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Jetzt wurde er lange gesperrt! Ex-Bayern-Star Medhi Benatia mischt als streitbarer Sportchef von Olympique Marseille die Ligue 1 auf

Medhi Benatias Markenzeichen als Spieler war der Maschinengewehr-Jubel: Schoss der marokkanische Innenverteidiger ein Tor, imitierte er mit seinen beiden Händen ein Gewehr, blies die Backen auf und ballerte imaginär um sich. So jubelte er während seiner erfolgreichen Zeit in Italien bei der AS Rom und Juventus Turin, nur beim FC Bayern untersagte man ihm sein martialisches Markenzeichen.

"Nachdem ich es bei meinem ersten Bayern-Tor gemacht habe, hat mich der Klub gebeten, es zu lassen", erklärte Benatia damals und beteuerte: "Es sollte keine militärische oder politische Botschaft von mir dahinterstecken. Es war einfach ein Bild, das sagen sollte: Ich schieße viele Tore, zackzackzack. Damit wollte ich niemanden verletzen oder aggressiv rüberkommen."

Oft musste Benatia in München daraufhin sowieso nicht auf seinen Jubel verzichten: Nach der Uraufführung schoss er nur noch zwei weitere Tore für den FC Bayern. Auf Betreiben von Trainer Pep Guardiola 2014 für 28 Millionen Euro von der Roma verpflichtet, schaffte es Benatia in München nie zum unumstrittenen Stammspieler. 2016 zog er zu Juventus weiter und jubelte wieder mit dem Maschinengewehr. Nach Stationen bei Al-Duhail in Katar und Karagümrük in der Türkei beendete er 2021 seine aktive Karriere.

  • BenatiaGetty Images

    Medhi Benatia sah in dieser Saison schon zweimal Rot

    Mittlerweile ist Benatia 37 Jahre alt und Sportdirektor bei seinem Jugendklub Olympique Marseille. Als junges Talent hatte er den Durchbruch bei OM einst verpasst, erst nach einigen Leihen rückte er schließlich in Italien ins Rampenlicht. Was ihm auf dem Platz in Marseille verwehrt blieb, holt Benatia nun eben als Funktionär nach. Und auch in seiner neuen Rolle packt er bisweilen das imaginäre Maschinengewehr aus.

    Im September sah Benatia bei einem hitzigen Duell mit Olympique Lyon die Rote Karte, nachdem er sich allzu vehement über einen frühen Platzverweis von Kapitän Leonardo Balerdi beschwert hatte. In der Halbzeit besuchte er deshalb angeblich sogar die Schiedsrichter-Kabine, letztlich wurde er für drei Partien gesperrt.

    Die nächste Rote Karte kassierte Benatia Mitte Januar beim Pokal-Aus gegen OSC Lille. Diesmal war ein nicht gegebener Elfmeter Auslöser seiner Wut. Die Disziplinarkommission des französischen Fußballverbands sprach gegen den Wiederholungstäter eine Sperre von drei Monaten plus drei weitere Monate auf Bewährung aus.

    Wie schon beim Lyon-Eklat wies Benatia erneut jegliche Schuld von sich und verkündete nun via Instagram: "Die Enttäuschung ist groß. Heute empfinde ich völliges Unverständnis. Der Fußball muss ein Raum des aufrichtigen Engagements bleiben, in dem sich jeder ohne Angst ausdrücken kann." OM kündigte an, Berufung gegen das Urteil einzulegen.

    "Seine Hingabe, sein feuriges Temperament, seine Geradlinigkeit und seine Bereitschaft für den Klub einzustehen - auch wenn er dafür gesperrt oder kritisiert wird - machen ihn zum Fanliebling", sagt GOAL-Experte Naim Beneddra. Benatia passt perfekt nach Marseille. Olympique ist wild wie sein Sportdirektor, oder halt umgekehrt. "Eine einmalige Figur in der Ligue 1" nennt ihn Beneddra - wobei Benatias Verhalten an der Seitenlinie seine gute Arbeit abseits des Platzes etwas in den Hintergrund drängt. "Er ist ein polarisierender, aber auch effektiver Sportdirektor."

