Das Problem von Fabio Silva bei Borussia Dortmund sind die anderen. So jedenfalls sagten es Niko Kovac und Julian Brandt.
IMAGO / Kirchner-MediaEr soll schon äußerst fragwürdige Konsequenzen planen: Die brisante Situation zwischen Fabio Silva und dem BVB
Fabio Silva? Brandt macht BVB-Neuzugang eine Ansage
"Ganz allgemein", leitete der Trainer des BVB vor zweieinhalb Wochen auf einer Pressekonferenz ein und erklärte dann, weshalb der portugiesische Stürmer bislang so selten zum Einsatz kam: "Die Jungs, die im vergangenen Jahr das Ding gezogen haben, die haben große Qualität gezeigt. Deshalb ist es normal, dass neue Spieler etwas Geduld aufbringen müssen, auch wenn wir sie für viel Geld verpflichtet haben. Aber die Ablöse bedeutet nicht, dass die anderen deshalb freiwillig den Weg freimachen."
Brandt dagegen gab kürzlich, nachdem Silva als Einwechselspieler beim Sieg in Leverkusen das vorentscheidende 2:0 vorbereitet hatte, etwas mehr Einblick in dessen Seelenleben: "Er muss einfach dranbleiben. Er darf sich nicht zu sehr in diesem negativen Trubel aufhalten, weil ihm das einfach nicht guttut. Mit 20 war ich, glaube ich, auch ab und zu mal so. Wenn es dann nicht lief, waren alle anderen schuld. Er ist jetzt 23 und muss verstehen, dass Fußball schnell in eine Richtung gehen kann, wo man frustriert ist. Aber innerhalb von ein, zwei Tagen kannst du dir auch auf einmal wieder ein Lächeln ins Gesicht holen."
Welcher Gemütszustand bei Silva in diesen Tagen vorherrscht, ist von außen schwer zu beurteilen. Gegen Bodö/Glimt kam er zuletzt zu seinem zweiten Startelfeinsatz innerhalb von acht Tagen. Mehr als zwei sind es allerdings auch insgesamt nicht, seit er im Sommer für 22,5 Millionen Euro nach Dortmund wechselte. Und auch dies spielt eine Rolle.
IMAGO / HMB-MediaFabio Silva forciert angeblich Winter-Abschied beim BVB
Die Gerüchte werden nämlich hartnäckiger, wonach sich Silva aufgrund seiner bislang geringen Spielzeit unter Kovac - er steht bei nur 292 Minuten, verteilt auf 14 Pflichtspieleinsätze sind das 21 Minuten pro Partie - nach einem Winter-Abgang sehnt - ja ihn sogar forciert. Silva, der im November 2024 sein 19-minütiges Debüt für die Nationalelf gegeben hat und seitdem auf den zweiten Einsatz wartet, will im nächsten Sommer mit zur WM. Und dafür muss er spielen, mehr spielen.
Dass er das bislang nur so wenig beim BVB tat, hat teilweise gute Gründe. Silva schleppte eine Adduktorenverletzung mit zur Borussia, durch die Nachwirkungen der damaligen Operation kam er mit riesigem Rückstand an. Den hat er bis heute nicht derart wettmachen können, dass 90 Minuten Fußball drin sind. Es gab damals sogar Berichte, dass Silva das Ausmaß seiner Blessur vor seinem Transfer verschleiert habe.
Das war nicht die einzig merkwürdige Nummer an seiner Akquise. Denn dass die Borussia eine derart hohe Summe in diesen Spieler investierte, verwunderte angesichts der anderen Baustellen im Kader - kein reiner Sechser, kein echter Zehner, kaum noch Tempodribbler - nicht nur auf den ersten Blick. Einen Stürmer hätte es angesichts der Verfügbarkeit von Maximilian Beier und Karim Adeyemi nicht zwingend benötigt. Vor allem, wenn man bedenkt, dass der von allen BVB-Bossen als "Lebensversicherung" angepriesene Serhou Guirassy kaum Ausfallzeiten zu beklagen hat.
