GFX GOAL Freund Eberl Kompany Getty Images / GOAL

Jede Menge Arbeit für Max Eberl, Christoph Freund und Vincent Kompany: Eine Kaderbaustelle muss der FC Bayern schon im Winter schließen

"Wir werden den kompletten Kader benötigen", sagte Vincent Kompany am vergangenen Freitag vor dem Spiel des FC Bayern München beim 1. FSV Mainz 05 (1:2). Wie so oft beließ es der Belgier bei allgemeinen und wenig konkreten Aussagen. Eine Kommunikationsstrategie, die Teil seines bisherigen Erfolgs ist.

Um mittel- und langfristig weiterhin erfolgreich zu sein und eventuell auch um den Titel in der Champions League spielen zu können, wird man sich beim Rekordmeister aber eingestehen müssen, dass der "komplette Kader" gar nicht mal so komplett ist. Diese Baustellen muss der FCB jetzt bearbeiten.

  • Vincent Kompany Bayern 2024Imago

    Verhaltener Sommer des FC Bayern – rückblickend gar nicht so verkehrt?

    Im vergangenen Sommer wussten die Bayern um einige ihrer Baustellen. Sie wussten aber auch darum, dass es schwer werden würde, sie alle mit nur einem Anlauf zu schließen. Schon deshalb, weil das erste Halbjahr einer Katastrophe für die Kaderplanung gleichkam.

    Erst gab man im Frühjahr die Trennung von Thomas Tuchel für den Sommer bekannt, dann übernahm mit Max Eberl ein neuer Sportvorstand, der gemeinsam mit Sportdirektor Christoph Freund und den anderen Verantwortlichen des FC Bayern in eine langwierige, nahezu desaströs daherkommende Trainersuche startete.

    An großen Transfers wird oft schon Monate vor der Wechselperiode gearbeitet. Gespräche mit allen Parteien, Abwägungen von Alternativen, Verträge und das oft gleichzeitig an verschiedenen Planstellen. Erst Ende Mai stand fest, dass Kompany den FC Bayern übernehmen würde. Erst dann war klar, wohin die Reise sportlich eigentlich geht.

    Dass man sich in München also darauf beschränkte, jene Transfers abzuschließen, an denen man ohnehin schon interessiert war und den Kader gleichzeitig nicht mit Spielern zu überfrachten, die womöglich gar nicht zum neuen Trainer passen, war rückblickend betrachtet wohl die richtige Entscheidung.

    Zumal Eberl und Co. auf der Verkaufsseite die Hände ein Stück weit gebunden waren. Die üppigen Verträge von Leon Goretzka, Kingsley Coman und Serge Gnabry erschwerten es ihnen, Platz für Neues zu machen. Dass Kompany die Kaderprobleme der letzten Jahre einmal selbst kennenlernen musste, um nun gemeinsam mit einer aufeinander abgestimmten sportlichen Leitung Entscheidungen für die Zukunft zu treffen, kann sich noch als Vorteil herausstellen.

  • Werbung
  • Vincent Kompany Bayern 2024Getty

    Vincent Kompany steht beim FC Bayern vor schwierigen Entscheidungen

    Denn Kompany muss nun Entscheidungen treffen: Welche Spieler sind für sein System gemacht und welche eher nicht? So konnten sich Alphonso Davies, Joshua Kimmich oder auch die Innenverteidiger Dayot Upamecano und Min-jae Kim nach teils heftiger Kritik an ihnen sehr positiv präsentieren.

    Wohingegen klar ist, dass man sich von Leon Goretzka wohl bald trennen wird und auch Gnabry, Coman und Leroy Sané weiterhin auf dem Prüfstand stehen. Gerade die im kommenden Sommer auslaufenden Verträge scheinen aktuell ebenso Priorität zu genießen wie die Frage danach, wer dann verkauft und gekauft wird.

    Doch mit Blick auf die zweite Jahreshälfte wird man auch kurzfristig überlegen müssen, den Kader in der Winterpause zumindest auf einigen Positionen etwas zu verändern. Denn so gut es unter Kompany auch lange lief, so offensichtlich ist es, dass die eine oder andere individuelle Schwäche in den entscheidenden Wochen Titel kosten kann.

