Arsenal FC v FC Bayern München - UEFA Champions League 2025/26 League Phase MD5Getty Images Sport

FC Bayern verliert gegen Arsenal das erste Pflichtspiel der Saison: Die düsteren Prophezeiungen bewahrheiten sich

Qua Beruf ist Vincent Kompany Lehrer. Fußballlehrer klar, aber Lehrer bleibt nunmal Lehrer. Er unterrichtet und prüft seine Schützlinge wie jeder andere Berufskollege. Und so ließ Herr Kompany seine Schulklasse vom FC Bayern an diesem Mittwochabend einen "Test" schreiben - beziehungsweise er ließ ihn spielen. 

Mit genau diesem Wort beschrieb der Fußballlehrer des Rekordmeisters die Aufgabe, die auf seine Lehrlinge in London beim FC Arsenal zukäme. Eine knallharte Klassenarbeit, die nach Angaben Kompanys in dieser Spielzeit noch keine Schulklasse in Europa mit einer guten Note bestanden habe.

"Man darf heute nicht vergessen: Viele Chancen gegen dieses Arsenal zu kreieren, das passiert fast nie! Das ist heute für uns ein Test, ob wir das schaffen. Keiner hat das bis jetzt geschafft", mahnte der 39-Jährige um circa 20:45 Uhr bei DAZN vor der nun de facto besten Defensive Europas (7 Gegentore in 17 Spielen in der Premier League und der CL) und ergänzte: "Aber deswegen freuen wir uns auch so auf dieses Spiel, wir wollen das versuchen."

Es sollte bei einem Versuch bleiben. 

  • Denn das Endresultat der Münchner Klassenarbeit im Emirates Stadium lautete gut zwei Stunden später: durchgefallen. Und das zumindest mit Blick auf Kompanys Testaufgabe sogar krachend. Denn als die Bayern in der 84. Minute nur fünf Torschüsse verbuchten, war das ein historisch mieser Wert - und Ausdruck der unbestreitbaren Qualität der Gunners, die mit dem 3:1-Sieg über die Bayern zunächst einmal unangefochten die neue europäische Benchmark sind. 

    Nur fünf Abschlüsse in einem Spiel? Das hatte es bei den Bayern im April 2015 zuletzt gegeben. Damals verlor ein erschreckend ideenarmer Rekordmeister in den spielerisch so glanzvollen Zeiten unter Pep Guardiola tatsächlich das Viertelfinalhinspiel mit 1:3 beim FC Porto. Noch länger her, aber nicht minder blamabel, war das 0:4 beim FC Barcelona in den düsteren Zeiten unter Jürgen Klinsmann. Auch damals brachte der FCB nur fünf Schüsse aufs Papier.

    Am Ende ging die Mannschaft von Kompany nicht in diese "Unruhmes-Halle" der Münchner Vereinsgeschichte ein. In der Nachspielzeit brannten der eingewechselte Min-jae Kim und Aleksandar Pavlovic tatsächlich noch einmal ein regelrechtes Feuerwerk ab und schossen binnen sechs Sekunden dreimal aufs Tor. 

    Ein kosmetischer Eingriff, der die Münchner Unterlegenheit an diesem Abend in London besonders in der zweiten Halbzeit aber nur leidlich kaschieren konnte. Schließlich waren die 13 Ballaktionen im gegnerischen Sechzehner und 0,68 expected Goals statistische Tiefpunkte in dieser bis dato fast makellosen Saison der sonst so torhungrigen Bayern. 

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    FC Bayern verliert gegen Arsenal: Die düsteren Prophezeiungen bewahrheiten sich

    Auch deshalb waren sich auf Münchner Seite alle einig, dass die Niederlage bei Arsenal absolut verdient war. "Definitiv", sagte der ungewohnt fahrlässig agierende und fehleranfällige Joshua Kimmich nach dem Spiel. "Wir waren nicht mutig genug, wir waren nicht aktiv genug, wir haben uns gegenseitig nicht genügend Optionen gegeben", bemängelte er. Zudem habe man Arsenal kräftig geholfen und den Hausherren zu viele Standards geschenkt. Sechs Ecken und 13 Freistöße waren es am Ende - zahlreiche davon im letzten Drittel: "Die kannst du nicht alle verteidigen!"

    Die Standardschwäche der Bayern (elf Gegentore 2025 sind der schlechteste Wert seit 2009) und die Stärke der Gunners eben bei den sogenannten "Setpieces", die seit der Ankunft von Standard-Guru Nicolas Jover historische Ausmaße angenommen hat, war schon im Vorfeld des Top-Duells zwischen dem Ersten und Zweiten der Königsklassen-Liga ein viel beachtetes Thema. Und beides zusammen sollte tatsächlich auf gewisse Art und Weise spielentscheidend sein. Wie eine aus Sicht der Münchner wahr gewordene düstere Prophezeiung.

    Schließlich gerieten die Bayern nach einer der vielen und stets brandgefährlichen Ecken tatsächlich in Rückstand. Jurrien Timber schubste erst ein wenig gegen Manuel Neuer und köpfte dann flankiert von zwei Mitspielern und völlig unbedrängt von Neuer oder irgendeinem anderen Münchner im Fünfmeterraum ein. Ein Foul am deutschen Schlussmann?

