FC Bayern München v RB Leipzig - BundesligaGetty Images Sport

Kompany nimmt zwei große Sorgen und einen unerwarteten Lichtblick mit nach München: Der FC Bayern überlebt einen Pokal-Abend, an dem eigentlich alles gegen ihn lief

Eigentlich lief gegen Wehen sogar alles gegen den FCB, der aber auch weiterkam, weil die Mannschaft aus einem verhängnisvollen Fehler gelernt hat. Dennoch nimmt Kompany zwei große Sorgen mit zurück nach München.

Am Ende waren sie sich beim FC Bayern tatsächlich alle mal einig. Ein zuletzt aufgrund der öffentlich gewordenen Dissonanzen auf der Führungsebene in puncto Transfer- und Kaderpolitik sicherlich erfrischendes und gutes Gefühl für all jene, die es mit dem deutschen Rekordmeister halten. 

Denn wen man auch nach dem am Ende überraschend spannenden Pokal-Abend in Wiesbaden fragte, die Antworten glichen sich. Konrad Laimer, Joshua Kimmich, Harry Kane und auch Trainer Vincent Kompany verwiesen nach dem 3:2-Sieg in letzter Minute allesamt auf die Magie des DFB-Pokals, als sie gefragt wurden, wie den Bayern eine souveräne 2:0-Führung gegen einen klar unterlegenen Drittligisten noch aus den Händen gleiten konnte.

  • "Es ist die erste Pokalrunde, das ist nie einfach", sagte etwa Laimer. Kompany sprach vom "Pokal-Fußball" und einem "tollen Fight", den Wehen seiner Mannschaft geboten habe. Kane sah "ein verrücktes Spiel, so wie es der Pokal halt manchmal mit sich bringt". Und auch Kimmich bemühte den Mythos Pokal als Erklärung für eine Beinahe-Blamage auf dem Papier, die eigentlich keine war.

    Zu überlegen und tatsächlich auch abgeklärt hatte der FC Bayern über eine Stunde lang agiert, früh geführt, kurz nach der Pause nachgelegt, sich darüber hinaus zahlreiche hochkarätige Chancen erspielt und eigentlich nie das Gefühl vermittelt, dass in der Wiesbadener Brita-Arena noch irgendetwas anbrennen könte. 

    Doch dann kam es doch anders - und das war nicht nur mit den wettbewerbseigenen Gesetzen zu erklären, was wiederum Kompany durchaus große Sorgen bereiten muss. Denn die Art und Weise der beiden Gegentreffer durch die ansonsten sehr harmlosen Wiesbadener erinnerte an jene Zeiten, in denen regelmäßig der Bruder Leichtfuß in der Münchner Defensive gastierte. Dieser schlich sich immer mal wieder gerne bei Dayot Upamecano oder Min-Jae Kim ein, doch diesmal war es ausgerechnet der gegen RB Leipzig noch so stark spielende Neuzugang Jonathan Tah, der bei beiden Gegentreffern im Fokus stand.

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  • SV Wehen Wiesbaden v FC Bayern Muenchen - DFB Cup: Round OneGetty Images Sport

    "Bruder Leichtfuß" Tah erlebt bitteren Abend in Wiesbaden

    Beim 1:2 verteidigte der Nationalspieler die Flanke von Niklas May viel zu tief und ließ dann auch noch Torschütze Fatih Kaya im Rücken komplett entwischen. Beim 2:2, dem zugegebenermaßen ein verlorenes Kopfballduell von Kim vorausging, war sich Tah der Situation überhaupt nicht bewusst und entblößte das Defensivzentrum, sodass erneut Kaya frei vor Jonas Urbig durch war und unbedrängt einschießen konnte.

    "Wir sind zweimal bestraft worden, das wird aufgearbeitet", sagte Spotrdirektor Christoph Freund nach dem Spiel. Und das muss es auch. Denn es ist mittlerweile in der jüngeren Geschichte des FC Bayern nicht selten vorgekommen, dass eigentlich "gekillte" Spiele, durch eine oder mehrere Unzulänglichkeiten plötzlich kippen. Man denke nur zurück an die 2:3-Niederlage gegen Bochum im März nach 2:0-Führung oder Heidenheim anno 2024. 

  • Luis DiazGetty Images

    Luis Diaz offenbart beim FC Bayern sein größtes Manko

    Dass der FC Bayern tatsächlich in Wiesbaden zittern musste, lag aber auch am zweiten überraschenden Sorgenkind, das Kompany im Gepäck zurück mit nach München nimmt. Denn Luis Diaz hätte im Alleingang den tapfer kämpfenden, aber zu jedem Zeitpunkt klar unterlegenen Drittligisten abschießen können. Er offenbarte aber sein wohl größtes Manko.

    Schon nach zehn Sekunden scheiterte er freistehend am herausragenden Keeper Florian Stritzel, der insgesamt zehn Paraden zeigte. Eine knappe Stunde und vier weitere vergebene Großchancen später verzweifelte der Kolumbianer, der eigentlich ein gutes Spiel und viel Betrieb auf seiner Seite machte, sichtlich an sich selbst, vergrub sogar das Gesicht im Rasen. Drei Minuten später machte Kaya das 1:2 - und der Pokal ließ einmal mehr seine ganz eigenen Gesetze walten.

