Alan Smith Leeds United 2004Getty Images

"Ich würde nie für Manchester United spielen": Ein Supertalent küsst das Wappen des Erzrivalen - und wechselt später doch zu den Red Devils

Dieser Artikel erschien erstmals 2022 und wurde aktualisiert.

FC Schalke 04 gegen den BVB, Glasgow Rangers gegen Celtic oder auch FC Barcelona gegen Real Madrid – in der Fußballwelt gibt es zahlreiche Rivalitäten, doch wenige sind so verbittert und dennoch heutzutage so wenig präsent wie die Feindschaft zwischen Manchester United und Leeds.

"Historisch gesehen gibt es diese Rivalität schon seit langer Zeit", sagte einst Uniteds Trainerlegende Sir Alex Ferguson über das Duell: "Ich habe immer gesagt, dass die Spiele zwischen Liverpool und Manchester United hart sind, aber sie erreichen nie das Niveau von Spielen gegen Leeds United. Niemals."

Während Leeds' Hochzeit Ende der 1990er-Jahre und Anfang dieses Jahrtausends waren Spiele der beiden Mannschaften geprägt von Hass und wurden oft von gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Fanlagern begleitet. Als im Jahr 2004 nach einem 0:1 gegen Chelsea der Abstieg der Peacocks aus der Premier League besiegelt war, kannte die Freude in Manchester kein Halten mehr.

  • Alan Smith schossen an diesem 15. Mai nach Schlusspfiff die Tränen in die Augen, auf einem Bild sieht man den 23-Jährigen das Wappen küssen, das er seit 13 Jahren auf der Brust getragen hatte. Smith galt in Leeds als Held und hatte geschworen, den Klub vorm Abstieg zu bewahren. Schon bald sollte sich die Liebe der Anhänger in Hass verwandeln.

    In einem Interview fragte Soccer AM im Jahr 2002 den jungen Smith: "Gibt es eine Mannschaft, für die du nie spielen würdest?" Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen und mit einem diebischen Grinsen: "Ja, Manchester United." Später sollte der Angreifer diese Worte bereuen.

  • Werbung
  • Alan Smith Leeds UnitedGetty

    Leeds Uniteds Goldene Ära endet, Alan Smith wird Publikumsliebling

    Geboren in Rothwell, einem Vorort von Leeds, kam Smith im Alter von zehn Jahren in die Akademie des englischen Traditionsklubs. Mühelos kletterte er die Stufen der Jugendmannschaften hinauf und feierte 1998 nur drei Wochen nach seinem 18. Geburtstag sein Profidebüt.

    Beim Stand von 0:1 warf Trainer David O'Leary das Eigengewächs gegen Liverpool ins kalte Wasser und sollte Recht behalten. Mit seinem allerersten Ballkontakt traf Smith zum Ausgleich und leitete damit den 3:1-Erfolg am Anfield ein.

    Nach und nach biss er sich in der Startelf seines Heimatvereins fest und avancierte dabei zum Publikumsliebling. Zeitgleich machten die hohen Schulden Leeds jedoch immer mehr zu schaffen. Spätestens mit den Abgängen von Robbie Keane und Rio Ferdinand im Jahr 2002 war unübersehbar, dass die Goldene Ära des Klubs bald zu einem bitteren Ende kommen würde.

    Nach einem fünften Platz in der Vorsaison entkam der Klub ohne die beiden Stars gerade noch dem Abstieg. Smith war dabei ein wichtiger Faktor und wurde als erster Spieler der Klubgeschichte zwei Spielzeiten in Folge als bester Spieler der Saison ausgezeichnet. Das blieb auch bei der Konkurrenz nicht unbemerkt.

    "Es war die Rede davon, dass ich im Januar gehe, und ich habe mit Sir Alex Ferguson darüber gesprochen“, blickte Smith später im 'UTD Podcast' auf die Saison 2003/04 zurück: "Aber ich konnte im Januar nicht unterschreiben, weil ich mit Leeds die Klasse halten wollte." Doch Smiths Treue half nichts: Nur vier Monate später stieg der Klub nach 14 Jahren im englischen Oberhaus ab – und der Junge aus Leeds ging zum Erzfeind.