    "Ich mag keine Ausreden, lass uns ehrlicherweise sagen, dass Arsenal heute besser war. Sie sind unglaublich gut darin, das Spielmomentum zu bekommen und zu halten. Ihr Game-Management ist sehr gut", sagte Klassenlehrer Kompany diesbezüglich und war voll des Lobes für die bestens geölte Arsenal-Maschinerie, die in der siebten Saison unter Mikel Arteta offenbar ihrer vollendeten Perfektion und ergo Titeln entgegenstrebt.

    Ob bei den gefürchteten Standards, die den zwar nicht hoffnungslos unterlegenen, aber sichtbar vor Probleme gestellten Bayern Mitte des zweiten Durchgangs jegliche Luft zum Atmen nahmen, oder beim maximal effizient orchestrierten Gegenpressing: Arsenal präsentierte sich an diesem Abend schlichtweg als zumindest aktuell eine Nummer zu groß. 

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    FC Bayern verliert gegen Arsenal auch aufgrund individueller Patzer

    Zur Wahrheit des Spiels gehörte zwar, dass der Tabellenführer der Premier und Champions League den Gästen das Leben reichlich schwer machte. Aber die Spielentscheidung zugunsten der Londoner führten die Bayern eigentlich selbst herbei. 

    Da war etwa der katastrophale Fehlpass von Dayot Upamecano auf Josip Stanisic im eigenen letzten Drittel, der postwendend zum 1:2 durch Noni Madueke führte (66.). Oder Neuers verhängnisvoller und völlig unnötiger Ausflug vor dem 1:3 von Gabriel Martinelli (77.).

    "Wir haben die einfachen Sachen nicht mehr so gemacht, wie wir das normalerweise machen", bedauerte Kompany die gravierenden Fehler seiner Musterschüler, die ihm zumindest im ersten Durchgang noch ein so gutes Gefühl gegeben hatten, dass sie die ersten Absolventen des Londoner "Tests" sein könnten. "Mein Gefühl war, dass wir in der ersten Hälfte das Momentum nach dem Standardgegentor wieder gefunden und mit der Zeit besser geworden sind."

    Doch der gerade in der Entstehung überragende Ausgleich des einmal mehr überzeugenden Lennart Karl, dem ein genialer 60-Meter-Diagonalball von Kimmich und eine ebenso sehenswerte Direktablage von Serge Gnabry vorangegangen waren, entpuppte sich als einziges echtes Ausrufezeichen der Münchner Offensive über die gesamten 90 und ein paar Minuten. Und Kompanys Gefühl, "dass wir das Spiel in der zweiten Hälfte vielleicht für uns entscheiden könnten", als Trugschluss.

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    Am Ende waren die Bayern zwar in Metriken wie Passquote, Ballbesitz, ja sogar bei den Zweikämpfen am Boden und in der Luft (!!) oder gewonnenen Dribblings und Tacklings teilweise deutlich vorne. Doch diese Bonuspunkte reichten im wahrsten Sinne des Worte nicht, um den Test zu bestehen.

    Allzu große Sorgenfalten löste das aber sowohl beim Lehrer als auch seinen Schülern nicht aus. Berechtigterweise. 

    Ja, die Niederlage "tut weh", wie es Kimmich formulierte. Aber: "Die Champions League wird nicht heute entschieden", wie Kompany treffend anmerkte. Alle sprachen von einem Lernprozess, der nun einsetzen werde. Kimmich etwa verwies auf die krachende 1:4-Pleite der Bayern im Vorjahr gegen den FC Barcelona, die in ihrer Entstehung und im Ablauf wesentlich besorgniserregender war, als diese Niederlage gegen Arsenal.

    "Daraus haben wir damals gelernt", stellte Kimmich fest. Und so soll es auch diesmal sein. Spätestens dann, wenn Kompany seine Klasse zum nächsten Test gegen London her zitiert. Denn diesen, so betonte es der Fußballlehrer der Bayern zum Abschluss des Abends, wünsche er sich sehr.

    "Ich hoffe, dass wir wieder gegen sie spielen und es noch einmal versuchen. Wenn wir im März, April noch die Schritte machen, die wir machen wollen, dann war das Spiel heute auch Teil des Lernprozesses dorthin."

    Bis dahin dürfte sich dann auch das bajuwarische Lazarett endgültig geleert haben. Denn angesichts des so bärenstarken Saisonstarts, in dessen Verlauf mit Bayer Leverkusen, RB Leipzig, Borussia Dortmund, Eintracht Frankfurt, Chelsea und Paris Saint-Germain schon etliche nominelle Top-Teams geschlagen wurden, gerät die verletzungsbedingte Abwesenheit von Jamal Musiala und Alphonso Davies fast schon in Vergessenheit. 

    Der Zweitversuch kann also kommen. Zumal die direkte Versetzung der Bayern ins CL-Achtelfinale selbst nach diesem nicht bestandenen Test wohl kaum gefährdet ist.

  • Champions League: FC Bayern rutscht in der Tabelle ab

    PlatzVereinSpieleDiff.Punkte
    1Arsenal514:115
    2PSG519:812
    3FC Bayern515:612
    4Inter Mailand512:312
    5Real Madrid512:512
    6Borussia Dortmund517:1110
    7Chelsea512:610
    8Sporting Lissabon511:510