"Ich mag es, Chaos zu stiften": Wechselt der "norwegische Neymar" nach seinem geplatzten 31-Millionen-Euro-Transfer mit Verspätung in die Premier League?

Aus verschiedenen Gründen war das Januar-Transferfenster 2024 das ruhigste der jüngeren Vergangenheit. Selbst die Klubs der Premier League, bei denen die Kohle traditionell locker sitzt, schlugen nicht wie gewohnt zu.

Ausnahmen bestätigen dabei die Regel: Drei englische Vereine wollten Antonio Nusa vom FC Brügge auf die Insel holen. Der FC Chelsea und Tottenham Hotspur waren interessiert, Brentford unterbreitete ein konkretes Angebot.

31 Millionen Euro Ablöse akzeptierte Brügge, der Transfer stand bevor. Doch dann trat ein Problem beim Medizincheck auf. Es wurde ein beschädigter Knorpel bei Nusa entdeckt, das könnte perspektivisch zu Rückenproblemen führen. So zog Brentford sein Angebot zurück und der 19-Jährige spielt weiter in Belgien.

Der Frust bei Nusa saß tief, aber aufgeschoben ist längst noch nicht aufgehoben: In diesem Sommer dürfte der Norweger mit nigerianischen Wurzeln sicherlich auf die Insel wechseln.

GOAL erklärt den Hype um Nusa.

  • Die ersten Schritte

    Der am 17. April 2005 in Langhus, im Osten Norwegens geborene Nusa begann seine fußballerische Laufbahn bei Langhus IL. Als er 13 Jahre alt war wurde ein noch größerer Verein der Region auf ihn aufmerksam: Stabaek Fotball.

    Nachdem er dort in den Jugendmannschaften überzeugt hatte, erhielt er 2021 einen Dreijahresvertrag als Profi. Der junge Angreifer frohlockte: "Das zeigt, dass der Verein großes Vertrauen in mich hat. Heute ist ein großer Tag. Ich habe sehr viel Spaß."

    Kurz nach der Vertragsunterzeichnung folgte die erste Nominierung für den Profikader. Nach einigen Kurzeinsätzen gelang ihm dann auch sein Premierentreffer. Als Stabaek zur Halbzeit 0:4 gegen Bodö/Glimt hinten lag, wurde Nusa eingewechselt. Kurz vor Abpfiff erzielte er dann den 1:4-Ehrentreffer. Er setzte sich auf dem linken Flügel durch, zog blitzschnell nach innen und traf mit einem gezielten Schuss ins obere rechte Eck - ein Traumtor.

    Im darauffolgenden Spiel gegen Viking FK ließ Nusa einen Doppelpack folgen und festigte damit seinen Platz in der Startelf. Diese Leistungen ließen größere Klubs aufhorchen. Schon im August 2021 wechselte er zu Club Brügge nach Belgien.

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  • Antonio Nusa Club Brugge 2023-24Getty Images

    Der große Durchbruch

    Bei seiner Ankunft in Belgien musste sich Nusa zunächst in Geduld üben. Nachdem er sich in seiner Heimat an die ersten Minuten in der ersten Mannschaft gewöhnt hatte, spielte der Teenager in seiner ersten Brügge-Saison fast ausschließlich in der U19 und kam bei den Profis des belgischen Meisters nur einmal zum Einsatz.

    In der UEFA Youth League kam Nusa dafür zu einigen Einsätzen. In einer starken Gruppe mit Paris Saint-Germain, RB Leipzig und Manchester City verpasste er kaum eine Minute, als Brügge in die K.o.-Runde einzog - wo man gegen die Nachwuchsspezialisten des FC Midtjylland aus Dänemark ausschied.

    In der Vorbereitung der Saison 2022/23 beeindruckte Nusa dann - und durfte in der Champions League gegen den FC Porto auf der Bank Platz nehmen. Als der Linksaußen eingewechselt wurde, lagen die Belgier bereits mit 3:0 in Führung. Der Youngster streute dann Salz in Portos Wunden, indem er am angeschlagenen Pepe vorbeidribbelte und mit einem Hammer einnetzte. Es war ein historischer Abend für Club Brügge und ein ebenso bedeutender Abend für Nusa persönlich.

    Mit diesem Treffer wurde er zum zweitjüngsten Champions-League-Torschützen der Geschichte (17 Jahre und 149 Tage). Nur Barcelonas Ansu Fati war in diesem Wettbewerb bei seinem Premierentreffer noch jünger. Sein Tor ließ die Fußballwelt damals aufhorchen.

  • So läuft's gerade

    In der Saison 2022/23 kam Nusa mehrfach bei den Profis zum Einsatz und durfte in den norwegischen Jugend-Nationalmannschaften ran. Beim beeindruckenden Sieg der U19 gegen Frankreich erzielte er einen Treffer von Weltklasseformat, der ihm einen Platz in der U21-Auswahl einbrachte.

    Damals wurde auch der nigerianische Verband auf ihn aufmerksam, besitzt er dank seinem Vater doch auch einen Pass aus dem afrikanischen Land. Im September 2023 entschied sich Nusa jedoch für Norwegen.

    Bei seinem Debüt in der A-Nationalmannschaft sorgte er mit einem Tor und einer Vorlage beim 6:0-Sieg gegen Jordanien für Furore. Nusa hat den "X-Faktor" im letzten Drittel, um Norwegen um die Stars Erling Haaland und Martin Ödegaard nach der verpassten EM 2024 zu verbessern.

