwuchsspieler aus La Masia, ist etwas dran. Er ist ein exzellenter Dribbler, ein hervorragender Abschlussspieler und ein hervorragender Athlet für sein Alter. Die Anlagen sind vorhanden.

Noch mehr als alles andere ist es aber seine Spielintelligenz, die hervorsticht. Yamal weiß genau, wann er dribbeln und wann er passen muss - etwas, das jungen Flügelspielern oft fehlt. In den letzten beiden Einsätzen hat er sieben seiner acht Dribblings erfolgreich beendet, mindestens 80 Prozent seiner Pässe fanden den Mitspieler und die Hälfte seiner Schüsse kam auf den Kasten. Dazu kommen ein Assist und zwei Aluminiumtreffer. Die Blaugrana haben einen äußerst talentierten und ebenso intelligenten rechten Flügelspieler, der in einem Spitzenteam den Unterschied ausmachen kann.

Nun also die schnelle Berufung in Spaniens Nationalmannschaft. Womöglich spielt dabei auch eine Rolle, dass der Teenager auch für Marokko spielberechtigt wäre. Der Verband des WM-Vierten versuchte schon, ihn zu einem Wechsel zu überreden, allerdings vergeblich. Yamal will für Spanien auflaufen, im Dress der Iberer absolvierte er bereits 21 Länderspiele in vier verschiedenen Junioren-Auswahlmannschaften.

Luis de la Fuente hält ihn offensichtlich für reif genug, schon jetzt auch in seinem Team eine wichtige Rolle einzunehmen. Rein sportlich bietet die Entscheidung jedoch Diskussionsstoff.

Spaniens Weg zur EM 2024 dürfte relativ einfach sein, auch wenn man bereits gegen Schottland verloren hat und in der Gruppe A noch zwei Spiele gegen die von Erling Haaland und Martin Ödegaard angeführten Norweger anstehen. Auch ohne den erneut verletzten Pedri ist die spanische Nationalelf gewiss stark genug, um gegen Georgien und Zypern sechs Punkte einzufahren.

Befürworter der schnellen Yamal-Nominierung führen derweil an, dass Duelle mit dem 118. und dem 78. der FIFA-Weltrangliste optimal sind, um dem Angreifer früh auch auf internationalem Parkett Erfahrungen zu bescheren.

Sein Klub- und Nationalmannschaftskamerad Alejandro Balde meinte in dieser Woche in derSport: "Lamine ist noch ein Junge. Man sollte es ruhig angehen lassen bei ihm.Dann wird er seine Qualitäten abrufen."

So wird es interessant zu beobachten sein, wie die kommenden Tage und Wochen verlaufen. Man kann Xavi und de la Fuente zunächst keinen Vorwurf machen, ein überragendes Talent mit Einsatzminuten zu versehen. Entscheidend wird sein, wie dosiert sie künftig auf Yamal setzen. Ein großer Hype und viel Einsatzzeit in jungen Jahren bedeuten eben nicht zwangsläufig eine geradlinige Entwicklung. Ansu Fati weiß das zum Beispiel nur allzu gut.