    "Wir müssen das Spiel früher entscheiden", stellte Kimmich klar: "Die Vielzahl an Chancen, das war schon extrem." Ein Extrem, das sich die Münchner und auch Diaz in der Bundesliga - so überlegen das 6:0 gegen Leipzig zum Auftakt auch war - nicht werden leisten können.

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  • Sacha BoeyGetty Images

    Boey wird zum unerwarteten Lichtblick beim FC Bayern in Wiesbaden

    Das galt eigentlich auch für einen Ausfall von Konrad Laimer. Denn: Weil Josip Stanisic auf der linken Seite den Langzeitverletzten Alphonso Davies vertreten muss, ist Sacha Boey aktuell die einzige Alternative auf der rechten Defensivseite. Doch während Raphael Guerreiro auch gegen einen Drittligisten als Linksverteidiger einmal mehr nicht Werbung in eigener Sache machen konnte, lieferte Boey zumindest offensiv tatsächlich einige unerwartete Lichtblicke. 

    Der nicht zu Unrecht oftmals gescholtene Franzose zeigte seine vielleicht besten 45 Pflichtspielminuten im Trikot der Münchner in der ersten Halbzeit, bereitete zwei Großchancen stark vor, holte den Elfmeter zu 1:0 raus und hatte auch beim 2:0 seine Füße im Spiel. Ein Auftritt, der Kompany erfreut und zugleich in seiner Startelf-Rotation (sechs Änderungen im Vergleich zu Leipzig) zumindest teilweise bestätigt haben dürfte. 

    Neben Boey und Guerreiro durfte auch Lennart Karl erstmals von Beginn an ran. Dem 17-Jährigen fehlte zunächst die Bindung zum Spiel, mit zunehmender Spieldauer wurde er aber mutiger und ließ sein Talent ein ums andere Mal aufblitzen. "Er war vielleicht etwas nervös, aber er ist besser geworden. In der zweiten Halbzeit hatte er seine beste Phase. Für mich kann er aber sowieso gerade nichts falsch machen. Der Druck und Erwartungen liegen auf den erfahrenen Spielern, nicht auf ihm", sagte Kompany.

  • KimmichGetty Images

    Kimmich sieht Lehren beim FC Bayern aus dem Saarbrücken-Trauma

    Besonders eine Sache aber fiel sowohl Kompany als auch Kimmich nach den zwei unnötigen Nackenschlägen in der zweiten Halbzeit positiv auf. Die Ruhe der Mannschaft nach dem Ausgleich. So verwies der Stellvertreterkapitän in Abwesenheit des rotgesperrten Manuel Neuer etwa auf eine der größten Blamagen der jüngeren Klubgeschichte - und den wichtigen Lehren, die die Mannschaft aus ihr gezogen habe.

    "Wir sind ruhig geblieben. Vor zwei Jahren gegen Saarbrücken sind wir dann rausgegangen, weil wir unseren Kopf verloren haben und unbedingt noch das Tor machen wollten. Das wollten wir auch heute, aber wir wussten, dass wir dann nochmal 30 Minuten in der Verlängerung Zeit haben, um eins zu machen", sagte Kimmich. 

    Anders als damals in Saarbrücken, wo sich die Bayern auf Kurs Verlängerung in der Nachspielzeit einen Konter zum 1:2 fingen, waren sie es, die kurz vor Schluss noch einmal zuschlugen. Dabei hatte laut Pokalgesetz nicht erst seit dem 2:2 und trotz der Münchner Dominanz eigentlich alles gegen die Bayern gesprochen.

  • harry kane bayern wiesbadengetty

    FC Bayern: Kane sorgt für bitteres Novum

    Los ging es schon in der neunten Minute, als Jordy Gillekens unter Einsatz der Hand im Liegen einen Schussversuch von Kane im Fünfmeterraum verhinderte. Es hätte wohl Rot und Elfmeter gegeben und die Hausherren wären schon frühzeitig unsanft aus ihren Träumereien von der großen Sensation geweckt worden. 

    Doch die erste Pokalrunde ist eben Videobeweis-befreites Terrain und so blieben ein fassungsloser Kane und eine Wiesbadener Mannschaft zurück, die noch an Wunder glauben durfte. Und als ebenjener Kane dann auch noch erstmals in einem Pflichtspiel für die Bayern einen Elfmeter beim Stand von 2:2 tatsächlich verschoss, schien wirklich alles gegen den FCB und alles für den Underdog zu laufen.

    Dieses Gefühl aber teilte zumindest Kompany nicht. "Ich hatte immer das Gefühl, dass eine unserer Chancen noch sitzt", sagte er auf der Pressekonferenz nach dem Spiel. Und er sollte recht behalten. Kane nickte eine Stanisic-Flanke in der 94. Minute zum 3:2 ein - und sorgte damit erneut für Einigkeit unter den Bayern-Protagonisten. "Wir sind weiter, und das ist das Wichtigste am heutigen Abend", brachte es Kompany stellvertretend für Kimmich, Laimer, Kane und Freund auf den Punkt.

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