    Bei seinem Verein haben Verletzungen die Entwicklung von Nusa in dieser Saison gelegentlich gebremst. Dennoch kommt er insgesamt auf 37 Einsätze, in denen er vier Tore erzielte und vier Vorlagen gab. Der geplatzte Transfer in die Premier League beschäftigt ihn jedoch weiterhin.

  • Antonio Nusa Club Brugge 2023-24Getty Images

    Seine Stärken

    Die größte Waffe Nusas sind seine Dribblings. Der Teenager ist enorm schnell, wendig und hat zahlreiche Tricks drauf, die ihn zu einem Albtraum für gegnerische Abwehrspieler machen.

    Er mutig und sucht gezielt Eins-gegen-Eins-Duelle. Kein Spieler, der mehr als 20 Einsätze absolviert hat, hat in dieser Saison in der Pro League im Durchschnitt mehr erfolgreiche Dribblings (4,38) pro 90 Minuten vorzuweisen. Abgesehen von Malick Fofana (ehemals Gent, mittlerweile bei Lyon) hat in dieser Saison auch kein anderer Pro-League-Spieler öfter den Ball in die Offensive befördert (6,7) als Nusa.

    Nusa ist auch so dribbelstark, weil er beidfüßig ist. Dadurch ist es schwer vorherzusehen, auf welcher Seite er vorbeigehen will. Zudem kann der 19-Jährige auf beiden Seiten eingesetzt werden - und sowohl von links als auch von rechts in die Mitte ziehen.

    Nusas Selbstvertrauen zeigt sich auch im Abschluss. Nur zehn Spieler haben in dieser Saison in Belgien im Durchschnitt öfter aufs Tor geschossen.

    Abseits des Balls arbeitet er außergewöhnlich hart. Dieser Fleiß und seine sich entwickelnde Intelligenz machen ihn zum idealen Spieler für ein Spielsystem mit hohem Pressing bei einem Topklub.

  • Antonio Nusa Norway 2023-24Getty Images

    Woran er arbeiten muss

    Obwohl Nusa viel zu bieten hat, ist er noch weit davon entfernt, fertig entwickelt zu sein. Seine Tor- und Assistzahlen sind alles andere als spektakulär. Bei 34 Schüssen erntete er nur drei Treffer.

    Trotz seiner Dribbelkünste hat Nusa in dieser Saison nur 0,54 Flanken pro 90 Minuten zustande gebracht.

    Auch in körperlicher Hinsicht gibt es Bedenken. Vor allem, wenn er in der Premier League landen sollte, müsste er wohl noch einige Kilos und Muskelmasse zulegen. Mit 1,80 Metern ist er für einen Flügelspieler bereits relativ groß.

  • NeymarGetty

    Der neue ... Neymar?

    "Ich mag es, Chaos zu stiften", sagte Nusa im April 2021 im Interview mit der norwegischen Aftonposten. "Neymar ist mein Vorbild, weil er mit seinen Dribblings für Chaos auf dem Spielfeld sorgt, genau wie ich. Er ist einer der besten Spieler der Welt."

    Und es ist nicht nur er selbst, der Vergleiche mit der brasilianischen Legende anstellt. "Ich sehe Ähnlichkeiten zu Neymar in Nusas Bewegungen und in der Art und Weise, wie er mit dem Ball umgeht", sagte Mats Solheim, ehemaliger Mannschaftskamerad des Teenagers aus Stabaek, im Jahr 2021 zu GOAL. "Es besteht natürlich noch ein Unterschied zwischen ihnen, aber er kann es schaffen."

    Das ist vielleicht etwas untertrieben - Nusa hat noch einen extrem weiten Weg vor sich, um Neymar ebenbürtig zu sein -, aber die Art und Weise, wie er an seinen Gegnern vorbeigleitet, ähnelt dem Brasilianer sicherlich.

  • Antonio Nusa Club Brugge 2023-24Getty Images

    Wie geht es weiter?

    Die körperlichen Probleme, die Nusas Chance auf einen Wechsel in die Premier League im Januar 2021 zunichte gemacht hatten, sind inzwischen behoben. "Sie haben sich also ein wenig Sorgen gemacht", sagte er im Interview mit der norwegischen Zeitung Verdens Gang über den FC Brentford. "Das ist in Ordnung. Wir haben uns natürlich auch Sorgen gemacht. Irgendetwas war nicht in Ordnung. Es war wichtig, der Sache auf den Grund zu gehen. Das haben wir jetzt getan."

    Nusa führte aus: "Es geht um die Gesundheit. Als Fußballer will man 100 Prozent geben. Ich hatte Angst, dass mit meinem Körper etwas nicht stimmt. Es waren schwierige Zeiten, aber es war nicht wirklich ein Problem. Das haben wir herausgefunden."

    Diese Nachricht dürfte das Rennen um die Unterschrift von Nusa in diesem Sommer neu entfachen. Die drei englischen Hauptstadtklubs, die sich im Winter für Nusa interessierten, werden zweifelsohne wieder im Rennen sein.

    Nusas Talent ist unbestritten, aber das hohe Angebot von 31 Millionen Euro von Brentford könnte weitere Interessenten abschrecken. Unabhängig davon scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis Norwegens nächste große Hoffnung in einer der europäischen Top-Ligen aufläuft.

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