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  • GreenwoodGetty Images

    Greenwood, Höjbjerg, Rabiot: Medhi Benatias Neuverpflichtungen überzeugen

    Benatia kehrte im November 2023 nach Marseille zurück. Verantwortlich für seine Verpflichtung war der erst 38-jährige Präsident Pablo Longoria. Die beiden kennen sich aus gemeinsamen Zeiten bei Juve. Benatia war damals Innenverteidiger, Longoria Scout. Obwohl Benatia bei OM zunächst lediglich als Berater des Managements firmierte, war er sofort "eine Schlüsselfigur" neben Präsident Longoria, erklärt Beneddra. Die beiden pflegen eine "exzellente Beziehung" und hätten vom US-amerikanischen Besitzer Frank McCourt "einen Freifahrtschein für den sportlichen Bereich".

    Bereits kurz nach seiner Ankunft legte sich der Schatten-Sportdirektor öffentlich mit einem eigenen Spieler an: Benatia unterstellte Jonathan Clauss Borderline-Verhalten, woraufhin die französische Spielergewerkschaft Benatia wiederum Mobbing vorwarf. Der Klub stützte Benatia, Clauss wurde im Sommer darauf verkauft. Gleichzeitig holte Benatia viele Neuverpflichtungen, die reihenweise überzeugen.

    Der aufgrund seiner Vorgeschichte umstrittene Mason Greenwood kam für 26 Millionen Euro von Manchester United und avancierte direkt zum Topscorer. Für den neuen Stammkeeper Geronimo Rulli zahlte OM nur vier Millionen Euro Ablöse an Ajax Amsterdam. Im Mittelfeld harmonieren Leihgabe Pierre-Emile Höjbjerg von Tottenham Hotspur und der ablösefrei verpflichtete französische Nationalspieler Adrien Rabiot.

    "Rabiots Verpflichtung gilt als Benatias größter Coup", sagt Beneddra. In persönlichen Gesprächen habe Benatia vor allem Rabiots Mutter und Beraterin Véronique vom Projekt OM begeistert. "Diese Überzeugungskraft unterstreicht seine Effektivität und seinen Einfluss auf dem Transfermarkt."

  • Mathys Tel FC Bayern 2024Getty

    Olympique Marseille angeblich an Mathys Tel interessiert

    Eine entscheidende Rolle spielte Benatia auch bei der Verpflichtung von Trainer Roberto de Zerbi, an dem auch der FC Bayern interessiert gewesen sein soll. Nach einem enttäuschenden achten Platz in der Vorsaison ist Marseille mit neuen Spielern und neuem Trainer aktuell erster "Verfolger" von Paris Saint-Germain. Der Rückstand auf den finanziell unangefochtenen Serienmeister aus der Hauptstadt beträgt aber bereits zehn Punkte.

    Benatia wurde als Lohn für seine Arbeit Anfang Januar auch formal vom Berater zum Sportdirektor befördert. "Das war eher die Bestätigung seiner faktischen Zuständigkeiten als eine Änderung seiner Aufgaben", erklärt Beneddra.

    In diesem Winter verkaufte der Sportdirektor Stürmer Elye Wahi für 26 Millionen Euro an Eintracht Frankfurt. Erst im Sommer für eine ähnliche Summe verpflichtet, war Wahi in der Hinrunde blass geblieben. Das Fehlen eines funktionierenden Mittelstürmers dürfte bis dato das größte Manko in Benatias Bilanz sein.

    Als Nachfolger Wahis werden aktuell unter anderem Evan Ferguson von Brighton & Hove Albion, Brian Brobbey von Ajax Amsterdam aber auch Mathys Tel vom FC Bayern gehandelt. Die Konkurrenz beim wechselwilligen Stürmer ist groß - Benatias Überzeugungskraft größer?

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