VfL Wolfsburg v Bayer 04 Leverkusen - BundesligaGetty Images Sport

"Ich war hinten dran, das tat weh": Ein fast vergessener Nationalspieler stellt plötzlich Millionentransfers in den Schatten

Als Bayer Leverkusen Anfang September Kasper Hjulmand als neuen Trainer vorstellte, war Jonas Hofmann wegen muskulärer Probleme zwar gerade noch außen vor. Doch die Nachricht nährte bei dem Mittelfeldspieler die Hoffnung, dass er es endlich wieder aus der sportlichen Bedeutungslosigkeit heraus schaffen würde.

  • "Da tauchten auf jeden Fall erste Gedanken auf wie 'Klasse, wir kennen uns. Das passt ja'", sagte Hofmann kürzlich im Interview mit Sport1. Unter Hjulmand war er als Jungspund einst erstmals Stammspieler in der Bundesliga geworden. 2014 beim FSV Mainz 05 war das, der Däne hatte Hofmann zu den Rheinhessen geholt, nachdem jener sich zuvor bei Borussia Dortmund zum Edeljoker aufgeschwungen hatte. Hjulmand setzte auf Anhieb auf den Neuen und der dankte es mit drei Toren in seinen ersten sechs Einsätzen für Mainz, ehe ihn eine Knieverletzung außer Gefecht setzte.

    "Ich wusste, wie er tickt, was er fußballerisch sehen möchte, und fand, dass das eine sehr gute Wahl war", sagte Hofmann über das Wiedersehen mit Hjulmand. Und bis dato haben sich seine Hoffnungen auf eine Renaissance erfüllt: Der 33-Jährige, zuvor beinahe schon in Vergessenheit geraten, ist bei Bayer plötzlich wieder wichtig, plötzlich wieder Stammspieler. Und das, obwohl Leverkusen im Sommer speziell auf seiner Position enorm viel Geld in Neuverpflichtungen investiert hat.

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  • Jonas Hofmann spielte unter Xabi Alonso nur eine Nebenrolle

    Rückblick. In der vergangenen Saison spielte Hofmann, einer der Double-Helden 2023/24, kaum noch eine Rolle. Xabi Alonso setzte einfach nicht mehr auf ihn, für einen Großteil der Spielzeit waren Kurzeinsätze das Höchste der Gefühle. Ganz bitter: Von Anfang November 2024 an blieb Hofmann ein halbes Jahr lang komplett ohne Startelfeinsatz, erst beim 2:2 in Mainz am letzten Spieltag Mitte Mai durfte er mal wieder beginnen.

    Von Alonso fühlte er sich links liegen gelassen und hätte sich von dem Spanier in Sachen Kommunikation "ein bisschen mehr erwartet", wie er im Juli dem Kölner Stadt-Anzeiger sagte. Wäre Alonso nicht zu Real Madrid gegangen, hätte er sich "wahrscheinlich mit einem Wechsel beschäftigt", gab der 33-Jährige zu

    "Über das, was schiefgelaufen ist, habe ich genug geredet. Da ist ein Haken dran, darüber möchte ich nicht mehr sprechen", wollte Hofmann bei Sport1 nun nicht mehr gegen den Ex-Coach nachtreten. Dennoch schilderte er ausführlich, wie schwer es ihm - zwischen Oktober 2020 und November 2023 immerhin fester Bestandteil der deutschen Nationalmannschaft - fiel, mit der perspektivlosen Situation in der Vorsaison umzugehen: "Ich war hinten dran, das tat weh. Im Fußball gibt es viele Faktoren, von denen man abhängig ist, um persönlich zufrieden zu sein. Da merkt man wieder einmal, dass das Leben als Sportler oft ein Auf und Ab ist."

    Seinen Frust über die Rolle als Dauerreservist trug er hin und wieder auch sichtbar zur Schau. "Wir sind alle Menschen. Selbst wenn man die Situation irgendwie bewältigen muss, geht das nie spurlos an einem vorbei. Vor allem nicht mental", erklärte Hofmann und betonte: "Dann muss man jemandem auch mal zugestehen, dass man nicht jeden Tag mit einem Lächeln durch die Gegend läuft. Man hat sein Hobby zum Beruf gemacht, brennt für den Sport und will auf dem Platz stehen. Wenn man das nicht mehr jedes Wochenende darf, geht eben ein bisschen Spaß flöten."

  • Jonas Hofmann Bayer Leverkusengetty

    Kasper Hjulmand setzt bei Bayer Leverkusen wieder auf Jonas Hofmann

    Auch unter Alonsos Nachfolger Erik ten Hag waren Hofmann keine guten Chancen auf die persönliche Wende zugeschrieben worden. Er selbst sieht das anders: "Ich finde das Thema relativ witzig, weil mich manche auch unter ten Hag schon wieder abschreiben wollten. Ich hatte ein gutes Verhältnis zu ihm, eine gute Kommunikation. Er sagte mir, dass ich die ersten Spiele wahrscheinlich gemacht hätte, wenn ich mich nicht in der Vorbereitung verletzt hätte", betonte Hofmann.