  • Alan Smith, Leeds UnitedGetty Images

    Aus dem Fanliebling wird "Judas"

    "United hat Louis Saha von Fulham verpflichtet, also dachte ich, dass mein Wechsel begraben sei und sie mich nicht haben wollten", erklärte Smith: "Ich war zu dieser Zeit zu Hause und Sir Alex rief mich an und ich traf meine Entscheidung in diesem Moment, ohne irgendjemand anderen zu fragen."

    "Ich will mich nicht dafür entschuldigen, dass ich bei Manchester United unterschrieben habe, denn es war eine fußballerische Entscheidung. Aus der Sicht von Leeds war es eine finanzielle Entscheidung", führt er aus und betont: "Ich hätte mir selbst einen schlechten Dienst erwiesen, wenn ich nicht beim damals wohl größten Verein der Welt unterschrieben hätte."

    Smith wechselte für umgerechnet acht Millionen Euro Ablöse zu ManUnited und verzichtete dabei sogar auf einen Anteil an der Transfersumme, der ihm vertraglich zugestanden hätte. Bei den Leeds-Fans punktete er damit jedoch nicht. Der einst gefeierte Publikumsheld wurde in seiner Heimatstadt als "Judas" verspottet.

  • ENJOYED THIS STORY?

    Add GOAL.com as a preferred source on Google to see more of our reporting

  • Cristiano Ronaldo Alan Smith Manchester United 2006Getty Images

    Alan Smith spielt eine starke erste Saison bei ManUnited

    "Für mich war es nicht einmal mehr eine Rivalität. Wenn man nicht in der gleichen Liga spielt wie jemand, verstehe ich nicht, wie das sein kann", rechtfertigte Smith seinen Transfer nur zwei Jahre, nachdem er geschworen hatte, niemals zu den Red Devils zu wechseln.

    Die große Rivalität zwischen den Teams kannte er dabei nur zu gut: "Ich war ein Kind, als Eric Cantona zu ManUnited ging, und ich war wahrscheinlich einer von denen, die Steine auf den Mannschaftsbus geworfen haben, als er kam", lachte Smith im Rückblick.

    Rein sportlich zahlte sich der Wechsel für den damaligen englischen Nationalspieler schnell aus. Trainer Ferguson schwärmte von Smith und setzte ihn in seiner ersten Saison in 31 Ligaspielen ein, was ihm der Offensivspieler mit sechs Toren und drei Vorlagen dankte. Doch Smiths Höhenflug sollte in der Folgesaison ein jähes Ende nehmen.

  • Alan Smith Manchester United Liverpool InjuryGetty Images

    Eine schwere Verletzung läutet Alan Smiths Ende in Manchester ein

    Im Viertelfinal-Rückspiel des FA Cups traf United im Februar 2006 auf den FC Liverpool. Als Smith gerade einen Freistoß von John Arne Riise abwehren wollte, fiel er unglücklich auf seine eigene Ferse und brach sich dabei Schien- und Wadenbein. United-Trainer Ferguson bezeichnete den Bruch später als eine der schwersten Verletzungen, die er je gesehen habe.

    Nach der Verletzung dauerte es ein ganzes Jahr, bis Smith wieder für United auf dem Rasen stand, an seine starken Leistungen knüpfte er jedoch nicht an. Es folgten acht weitere Kurzeinsätze, ehe er Fergusons Starensemble in Richtung Newcastle verließ – allerdings nicht ohne eine Meisterschaft.

    Obwohl er laut den Regularien ein Spiel zu wenig absolvierte, um eine Medaille zu erhalten, gestatte die Liga Smith eine Ausnahme und krönte ihn nach Uniteds Triumph in jener Spielzeit ebenfalls zum Englischen Meister. So nahm seine Zeit beim Erzrivalen aus Kindertagen nach Anfeindungen und einer schlimmen Verletzung doch noch einen versöhnlichen Abschluss.

0