  • FBL-EUR-C1-BAYERN MUNICH-PSGAFP

    FC Bayern: Pulverfass Innenverteidigung

    Wirklich dringend wäre eine Verstärkung in der Innenverteidigung. Nachdem sich Hiroki Ito schwer verletzt hatte, mussten Upamecano und Kim nahezu in jedem Spiel ran. Die nächsten Alternativen waren Goretzka und der für den Kompany-Fußball zu langsame Eric Dier.

    Nun wird Ito bald eben nicht mehr verletzt sein, was ihm die Möglichkeit gibt, zu zeigen, ob er die Qualität für den FC Bayern hat. Und auch Josip Stanisic hat in seiner Karriere bereits als Innenverteidiger gespielt. Er fühlt sich aber erstens rechts hinten wohler und ist zweitens auch qualitativ keine Optimallösung, wenn mal zwei Spieler ausfallen sollten.

    Wie schnell das geht, zeigte die Hinrunde. Dass es irgendwie zu kompensieren ist, ebenfalls. Im Pokal und in der Bundesliga beim FSV Mainz 05 stand dann eben Dier in der Viererkette. Und doch sollten sich die Bayern bereits im Winter damit befassen, ob es eine Option auf dem Markt gibt, die sofort weiterhelfen kann.

    Die Innenverteidigung ist eines der wichtigsten und anspruchsvollsten Elemente im System Kompanys. Kompromisse kann sich der Trainer hier kaum erlauben.

  • Mathys Tel Bayern 2024Getty Images

    Zwei Talente sollten schnellstmöglich verliehen werden

    Aber auch auf der Abgangsseite könnte man womöglich schon im Winter tätig werden. Mathys Tel kommt derzeit nicht zum Zug und konnte seine Bewährungschance im Auswärtsspiel beim BVB nicht nutzen. Hieß es zunächst noch von allen Beteiligten, dass er sich in München durchkämpfen wolle, muss man jetzt nüchtern festhalten, dass das so wohl nichts wird.

    Interessenten gibt es ausreichend. Tel könnte sich bei einem anderen Klub die Minuten holen, die er für seine nächsten Entwicklungsschritte benötigt. Das gilt auch für Arijon Ibrahimovic, der am Campus über viele Jahre hinweg als eines der Top-Talente gehandelt wurde.

    Zwar gilt der Offensivspieler auch als nicht gerade einfacher Charakter, doch sportlich ist sein Potenzial enorm. Mit nun 19 Jahren wird es auch bei ihm Zeit für einen großen Schritt nach vorn. Beim FC Bayern wird er den nicht mehr machen können. Die Zweitvertretung ist unter seinem Niveau, die Profis sind zu gut besetzt.

  • Manuel Neuer Bayern 2024Getty

    Die Torwartfrage muss beim FC Bayern geklärt werden

    Kompliziert wird es für Eberl und Co. auch in der Torwartdebatte. Manuel Neuer spielt bisher keine gute Saison, hat mit seiner Rippenverletzung zudem unfreiwillig unter Beweis gestellt, dass auf ihn nicht mehr hundertprozentig Verlass ist.

    Das Problem: Bisher hatte Daniel Peretz noch nicht die große Gelegenheit dazu, zu zeigen, dass er besser sein kann als die aktuelle Version von Neuer. Dafür gab es zu wenige Szenen, in denen er sich so richtig auszeichnen konnte. Und auch Alexander Nübel steckt beim VfB Stuttgart eher in einer Formkrise. Zuletzt patzte er mehrfach, unter anderem vergangene Woche in der Champions League beim 5:1-Sieg der Schwaben gegen Bern. So berichtet der kicker aktuell, dass es intern Zweifel an der Eignung Nübels zum FCB-Keeper gebe.

    Weil die Bayern für den kommenden Sommer große Ausgaben planen, wird ein weiteres Jahr mit Neuer, wie es Sky als nahezu perfekt vermeldet, nun also doch zu einer nachvollziehbaren Option. Eine Ablösezahlung im zweistelligen Millionenbereich kommt eher nicht in Frage und wenn man das Gefühl hat, dass Peretz und Nübel nicht deutlich besser wären, wird man diese Baustelle wohl auf den Sommer 2026 verschieben.