IMAGO / FotostandDer BVB spielt mit Fabio Silva offensiv flüssiger
Doch wenngleich Silva alles andere als einen idealen Start bei seinem neuen Klub hinlegte - auf dem Feld machte er stets Eindruck. Vier Torbeteiligungen sind seither zusammengekommen. Wird Silva eingewechselt, bringt er viel Energie und eine hohe Einsatzbereitschaft mit, ist temporeich, bewegt sich sehr gut in die Tiefe und bindet sich dank seiner tollen Technik sowie der hohen Spielintelligenz gut ins Kombinationsspiel ein.
Vor allem bei seinen längeren Einsätzen war zu sehen, wie sehr sich Dortmunds Offensive durch ihn im Vergleich zu Guirassy verändert. Mit Silva spielt es der BVB vorne flüssiger und unberechenbarer, der Guineer wird dagegen ausschließlich als Wandspieler gesucht. Zahlreiche hohe Bälle und noch mehr Flanken werden in seine Richtung gedonnert. Seit einiger Zeit jedoch leidet Guirassys Einfluss auf den Angriff des BVB immer mehr, in den vergangenen zehn Bundesligaspielen etwa war ihm nur noch ein Tor gelungen.
"Wir haben zwei sehr gute Stürmer. Sie haben beide die Qualität, von Beginn an zu spielen", sagte Kovac dieser Tage. "Fabio geht eher in die Tiefe. Serhou fungiert als Wandspieler. Wir haben zwei unterschiedliche Spielertypen gesucht, die uns Variabilität geben. Wir sind mit beiden sehr zufrieden."
Getty ImagesFabio Silvas Wechsel zum BVB: Was hat er sich denn erwartet?
Sehr fragwürdig wäre es daher, sollten die Dortmunder in den kommenden Wochen tatsächlich Silvas kolportiertem Wunsch entsprechen und ihn möglicherweise per Leihe vorerst wieder abgeben. BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl hatte zuletzt betont, es sei "nicht der Plan", im Winter Spieler zu verlieren. Untermauert wurde dies angeblich durch eine deutliche Ansage an Silvas Management.
Fragen bleiben dennoch, weshalb die Personalie weiter brisant ist. Silva kam verletzt von einem La-Liga-Absteiger in eine Truppe, die gerade eine Siegesserie hingelegt und mit Guirassy den besten Torschützen der Champions League im Kader hat. Was also hat er sich unter diesen Voraussetzungen in den gerade erst drei vergangenen Monaten seit seiner erstmaligen Teilintegration ins Training erhofft?
Silvas offensichtlicher Frust über das häufige Reservistendasein lässt sich freilich auch mit der Tatsache erklären, dass Kovac trotz seiner Flaute vorrangig auf Guirassy setzt. Der Coach sagte zuletzt bereits, Silva sei "zu kurz" gekommen. Kovac wäre derjenige gewesen, der dies hätte ändern können, doch er ist kein Freund früher und offensiver Wechsel. In der Hälfte seiner Einsätze setzte er Silva weniger als zehn Minuten ein.
Blitz-Transfer von Fabio Silva würde auf niemanden ein gutes Licht werfen
Es war nach Silvas Wechsel in das bereits siebte Land seiner Karriere klar, dass er Geduld und Widerstandsfähigkeit benötigen würde. In Dortmund ist das für ihn bislang höchste Niveau gefragt, eine Garantie auf sofortige Startelfeinsätze konnte es nicht geben.
Bestreitet der BVB die zweite Saisonhälfte nun tatsächlich gänzlich ohne ihn, würde das kein riesiges Loch in den Kader reißen. Es würde vielmehr den Erwartungshorizont von Silva und seinen Beratern in Frage stellen - und zugleich das nächste merkwürdige Schlaglicht auf die Transferpolitik der Westfalen werfen.
Fabio Silva: Die Statistiken seiner Karriere als Profi
- FC Porto: 21 Spiele, 3 Tore, 2 Vorlagen
- Wolverhampton Wanderers: 72 Spiele, 5 Tore, 6 Vorlagen
- RSC Anderlecht: 32 Spiele, 11 Tore, 4 Vorlagen
- PSV Eindhoven: 19 Spiele, 5 Tore, 2 Vorlagen
- Glasgow Rangers: 25 Spiele, 6 Tore
- UD Las Palmas: 25 Spiele, 10 Tore, 3 Vorlagen
- Borussia Dortmund: 14 Spiele, 1 Tor, 3 Vorlagen

