Sachen gibt's: Fast auf den Tag genau drei Jahre war es her, da erzielte Daniel Svensson Ende April 2022 bei Tabellenführer Viborg FF sein erstes Tor für den FC Nordsjaelland - per Kopf. Es war der Treffer zum 1:1-Endstand in der 84. Minute. Im April 2025 schließlich traf er erstmals für Borussia Dortmund - auch per Kopf. Das 3:1 des Linksverteidigers im Heimspiel gegen Gladbach bescherte einen wichtigen Zwei-Tore-Vorsprung, den sich der BVB nicht mehr nehmen ließ.
GettyEr ist der perfekte Spieler für Niko Kovac! Löst ein Musterschüler beim BVB eine Wende bei Transfers aus?
gettyDer im Winter am finalen Tag des Transferfensters per Leihe vom dänischen Erstligisten verpflichtete Svensson erweist sich jedoch nicht nur aufgrund dieses Ereignisses als absoluter Volltreffer für Dortmund. Der 23-Jährige hat sich schnell als Leihspieler entpuppt, wie man sich einen Leihspieler vorstellt. Er ist damit auch der Gegenentwurf zum zeitgleich geholten Carney Chukwuemeka, der das gesamte Leihgeschäft über körperlich aufgepäppelt werden muss.
Svensson dagegen schlug topfit beim BVB auf, wurde ins kalte Wasser auf einem für ihn bislang gänzlich unbekannten Niveau geschmissen und schwamm derart souverän mit, als hätte er niemals etwas anderes gemacht. Dass er diesen Sprung beinahe ohne jede Anpassungsschwierigkeiten meisterte, ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass Svensson in den zwei, drei Monaten vor dem Wechsel aufgrund der Spielpause in Dänemark keinerlei Wettkampfpraxis und 2025 lediglich ein Testspiel in den Beinen hatte.
Als "sehr dynamisch und aggressiv" beschrieb ihn Trainer Niko Kovac bereits und erwähnte gleich weitere Vorzüge des Schweden: "Sensationell beim Sprinten, sehr ordentlich am Ball, wenige Fehler, immer anspielbar und bereit, den Angriff einzuleiten." Svensson ist für einen Coach wie Kovac, der auf Leidenschaft, Laufstärke und Disziplin Wert legt, der perfekte Spieler. Ein Musterschüler aus dem Bilderbuch.
gettyDaniel Svensson ist ein einst typischer BVB-Wechsel
"Bis vor drei Monaten in der dänischen Liga unterwegs gewesen. Die Champions League nur aus dem Fernsehen gekannt", würdigte ihn die Social-Media-Abteilung des BVB nach einer tollen Leistung beim 3:1-Heimsieg gegen den FC Barcelona. Svensson hatte da mal eben dem kommenden Weltfußballer Lamine Yamal die Lust am Kicken genommen und ist auch noch offensiv weite Wege gegangen.
Die Leihe von Svensson, die aufgrund einer nach nun 15 absolvierten Einsätzen greifenden Kaufpflicht zu einem permanenten Wechsel für insgesamt rund 8,3 Millionen Euro Ablöse wurde und ihm einen Vertrag bis 2029 einbringt, ist nach langer Zeit mal wieder ein einst typischer BVB-Transfer. Einer mit Fantasie, der an das frühere Scoutingschema des BVB von vor über zehn Jahren erinnert.
Damals waren die Westfalen freilich auch aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, kreativ zu sein und talentierte Spieler aus der zweiten oder dritten Reihe des europäischen Fußballs zu entdecken. Es waren die Zeiten von Transfers wie von Neven Subotic (für 4,5 Millionen Euro aus Mainz), Sven Bender (1,5 Mio. von 1860 München), Lucas Barrios (4,2 Mio. von Colo-Colo), Robert Lewandowski (4,75 Mio. von Lech Posen), Shinji Kagawa (ablösefrei von Cerezo Osaka), Ilkay Gündogan (5,5 Mio. aus Nürnberg) oder Pierre-Emerick Aubameyang (13 Mio. von Saint-Etienne).
BVB auf dem Transfermarkt: Viel Geld, wenig Leistung
Aus diesen Kickern bastelte der BVB eine homogene, hungrige Mannschaft, die leidenschaftlichen Fußball spielte und stets in der Lage war, sich gegen Widerstände zu wehren. Das reicht an einem Fußballstandort im Ruhrgebiet als Rezept aus, um Identifikation und Emotion bei den Fans zu wecken.
