FC Bayern München nach Sieg in Kopenhagen in der Champions League: Warum Thomas Müller und Mathys Tel ideale Spieler sind

Wirklich außergewöhnlich war das reine Fußballspiel eigentlich nicht, das sich am Dienstagabend zwischen dem FC Kopenhagen und dem FC Bayern München im Parken-Stadion zutrug. Doch es summierten sich ein paar Begleitumstände, die den 2:1-Sieg des deutschen Rekordmeisterszumindest besonders bemerkenswert gemacht haben.

"Dann kamen wir ein bisschen später rein, aber dafür mit Gebrüll", sagte Thomas Müller nach der Partie beiPrime Video. Das Ausgleichstor von Jamal Musiala hatte den Plan von Trainer Thomas Tuchel etwas durcheinander gebracht, so dass er ihn erst zeitlich leicht versetzt umsetzen konnte.

"Das war tatsächlich witzig. Der Linienrichter hat zum Glück die Situation verpasst, uns einzuwechseln, weil der Ball war einmal kurz im Aus. Da war er irgendwie mit seiner Anzeigetafel zu langsam", erklärte Müller. Diesem Umstand war es somit zu verdanken, dass Musiala bei seinem Treffer noch auf dem Feld stand. Müller, Mathys Tel und Eric Maxim Choupo-Moting, die allesamt schon längere Zeit an der Außenlinie warteten, mussten sich wieder setzen.

Als das Trio, allerdings mit Leon Goretzka statt Choupo-Moting, schließlich drin war, dauerte es lediglich sechs Minuten bis zur entscheidenden Aktion. Nach Vorlage von Harry Kane brachte Müller seine ganze typische Müllerhaftigkeit ein: Erst spritzte er clever dazwischen, dann setzte er sich im Strafraum körperlich am Rande der Legalität gegen seinen Gegenspieler durch und bewies zuletzt noch die ultimative Übersicht in einer Situation, bei der wohl viele andere selbst schießen würden.

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    FC Bayern München: Thomas Müller zieht mit Real-Ikone gleich

    Stattdessen Müller: Pass auf Tel - Tor! Müller sorgte damit höchstselbst für seinen 101. Sieg in der Champions League. Damit zieht der 34-Jährige mit Real-Ikone Iker Casillas gleich und benötigt nur noch 14 Erfolge, um zu Cristiano Ronaldo aufzuschließen.

    Müller hat somit mehr Spiele in der Königsklasse gewonnen als beispielsweise Inter Mailand (99), der BVB (81) oder Manchester City (67). Und nebenbei blieben die Bayern auch im 36. Gruppenspiel der Königsklasse unbesiegt (33 Siege, drei Remis). Sie gewannen nun die vergangenen 15 Gruppenspiele allesamt. Das ist jeweils laufender Rekord in der Historie dieses Wettbewerbs.

    "Das Tor ist natürlich wahnsinnig vorbereitet. Das geht nur mit der Erfahrung und der Kaltschnäuzigkeit", lobte Tuchel Müller später und fuhr fort: "Das ist sehr gut. Der ist einfach hellwach, der weiß, was gespielt wird, schaut sich von draußen die Räume an."

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    FC Bayern: Matthias Sammer schwärmt von Thomas Müller

    Das erwies sich fast schon als unterkühltes Statement, wenn man die überschwänglichen Elogen von Experte Matthias Sammer hörte. Der schwärmte: "Das ist außergewöhnlich. Wenn Müller kommt, ist alles anders. Egal, ob der Müller zu langsam ist, egal, ob er in irgendein System passt oder nicht - Müller musst du normal immer spielen lassen, weil er einfach weltklasse ist." Und weiter: "Müller verändert das Spiel, das ist einfach so. Er antizipiert, wo Bälle hinkommen können. Es geht nicht darum, dass er immer 90 Minuten spielen muss. Aber Müller ist Müller und Müller ist weltklasse. Ich liebe ihn."