  • Florian WirtzGetty

    Welchen Einfluss hat das grundsätzliche Interesse an Florian Wirtz?

    Trotz der feierlich verkündeten Umsatzmilliarde ist der FC Bayern schließlich auch bekannt dafür, eher vorsichtig mit seinen Mitteln zu haushalten. Andererseits weiß man in München ziemlich sicher, wofür man Teile des Vermögens irgendwann ausgeben möchte: Florian Wirtz.

    Am Offensivspieler von Bayer Leverkusen baggert der Rekordmeister bereits seit vielen Jahren. Die Konkurrenz ist mit Real Madrid und englischen Topklubs riesig. Einstellen dürfen sich die Münchner hier auf eine Summe jenseits der 100 Millionen Euro und zusätzlich womöglich ein Salär in der Nähe dessen, was man Jamal Musiala derzeit anbietet. Also: Topverdiener-Gehalt um die 20 Millionen Euro pro Jahr.

    Klappt der Deal, würde das wahrscheinlich auch die taktische Ausrichtung des FC Bayern verändern. Mit dann zwei offensiven Mittelfeldspielern, die sich in den Halbräumen und im Zentrum am wohlsten fühlen, könnte die "Robbery"-Ära mit dribbelstarken Flügelspielern zu Ende gehen. Zumal auch Michael Olise kein klassischer Flügelspieler ist und Paul Wanners Zukunft ebenfalls auf dieser Position liegt. Ein System mit drei Zehnern könnte da reizvoll sein.

    Sané, Coman und auch Gnabry werden also weiterhin auf dem Prüfstand stehen. Erstgenannter hat ohnehin einen auslaufenden Vertrag. Eine Verlängerung könnte mit einem Wirtz-Transfer noch unwahrscheinlicher werden.

    Ob dieser jedoch zustande kommt, muss man abwarten. Zuletzt berichtete der kicker, dass Wirtz seinen bis 2027 laufenden Vertrag in Leverkusen verlängert habe. Eine Bestätigung dafür gibt es nicht, allerdings verdichten sich die Anzeichen, dass der Edeltechniker zunächst mal weiter für Bayer spielen wird. Sollte es so kommen, gilt es für die Bayern den Spagat zu schaffen, kurzfristig in der Offensive gut gerüstet zu sein und mittelfristig Wirtz den Weg zu einem möglichen Transfer finanziell und personell nicht zu verbauen.

  • Tom Bischof Hoffenheim 2024Getty Images

    FC Bayern: Was bleibt sonst noch übrig?

    Der Ausgang der Wirtz-Saga wird auch darüber entscheiden, wie viele Mittel für weitere Transfers zur Verfügung stehen. Gerade die bisherige Zeit von João Palhinha in München zeigt aber, dass es auch im Mittelfeld weiteren Bedarf gibt.

    Eine "Holding Six" im Kader zu haben, ist eine nette Ergänzung, die in großen Spielen Sinn ergeben kann. In den allermeisten Spielen brauchte Kompany mit seinem Ansatz aber spielstarke Mittelfeldspieler wie Kimmich und Aleksandar Pavlovic. Als der zuletzt ausfiel, litt der Ballvortrag so sehr, dass man auch offensiv ungefährlicher wurde. Die Bayern wurden berechenbarer.

    Möglichkeiten gäbe es hier wohl einige. In der Vergangenheit wurde Angelo Stiller immer wieder mit einer Rückkehr zum FC Bayern in Verbindung gebracht, auch wenn konkrete Gerüchte schon länger her sind. Eine ablösefreie Option wäre Tom Bischof, dessen Vertrag bei der TSG Hoffenheim ausläuft.

    Der 19-Jährige steht bereits seit 2021 auf dem Zettel des FCB, wäre sogar schon fast nach München gewechselt. Dort hätte er ab dem kommenden Sommer die Gelegenheit, hinter Pavlovic und Kimmich nicht nur viel Spielzeit zu sammeln, sondern sich auch zu einem perspektivischen Kimmich-Nachfolger zu entwickeln. Zumal ihm seine Offensivqualitäten auch erlauben, hin und wieder weiter vorn zu spielen.