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Julian Nagelsmann und seine Verlängerung beim DFB: Zu seinem Glück gezwungen

Das Aus bei der Heim-EM gegen Spanien war erst wenige Minuten alt, da blickte Bundestrainer Julian Nagelsmann schon nach vorne: "Natürlich wollen wir Weltmeister werden, ist doch klar!" Mit dieser mutigen Aussage transformierte Nagelsmann die riesige Enttäuschung umgehend in Zuversicht. Zumindest ein bisschen.

Rund ein halbes Jahr ist das jetzt her und sein mutig geäußertes Ziel wirkt keineswegs unrealistisch. Nagelsmann und seine Mannschaft übertrugen Deutschlands EM-Begeisterung mit erfrischenden Auftritten auf und neben dem Platz in den Alltag. Das DFB-Team feierte im Herbst mitreißende Schützenfeste und gewann seine Nations-League-Gruppe souverän. Gleichzeitig trieb Nagelsmann den personellen Umbruch voran und integrierte neue Gesichter.

Ja, Deutschland ist wieder in der erweiterten Weltspitze und darf auf den WM-Titel 2026 in Nordamerika hoffen. Mit Nagelsmanns vorzeitiger Vertragsverlängerung bis 2028 ist nun ein mögliches Hindernis auf dem Weg zum Titel beiseite geräumt. Ein auslaufender Vertrag direkt nach der WM hätte im Vorfeld des Turniers für Dauerdiskussionen und Unruhe gesorgt - dem beugen Bundestrainer und DFB nun prophylaktisch vor.

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    Nur Gewinner - aber der DFB dürfte der größte sein

    Tatsächlich kennt diese Entscheidung nur Gewinner, der größte dürfte aber der DFB sein. Mit Nagelsmann bindet der Verband einen der gefragtesten Trainer der Welt langfristig. Dass es bis zur EM 2028 Gründe für eine Entlassung geben könnte, erscheint aktuell fast ausgeschlossen. Selbst bei einer verpatzten WM dürfte Nagelsmann der Rückhalt in Verband und Land gewiss sein. Zu schlecht lief es beim DFB vor Nagelsmann jahrelang, zu viel hat er seitdem vorangetrieben. Sollte Nagelsmann selbst zwischen WM 2026 und EM 2028 eine Rückkehr in den Klubfußball anstreben, würde der weiterhin klamme Verband eine hohe Ablösesumme kassieren.

    Apropos Geld: Nagelsmann streicht beim DFB deutlich weniger ein, als er bei großen Klubs bekäme. Seine frühzeitige und langfristige Vertragsverlängerung zeigt einmal mehr, dass der Bundestrainer-Job für ihn mittlerweile eine absolute Herzensangelegenheit ist. Wie sehr ihn die Tätigkeit erfüllt, überraschte offenbar nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch ihn selbst.

    "Ich hätte mir im September 2023, als ich zum DFB gekommen bin, nicht vorstellen können, über die Heim-EM hinaus Bundestrainer zu sein", sagte Nagelsmann bei seiner Verlängerung. "Ich habe mir damals aber auch nicht vorstellen können, was die Nationalmannschaft den Menschen in Deutschland bedeutet. Wie viele Herzen sie erreicht und bewegt."

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    Julian Nagelsmann ist aktuell der perfekte Bundestrainer

    Gewissermaßen wurde Nagelsmann zu seinem Glück gezwungen: Nach seiner Entlassung beim FC Bayern hatte er im September 2023 keinen Job, der DFB suchte einen Bundestrainer und konnte mit der Heim-EM im darauffolgenden Sommer locken. Nagelsmann willigte ein, betrachtete seine Tätigkeit als Bundestrainer zunächst aber als Projekt auf Zeit. Daraus wurde mittlerweile eine zufriedenstellende Dauerbeschäftigung. Mit der nun erfolgten Vertragsverlängerung unterstreicht er diese bemerkenswerte Wandlung einmal mehr.

    Vor seiner Tätigkeit beim DFB galt Nagelsmann in der öffentlichen Wahrnehmung - und wohl auch in seiner eigenen - als klassischer Klub-Trainer. Als umtriebiger Taktiktüftler, der ohne die alltägliche Arbeit auf dem Platz nicht auskommt und zudem gerne im Rampenlicht steht. Gerade beim FC Bayern schien er Spieler und Umfeld mit dieser fordernden Art und freimütigen Kommunikation aber bisweilen etwas zu überfordern.

    Als Bundestrainer sind diese Attribute in der aktuellen Situation jedoch perfekt: So weckte Nagelsmann ein lange nicht mehr dagewesenes Interesse an der Nationalmannschaft - und schürte mit seinen Maßnahmen und seiner Zuversicht Hoffnung auf den langersehnten Titel. Nagelsmann ist aktuell der perfekte Bundestrainer. Zeit für Tätigkeiten im Klubfußball hat er übrigens noch genug. Nach der EM 2028 ist Nagelsmann gerade einmal 40 Jahre alt.

    In diesem Alter trainierte der letzte Triple-Trainer des FC Bayern Hansi Flick die TSG Hoffenheim in der Regionalliga. Und der vorletzte Jupp Heynckes hatte noch nicht einmal sein erstes von mittlerweile vier Engagements beim FC Bayern angetreten.

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