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Hat Marc-Andre ter Stegen sein WM-Thema selbst erledigt? Die Lage des Barcelona-Torhüters aus drei Perspektiven

Marc-Andre ter Stegen und die deutsche Nationalmannschaft - das wird offenbar keine Erfolgsgeschichte mehr. Die Beziehung ist seit vielen Jahren belastet. Erst musste sich der Torwart des FC Barcelona jahrelang hinter Manuel Neuer anstellen, dann setzten ihn Verletzungen außer Gefecht.

Die WM 2026 war eigentlich als das Turnier vorgesehen, in dem der gebürtige Gladbacher die Bühne betreten kann, nach der er eine Karriere lang strebte. Stattdessen könnte dieser Sommer zum großen Bruch für ihn werden. Ärger mit dem FC Barcelona, ein recht plötzlich kommender ärztlicher Eingriff und letztlich vielleicht der Verlust seines Platzes in der Nationalmannschaft. Das Drama aus drei Perspektiven.

  • Marc-Andre ter Stegen: Der FC Barcelona ist der größte Verlierer

    In Spanien ist die Kritik am deutschen Torwart in den letzten Tagen gewachsen. Grund dafür ist seine plötzliche Ankündigung einer Rücken-OP. "Unglücklicherweise bin ich nicht schmerzfrei", so der 33-Jährige: "Nach intensiven Diskussionen mit der medizinischen Abteilung des FC Barcelona und externen Experten ist klar, dass der schnellste und sicherste Weg, mich vollständig zu erholen, eine Rücken-OP ist."

    Er gehe von einer dreimonatigen Pause aus. Zuvor hatte der FC Barcelona alles getan, um ihn loszuwerden. Intern und über die typischen Medienspielchen wurde über Wochen an seinem Standing gesägt. Auch das Kapitänsamt soll er abgeben. Ter Stegen wiederum zeigte keinen Willen, Barcelona zu verlassen.

    Für die Katalanen, die Joan Garcia für 25 Millionen Euro als voraussichtliche neue Nummer eins verpflichtet haben, ist das ein Problem. Barcelona hat seit einigen Jahre jeden Sommer Probleme, neue Spieler zu registrieren und braucht Verkäufe. Entsprechend ungelegen kommt nun der Umstand, dass ter Stegen sich erstmal operieren lassen möchte.

    Vor allem über den Zeitpunkt soll man in Spanien nicht begeistert sein. Schließlich hatte der Torwart in den vergangenen Wochen und Monaten durchaus Zeit, den Eingriff vornehmen zu lassen.

    Ein Verkauf wird dadurch jedenfalls erschwert. Im Umfeld der Katalanen wittert man einen Racheakt des deutschen Torhüters. Selbst wenn man sich doch noch darauf einigen könnte, dass ein Wechsel das Sinnvollste wäre, muss sich erstmal ein Klub finden, der ter Stegens Ansprüchen entspricht und der das Risiko eingeht, einen 33-Jährigen zu holen, der erstmal ausfällt.

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  • Marc-Andre ter StegenGetty Images

    Marc-Andre ter Stegen: Wirft er seine Karriere weg?

    Ob ter Stegen nun wirklich auf Rache aus ist, ist fraglich. Schließlich geht es um seine Gesundheit. Freilich hätte er sich die Pause auch früher nehmen können. Klar ist aber auch, dass der Deutsche bis vor Kurzem noch dachte, dass er eine Chance bekommen würde, sich beim FC Barcelona zurückzukämpfen.

    Es ist nicht unüblich, dass solche Eingriffe deshalb so lange wie möglich aufgeschoben werden. Was intern zwischen ihm und seinem Klub vorfiel, ist unklar. Dass die Art und Weise, wie man mit ihm umgegangen ist, aber eine Rolle dabei spielen könnte, dass er sich jetzt operieren lässt, liegt auf der Hand.

    Die Frage ist aber, ob er damit nicht unnötig seine letzten Jahre auf höchstem Niveau gefährdet. Denn schon in der vergangenen Saison deutete sich zumindest an, dass Barcelona ihm nicht mehr hundertprozentig vertraut. Vielleicht hätte er da die Chance gehabt, einen Schlussstrich vorzubereiten.

    Vor allem mit Blick auf die WM im kommenden Jahr wird es für ihn jetzt aber eng. Schafft er es nicht, den FC Barcelona noch in diesem Sommer zu verlassen, wird Julian Nagelsmann wohl mit anderen Torhütern planen und das verbliebene Jahr nutzen, um eine neue Nummer eins zu finden.

    Über seine gesamte Karriere hinweg wartete ter Stegen auf diese Chance. Dass er jetzt operiert werden muss, ist zwar Pech. Doch laut seinem Statement wäre es durchaus möglich gewesen, den Zeitpunkt mit Blick auf seine Planung anders zu legen.

  • DFB-Team muss sich jetzt neu aufstellen

    Nagelsmann bleibt jetzt eigentlich keine andere Wahl: Ter Stegen kann unter diesen Umständen nicht mehr die erste Option für das deutsche WM-Tor sein. Mit U21-Keeper Noah Atubolu vom SC Freiburg hat er eine junge Alternative in der Hinterhand, die er bis zum Sommer 2026 aufbauen könnte.

    Die etwas risikoärmere Variante stellt Oliver Baumann dar, der das Duell mit Alexander Nübel hinter ter Stegen für sich entschieden hatte. Von Baumann bekommt das DFB-Team solide Leistungen auf einem hohen Level, aber auch klare Limitationen im Vergleich zur Weltspitze.

    Für Nagelsmann ist das eine besonders knifflige Situation. Eine, die so vor wenigen Monaten noch gar nicht absehbar war. Wieder mal sind seine Improvisationsfähigkeiten gefragt. Aber unter den drei großen Parteien, so viel ist auch klar, hat der DFB die größten Chancen, als Gewinner aus der Nummer hervorzugehen.

    Denn es ist keinesfalls so, dass ter Stegen unersetzbar ist. Vielleicht wäre der vorgenommene Entwicklungsstart eines jungen Talents wie Atubolu sogar die Königslösung. Und wieder würde sich ter Stegen bei einem großen Turnier fragen müssen, warum die ganze Geschichte mit der Nationalmannschaft so läuft, wie sie eben läuft.

    Vieles davon hatte er nicht zu verschulden. Einiges aber durchaus. Irgendwie wäre es das passende Ende seiner DFB-Karriere, sollte er jetzt sogar ganz aus dem Kader rutschen. Aber noch ist es nicht soweit. Vielleicht findet sich ja doch noch ein Verein, bei dem er nach seiner Operation um die große WM-Chance kämpfen kann. Für den Moment aber sieht der Blick in ter Stegens Zukunft nicht gerade rosig aus.