    Deutlich nüchterner fiel des Urgesteins Einschätzung aus - und genau das war das Bemerkenswerte daran: "Ich weiß nicht, ob ich eine neue Rolle habe", sagte Müller. "Ich bin ganz normaler Kaderspieler, der um seine Minuten kämpft und am Ende stellt der Trainer auf. Danach müssen wir uns richten, aber ich bin auf jeden Fall bissig." So muss man sich erst einmal äußern, wenn man seit 23 Jahren für den Verein spielt, alle Titel abgeräumt hat und in der laufenden Saison auch verletzungsbedingt nur zweimal in der Startelf stand.

    Das ist dieselbe Anzahl wie bei Siegtorschütze Tel, nur eben mit einem Altersunterschied von 16 Jahren. Der Lauf des Franzosen nimmt mittlerweile beinahe beängstigende Züge an. In den vergangenen neun Pflichtspielen traf Tel sechsmal und lieferte eine Vorlage - begann dabei aber nur ein einziges Mal.

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    FC Bayern München: Mathys Tel mit herausragender Statistik

    Durchschnittlich spielte er dabei rund 25 Minuten pro Partie. Tel kommt derzeit auf den insgesamt besten Minuten-pro-Tor-Schnitt aller Spieler aus Europas fünf großen Ligen - er benötigt lediglich 49 Minuten pro Pflichtspieltor.

    Es ist aktuell mehr als beachtlich, welchen Einfluss der 18-Jährige bei seinen Joker-Einsätzen nimmt und mit welchem Selbstvertrauen er auftritt, sobald er ins Geschehen eingreifen darf. Tels Abschlussqualität sucht ihresgleichen, auch die Müller-Vorlage in Kopenhagen muss man erst einmal so zielgerichtet ins Tor knallen.

    Angesprochen darauf übernahm Tuchel nun den Sammer-Part und lobhudelte: "Er ist einfach gerne hier. Es ist auch mal bemerkenswert, dass jemand nicht sofort immer weg will und das reicht nicht, wie lange ich spiele und ich brauche mehr, wo ist mein Platz?", sagte der Coach. "Er sagt einfach: Ich bin genau richtig hier. Was machen wir, links am Flügel, vorne auf der Neun? Alles klar, ich bin da, ich mach'. Der Junge trainiert sensationell gut, hat einfach die absolut richtige Einstellung gerade zu der Rolle, die er hat. Der ist 18 und macht im Moment das beste daraus. Und zwar deshalb, weil er Lust darauf hat und das so positiv annimmt. Er schließt fantastisch ab im Training. Das ist top."

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    FC Bayern München: Thomas Müller und Mathys Tel sind ideal

    Tuchel hat in Dänemark somit den Sieg eingewechselt. Und er hat in Müller sowie Tel auch zwei ideale Spieler: Der Franzose benimmt sich genau richtig für einen 18-Jährigen, der seit einem Jahr bei einem großen Klub wie dem FCB spielt und nur selten von Beginn an ran darf. Tel hat wie Müller seinen Anspruch und könnte mehr einfordern. Doch das tut er wie Müller nicht, sondern ist geduldig.

    Müller dagegen ist so etwas wie der ideale Altstar: Er spuckt keine großen Töne, sondern nimmt seinen Status quo an und bringt Leistung bringt - unabhängig von früheren Verdiensten. Diese unterschiedliche Bescheidenheit tut der Mannschaft gut und ist auch für Tuchel ein schönes Zeichen.

    Die Chemie innerhalb des Teams scheint zu stimmen, die Entscheidungen des Trainers funktionieren, zumindest auf diese beiden Personalien gemünzt. Weniger euphorisch dürfte Tuchel sein, wenn er das bloße Fußballspiel analysiert. Das war in Kopenhagen nämlich lange Zeit sehr statisch und einfallslos - und keinesfalls so bemerkenswert wie Müller und Tel.

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