    Nachdem ten Hag nach nur drei Pflichtspielen schon wieder entlassen wurde, folgte Hofmanns Glücksfall Hjulmand. Kurz nach dessen Ankunft war er wieder fit, empfahl sich zunächst über Trainingsleistungen und Jokereinsätze und ist seit Mitte Oktober plötzlich wieder gesetzt bei Bayer. Bei seinem ersten Startelfeinsatz der Saison, dem 4:3 in Mainz, lieferte er gleich mal zwei Assists und zeigte dabei jeweils die Cleverness, Spielintelligenz und Ruhe am Ball, die Hjulmand ganz besonders an ihm schätzt. 

    "Er ist nicht super schnell, aber das Timing seiner tiefen Läufe ist sehr gut", lobte der Trainer hinterher auch Hofmanns Bedeutung für Leverkusens Offensiv-Vortrag. "Er hat Erfahrung, hat viel gearbeitet nach seinen Verletzungen und im Training immer besser gespielt." In fünf der sechs letzten Pflichtspiele stand Hofmann in der Anfangsformation, zuletzt gelang ihm sowohl beim 6:0 gegen Heidenheim vor der Länderspielpause als auch beim 3:1 in Wolfsburg am Samstag jeweils ein Tor.

    Hofmann agiert aktuell entweder als Teil einer "Doppel-Zehn" oder auf der rechten Außenbahn. Seine Renaissance ist umso erstaunlicher, da Bayer im Sommer gleich fünf hochkarätige Transfers für das offensive Mittelfeld getätigt hat. Ibrahim Maza wurde von Hjulmand zuletzt etwas zurückgezogen und überzeugt auf der Doppelsechs, Ernest Poku ist eine sprintstarke Waffe bei schnellen Gegenstößen und Malik Tillman findet sich nach und nach besser zurecht. Doch mit Eliesse Ben Seghir (kam für 32 Millionen Euro von der AS Monaco) und dem argentinischen Supertalent Claudio Echeverri (ausgeliehen von Manchester City) waren eigentlich auch zwei weitere Neue in der Hierarchie über Hofmann eingeordnet worden.

  • Malik Tillman Jonas Hofmann Bayer Leverkusen 2025Getty Images

    Jonas Hofmann: Wird sogar das DFB-Team noch einmal Thema?

    Momentan hat der Routinier gegenüber den beiden Youngsters allerdings klar die Nase vorne. Weil er der Mannschaft in Zeiten eines XXL-Umbruchs Stabilität gibt, Zuverlässigkeit mit Kreativität kombiniert und den vielen jungen Spielern als Orientierungspunkt dient. Und weil Hjulmand trotz fortgeschrittenen Alters auch noch Entwicklungspotenzial in ihm sieht: "Ich halte ihn für einen großartigen Spieler, der noch viel Potenzial hat. Ich glaube nicht, dass er mit seinem Alter schon am Ende ist", sagt der 53-Jährige über Hofmann.

    Der gibt das Lob gerne zurück und erklärt das Erfolgsrezept des neuen Coaches, unter dem sich Leverkusen in der Spitzengruppe der Bundesliga festgesetzt und im deutschen Oberhaus bisher 22 von 27 möglichen Punkten geholt hat: "Kasper ist sehr klar und verständlich in seinen Anweisungen, in seiner Idee. Ich mag das, weil es aus meiner Sicht so ist: Je einfacher ein Trainer es hält, desto besser und schneller versteht ihn eine Mannschaft. Das ist in einer Umbruchphase besonders hilfreich."

    In der Nationalmannschaft war Hofmann seit November 2023 kein Thema mehr und die für ihn völlig verkorkste vergangene Spielzeit entfernte ihn immer weiter aus dem Dunstkreis des DFB-Teams, aus dem er mittlerweile vollkommen verschwunden ist. Dass eine Rückkehr in den erlauchten Kreis der besten deutschen Spieler bei anhaltendem Aufwärtstrend möglicherweise noch einmal Thema werden könnte, daran denkt Hofmann laut eigener Aussage "überhaupt nicht". Man solle zwar "niemals nie sagen", aber: "Das ist zurzeit wirklich gar kein Thema, mit dem ich mich auch nur ansatzweise beschäftige. Ich weiß, dass man in der Nationalmannschaft immer ein Kandidat ist, wenn man über längere Zeiträume gute Leistungen zeigt. Aber ich will jetzt erst einmal wieder Konstanz reinbringen und Spielzeit in Leverkusen sammeln. Alles andere ist nicht in meinem Kopf."

    Der einzige Wermutstropfen in Hofmanns derzeitiger Phase ist indes, dass Bayer ihn noch vor Hjulmands Ankunft für die Champions League nicht nominiert hatte und er damit Highlights wie die Partie bei Manchester City am Dienstag verpasst. Dass er "diese speziellen Partien nicht bestreiten kann, stört mich schon sehr", gab der 23-fache Nationalspieler zu. Sollte Leverkusen die K.o.-Phase erreichen, könnte er dafür aber im neuen Jahr nachgemeldet werden. Eine weitere schöne Comeback-Geschichte ist also möglich.

  • Jonas Hofmann in der Saison 2025/26: Seine bisherigen Leistungsdaten für Bayer Leverkusen

    Einsätze9
    Einsatzminuten460
    Tore2
    Assists2