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Keiner hat mehr als fünf Tore! Warum die PSG-Offensive trotzdem funktioniert

Eigentlich ist das, was Paris Saint-Germain häufig beim Anstoß macht, eher etwas, was nicht zum Klischee der Ballbesitzmannschaften passt. Sie treten den Ball diagonal ins Seitenaus. So weit in der gegnerischen Hälfte wie möglich.

Teams, die eine solche Variante spielen, setzen meist auf ihre starke Verteidigung. PSG hingegen ist bekannt für seine herausragende Offensive – und die ist vielschichtig. Niemand im Kader hat in dieser Saison bisher mehr als fünf Tore, aber das Angriffsspiel funktioniert. Worauf muss sich der FC Bayern also einstellen, wenn er am Dienstagabend auch im dritten Spiel der Champions League in der französischen Hauptstadt seine Serie aufrechterhalten möchte?

  • In der vergangenen Saison stellte der Champions-League-Sieger mit 92 Treffern die beste Offensive der Liga. Und auch in der Königsklasse erzielte das Team von Luis Enrique beeindruckende 38 Tore auf dem Weg zum Titel. Nur der FC Barcelona hatte mit 43 nochmal mehr auf dem Konto.

    Vielerorts sorgte das nicht für übermäßig viel Begeisterung. Wer in der Lage ist, in jedem Transfersommer dreistellige Millionenbeträge in neue Spieler zu stecken, sollte auch in der Lage sein, Titel zu gewinnen und viele Tore zu schießen. Ousmane Dembele, der später sogar Weltfußballer wurde, aber für das Spiel gegen die Bayern leicht fraglich ist, Desire Doue, Bradley Barcola, Hugo Ekitike, Randal Kolo Muani, Khvicha Kvaratskhelia und viele mehr – allein im Angriff investierte PSG viel Geld. Sehr viel Geld.

    Dass das allein aber noch keine Garantie auf Erfolg ist, zeigt die eigene Vergangenheit. Immerhin steht hier jener Klub im Mittelpunkt, der einst Neymar, Lionel Messi und Kylian Mbappe unter Vertrag hatte – zur selben Zeit. Die Champions League gewann man dennoch nicht. Im Gegenteil: In den meisten Spielzeiten schied man ohne ernsthafte Titelchance aus.

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  • Bayer 04 Leverkusen v Paris Saint-Germain - UEFA Champions League 2025/26 League Phase MD3Getty Images Sport

    Dank Luis Enrique: PSG ist mannschaftlich stark

    Aber auch in Paris scheint man aus Fehlern zu lernen. Es wurden fortan im Schnitt günstigere Spieler gekauft, dafür aber mehr. Quantität statt Qualität? Eher Qualitative Quantität statt Fokus auf Superstars. Und das ging auf. Riesigen Anteil daran hat Enrique.

    Denn das Narrativ, dass PSG keine Galaktischen mehr im Team hätte, mag sich zunächst sinnvoll anhören, aber ist es wirklich richtig? Dembele galt vor seinem Durchbruch bei PSG als schwieriger Charakter und die Qualitäten seiner Mitspieler, die entsprechend Ansprüche stellen dürften, sind ebenso offensichtlich.

    Enrique hat es aber geschafft, dass die Einzelspieler sich einem Ziel unterordnen. PSG ist deshalb erfolgreich, weil alle Spieler zu jeder Zeit aktiv sind – mit und ohne Ball. Sie pressen gemeinsam und aggressiv, sie laufen aber auch für ihre Mitspieler, um Räume in Ballbesitz aufzureißen.

  • PSG steht für dynamisches Positionsspiel

    Enrique ist ein Mann der Barca-Schule. Dort verschreiben sich viele dem Positionsspiel. Einer taktischen Ausrichtung, die grob darauf basiert, bestimmte Zonen des Spielfelds konsequent zu besetzen. Es geht darum, das Spiel mit Ballbesitz zu kontrollieren und geduldig Räume in der Abwehr des Gegners zu suchen beziehungsweise diese zu erzwingen.

