Es hat sich bei Eintracht Frankfurt in den vergangenen Jahren gewissermaßen zum Geschäftsmodell entwickelt. Junge, teilweise noch völlig unbekannte Spieler werden aus Frankreich in die Bundesliga gelockt, dürfen sich dort ein paar Jahre lang austoben und alles kurz und klein schießen, ehe sie mit abenteuerlichen Gewinnmargen an europäische Topklubs weiterveräußert werden.
Getty ImagesEr kam als No-Name und soll nun mindestens 70 Millionen Euro einbringen: Eines der spannendsten Talente Europas verzaubert die Bundesliga
Getty Images SportDas klappte beim "Prototypen" dieses Konzepts, Randal Kolo Muani, den die SGE mit einem Transferplus von sage und schreibe 95 Millionen Euro an Paris Saint-Germain abgab, bereits hervorragend. Und auch bei Hugo Ekitike, der im zurückliegenden Sommer für eine identisch hohe Ablösesumme ins Trikot des FC Liverpool wechselte, betrug der Nettogewinn der Eintracht schlussendlich noch über 60 Millionen Euro.
Der nächste Kandidat, der diese "Tradition" in absehbarer Zukunft fortsetzen könnte, ist Jean-Matteo Bahoya. Als weitestgehend unbekannter No-Name schloss sich der 19-Jährige im Januar 2024 den Frankfurtern an, nun wird er, nach seinen furiosen Auftritten an den ersten beiden Spieltagen der neuen Bundesliga-Saison, bereits als der aufstrebende Shootingstar gefeiert, welcher der SGE das nächste fette Transferplus bescheren könnte.
Beim äußerst überzeugenden 4:1-Auftaktsieg gegen Werder Bremen netzte er selbst zweimal, eine Woche später trat er gegen die TSG aus Hoffenheim (3:1) dann als Vorlagengeber in Erscheinung. Weitet man die Statistik auf den DFB-Pokal aus, kommt gar noch ein Treffer dazu, den Bahoya beim 5:0-Erfolg bei Oberligist FV Engers 07 erzielte. Summa summarum stehen nach drei Pflichtspieleinsätzen 2024/25 drei Tore und ein Assist zu Buche - eine für die zugegeben noch junge Spielzeit nicht ganz so verkehrte Bilanz.
Getty ImagesBahoya braucht Anlaufzeit bei Eintracht Frankfurt
Dabei sprach nach Bahoyas Ankunft vor anderthalb Jahren zunächst nur wenig für eine derart steile Entwicklungskurve. Im Trikot seines vorherigen Klubs, dem SCO Angers, kamen in der Hinserie der Saison 2023/24 bei 19 Einsätzen in der zweiten französischen Liga lediglich fünf Treffer bei herum. Eine Quote, die für einen gerade einmal 18-jährigen Teenager ohne Zweifel aller Ehren wert ist, aber eben auch nichts, was einschlägige Hobby-Manager von den Sitzen holen würde.
Bei der Eintracht tat sich Bahoya anfangs ebenfalls schwer. Bis zum darauffolgenden Sommer rotierte der Linksaußen zumeist zwischen Bank und Tribüne hin und her. Seinen einzigen Startelfeinsatz verbuchte er dann ausgerechnet bei der 0:3-Pleite gegen den VfB Stuttgart. Im Umfeld der SGE nährten sich in dieser Zeit bereits erste Zweifel an der Verpflichtung Bahoyas, die der 19-Jährige dann erst ab Mitte der vergangenen Saison nach und nach ausmerzte.
So gehörte er nach der Winterpause immer öfter zum Spieltagskader von Trainer Dino Toppmöller und erkämpfte sich kontinuierlich seinen Platz in der ersten Mannschaft. Gleichwohl lasen sich die Statistiken weiterhin nicht sonderlich berauschend - mit lediglich sieben Torbeteiligungen (drei Treffer, vier Assists) in 33 Pflichtspielen schien Bahoya nach wie vor unter seinen Möglichkeiten zu performen.
Bei Eintracht Frankfurt ließ man sich dahingehend aber keineswegs aus der Ruhe bringen. Markus Krösche wurde von Beginn an nicht müde zu betonen, dass er von den Qualitäten des Franzosen mehr als überzeugt sei: "Jean-Matteo ist sicherlich eines der größten französischen Talente momentan", erklärte er unmittelbar nach der Vertragsunterschrift des 19-Jährigen. Wie ernst es dem SGE-Sportvorstand mit dieser Einschätzung war, untermauerte er mit der Summe, die er ins westfranzösische Angers überwies - rund acht Millionen Euro Ablöse ließ sich die Eintracht Bahoya dem Vernehmen nach kosten.
Ein Vertrauensbeweis, der sich nun auszuzahlen scheint. Dass es Frankfurt bei Bahoya nicht nur ums schnelle Geld sondern allen voran um die fußballerische Entwicklung ging, belegt auch eine erst kürzlich enthüllte, angebliche Offerte eines saudi-arabischen Klubs, der im Sommer wohl bereit war, 60 Millionen Euro für den Franzosen auf den Tisch zu legen. Viel zu wenig für die Verantwortlichen der Eintracht, die Bahoyas "Potenzial-Preis" intern auf mindestens 70 wenn nicht sogar 80 Millionen Euro kalkulieren sollen.
Getty ImagesBahoya überzeugt im Zusammenspiel mit Uzun
Zumindest in den ersten drei Saisonspielen hat der Linksaußen gezeigt, dass diese Einschätzung keinesfalls unrealistisch ist. Mit seinen brandgefährlichen, technisch versierten Tempodribblings hebt er das Flügelspiel der Frankfurter Eintracht auf ein neues Niveau, hinzu kommen nötige Zug zum Tor sowie eine für sein Alter schon außergewöhnlich gute Entscheidungsfindung in Drucksituationen.
Vor allem im Zusammenspiel mit dem anderen überragenden SGE-Youngster Can Uzun, der ihm gegen Bremen beide Treffer mustergültig auflegte, weiß Bahoya zu überzeugen. "Ich liebe es, mit Can zu spielen, weil er ein Zocker ist", lautete das Fazit nach der Gala-Vorstellung gegen Werder. "Er hat sehr gut gespielt und er kennt mich, wenn er also sieht dass ich Platz habe, um zu laufen oder zu schießen, gibt er mir den Ball. Ich hoffe, ich spiele noch oft mit Can zusammen."
Jedenfalls fürs Erste dürfte ihm dieser Wunsch erfüllt werden. Toppmöller zeigte sich nach dem Bundesliga-Auftakt äußerst zufrieden mit der Leistung seines neuen Super-Duos, Bahoya erhielt vom sonst eigentlich eher nüchternen Frankfurt-Coach sogar ein Sonderlob: "Ich glaube, dass der Start sich sehen lassen kann. Einen Schritt weiter was Körperlichkeit und taktisches Verständnis betrifft. Da finde ich ihn mittlerweile herausragend gut."
Das nötige Selbstvertrauen für weitere Spitzenleistungen ist beim 19-Jährigen nun ohne Zweifel vorhanden. "Ich habe die Freiheit, meinen Fußball zu zeigen. Wenn ich kann, würde ich in dieser Saison gerne 20 Tore schießen." Spätestens dann dürfte Europas Elite wieder vorstellig werden in Frankfurt und mit dem nächsten millionenschweren Angebot wedeln.