Nach dem sportlichen und vor allem finanziellen Aufstieg, den die Ära Jürgen Klopp mit sich brachte, griffen die Dortmunder - gewiss auch nachvollziehbar - immer häufiger in höhere Regale auf dem Transfermarkt und verpflichteten nun für viel Geld bekannte Spieler. Allein für Andre Schürrle (aus Wolfsburg), Abdou Diallo (aus Mainz), Nico Schulz (aus Hoffenheim) und Thorgan Hazard (aus Gladbach) - man könnte die Liste noch deutlich erweitern - gab der BVB insgesamt 109 Millionen Euro nur an Ablösesummen aus.
Keiner dieser Spieler zahlte diesen Betrag auch nur annähernd mit Leistung zurück. Dortmunds Mannschaften verloren in der Folge zusehends an Leidenschaft, die Verpflichtungen an Kreativität, die Fans an Begeisterung. Sportlich pendelte man sich zwar auf einem hohen Niveau ein und sorgte so sowie mit hochkarätigen Verkäufen für die Wahrung des Status quo. Mehr Titel als unter Klopp sprangen aber nicht heraus.
gettyDaniel Svensson: Sehnsuchtstransfer vieler BVB-Fans
Einer wie Svensson, der wenig Geld kostet, mit viel Herz und auch technisch sauber spielt, dabei schon recht abgeklärt auftritt, unermüdlich wie ein Hase rennt, großes Potenzial mitbringt und für jeden sichtbar den Schritt nach Dortmund als große Ehre wie Chance für seine Karriere begreift, ist nun dagegen ein echter Sehnsuchtstransfer vieler BVB-Fans. Niemand in Kovacs Truppe weist bessere Laufwerte auf. Im April wählten ihn Fans, Klub-Vertreter und ausgewählte Bundesliga-Experten zum Rookie des Monats vor Bayerns Michael Olise und Unions Leopold Querfeld. Weit hat es Svensson zum Publikumsliebling nicht mehr.
Er ist damit ein echter Lichtblick in der Großbaustelle BVB-Kader. Man könnte meinen, Linksverteidiger können sie mittlerweile in Dortmund. Im Vorjahr holte man zum selben Saisonzeitpunkt Ian Maatsen von Chelsea, der ebenfalls aus dem Stand groß aufspielte. Doch im Sommer folgte eine von mehreren fatalen Fehleinschätzungen, was die Zusammenstellung der Mannschaft angeht.
Der BVB versuchte es links hinten mit Nachwuchsspieler Almugera Kabar als Backup für den zuvor auch nicht gerade überzeugend auftretenden Ramy Bensebaini. "Wir haben drei Trainer gebraucht, wir mussten im Winter Spieler nachverpflichten - dann kann nicht alles gut gewesen sein", gab Sport-Geschäftsführer Lars Ricken jüngst immerhin zu.
gettyUmdenken statt Umbruch? Daniel Svensson als gelungener Auftakt
Zudem kündigte Ricken nur "punktuelle" Veränderungen des Kaders im Sommer an. Es ist klar, dass es nicht ausschließlich mit Spielern der Kragenweite Svensson gehen wird. Doch spätestens nach Platz fünf in der vergangenen und nun maximal Rang vier in der aktuellen Saison hat sich beim BVB deutlich gezeigt, dass sich mit den derzeit etablierten Profis und dem zuletzt angewandten Beuteschema bei Transfers der Wunsch zu größerer sportlicher Konstanz und mehr Resilienz nicht realisieren ließ.
Die Verantwortlichen um Ricken und Sportdirektor Sebastian Kehl müssen nach Saisonende zahlreiche Schlüsse aus den vergangenen zwölf Monaten ziehen. Wenn es kein größerer Umbruch sein soll oder kann, würde zumindest ein klares, langfristiges Umdenken in der Personalpolitik guttun. Die Personalie Svensson könnte dafür ein gelungener Auftakt gewesen sein.
BVB: Die kommenden Spiele von Borussia Dortmund
Datum (Uhrzeit)
Gegner
Wettbewerb
Samstag, 17. Mai (15.30 Uhr)
Holstein Kiel (H)
Bundesliga
Dienstag, 17. Juni (18 Uhr)
Fluminense
Klub-WM
Samstag, 21. Juni (18 Uhr)
Mamelodi Sundowns
Klub-WM
Mittwoch, 25. Juni (21 Uhr)
Ulsan
Klub-WM