    Im Pariser 4-3-3 geschieht das durch ständige Rochaden. Das beginnt im Aufbauspiel und zieht sich bis ins Angriffsdrittel durch. In der Offensive spielt PSG dabei meist ohne einen echten Mittelstürmer. Häufig besetzte Dembele diese Position. Der Weltfußballer spielt seine Rolle sehr weiträumig. Immer wieder lässt er sich bis tief ins Mittelfeld fallen.

    Gleichzeitig starten die Außenstürmer oder Achter in die Räume, die er mit seinen Läufen freizieht, weil ihm Gegenspieler folgen. Gerade die Achter nehmen eine entscheidende Rolle im System ein. Denn sie besetzen konsequent Positionen, die durch das sehr aktive Freilaufverhalten der Mitspieler frei werden. Sie sind der oft unterschätzte Dreh- und Angelpunkt des Pariser Spiels. Die Initiatoren vieler Angriffe.

    Denn gerade für das Gegenpressing ist es wichtig, dass die Rochaden nicht dazu führen, dass das Team bei Ballverlusten unsortiert ist. Und hier spielen Fabian Ruiz und Joao Neves eine zentrale Rolle. Gemeinsam mit Sechser Vitinha sind bilden sie eine extrem spielstarke Achse.

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    Der FC Bayern muss im Pressing vorsichtig sein

    Und rund um diese Achse ist neben technischer Qualität vor allem Tempo gefragt. Nuno Mendes, Achraf Hakimi und die genannten Offensivspieler – sie alle zählen zu den schnellsten Spielern Europas. Das macht sie so schwer zu verteidigen.

    Vor allem aber sind Tempo und Dribblingqualitäten auch ein wichtiger Faktor gegen Teams wie den FC Bayern, der hoch und mannorientiert presst. Bei Mannorientierungen kommt es darauf an, sich schnell vom Gegenspieler zu lösen oder überraschende Momente zu erzeugen. Mit kurzen Dribblings können die Spieler schnell Raumgewinne verbuchen.

    Will man PSG verteidigen, braucht es eine hohe Qualität in den Zweikämpfen und eine sehr hohe Arbeitsrate. Insbesondere die offensiven Flügelspieler – in dem Fall Luis Diaz und Michael Olise – müssen sich auf viel Laufarbeit gefasst machen. Das aber wiederum ist auch eine Stärke der Bayern. Beide arbeiten viel mit nach hinten und vor allem Diaz ist dahingehend eine enorme Verstärkung.

  • Holpriger Start von Paris Saint-Germain

    Hinzu kommt, dass Paris in der Vergangenheit paradoxerweise vor allem gegen Mannorientierungen Schwierigkeiten hatte, wenn der Gegner die entsprechende Qualität dafür hatte. Beim Finale der Klub-WM zog Chelsea den Franzosen so den Zahn.

    Auch die Bayern zeigten im Viertelfinale der Klub-WM trotz Niederlage, dass sie gute Mittel haben, um den Champions-League-Sieger zu stoppen. Dafür müssen sie Lösungen gegen das hohe und aggressive Pressing von Paris finden und gleichzeitig selbst im Pressing viel und vor allem kluge Laufarbeit verrichten.

    Dass Doue verletzt ausfallen wird und Dembele nach einer Oberschenkelverletzung auch noch fraglich ist, dürfte dem FCB dabei ebenso in die Karten spielen wie die grundsätzliche Form, die sie in den vergangenen Wochen hatten.

    Paris ist holpriger in die Saison gestartet. Auch weil der Kader in der Offensive nicht übermäßig breit ist. Der Ausfall von Dembele war nur schwer aufzufangen. Gerade die variable Offensive ist noch nicht richtig ins Rollen gekommen.

    Allerdings war das in der Hinrunde der vergangenen Saison ähnlich, als man sich in die Playoffs der Königsklasse schleppte, um am Ende doch zu triumphieren. Zumindest das Ergebnis des damaligen Aufeinandertreffens in der Ligaphase würden die Bayern wieder nehmen. Damals gewannen sie in München mit 1:0.