Eine völlig neue Position für Mohamed Salah und Florian Wirtz in einer bekannten Rolle: Wie Alexander Isak beim FC Liverpool in die teuerste Offensive der Welt passen könnte

Es gab eine Zeit, in der es in Europa und damit auch im englischen Fußball üblich war, mit zwei Mittelstürmern zu spielen. Thierry Henry und Dennis Bergkamp gingen gemeinsam beim FC Arsenal auf Torejagd, Dwight Yorke und Andy Cole waren bei Manchester United gefürchtet, und sogar Niall Quinn und Kevin Phillips richteten beim AFC Sunderland mit ihrer klassischen "Big Man, Small Man"-Partnerschaft enormen Schaden an.

Die Zeiten haben sich geändert und das Spiel hat sich weiterentwickelt, die Sturmreihen sind heute flexibler sind als je zuvor – wie Paris Saint-Germain beim Gewinn der Champions League in der Vorsaison mit drei gelernten Flügelspielern (Kvicha Kvaratshelia, Ousmane Dembele und Bradley Barcola/Desire Doue) eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat.

Liverpool hat im Laufe der Jahre mit durchaus gefährliche Duos in seinen Reihen gehabt (Kevin Keegan & John Toshack, Kenny Dalglish & Ian Rush, Michael Owen & Emile Heskey, Luis Suarez & Daniel Sturridge). Die Entwicklung aber machte auch vor der Mersey nicht halt. Kehrt nun nach über zehn Jahren der Zweiersturm zurück?

Isak und Ekitike sind sich als große, drahtige, technisch begabte Stürmer mit Tempo unheimlich ähnlich. Ursprünglich ging man deshalb davon aus, dass Newcastle Ekitike als Ersatz für Isak wollte – und dass Liverpool Ekitike als Alternative zu Isak scoutete.

Newcastle-Coach Eddie Howe war jedoch eindeutig der Meinung, dass die beiden zusammen spielen könnten, und Slot sieht das genauso. Die erste Hälfte der letzten Saison verdeutlicht, warum.

Bevor Omar Marmoush im Winter von Eintracht Frankfurt zu Manchester City wechselte, sorgte der Ägypter nicht zuletzt dank Ekitike für Furore in der Bundesliga. Die beiden harmonierten hervorragend miteinander und waren an insgesamt 51 Toren direkt beteiligt. Es ist daher nicht schwer, sich vorzustellen, dass auch Isak an der Seite von Ekitike aufblühen könnte. Der Franzose lieferte bei der Eintracht danach auch ohne seinen Ex-Sturmpartner ab.

"Ich mache natürlich, was der Trainer von mir verlangt, aber ja, ich mache gerne alles", sagte der 23-Jährige den Vereinsmedien. "Ich kann mich nicht nur als Stürmer definieren, der gerne Tore schießt: Ich spiele gerne, ich bin gerne involviert und kreiere auch gerne Chance."

Ekitike führte aus: "Ich kann also beides – ich kann alleine spielen und ich spiele auch gerne mit einem anderen Stürmer zusammen. Ich denke, das macht mich vielseitig, und wie Sie wissen, muss man sich im Fußball heutzutage anpassen."

Natürlich hätte ein System mit zwei Mittelstürmern zahlreiche Auswirkungen. Salah könnte eher als klassischer Rechtsaußen spielen – ebenso wie Cody Gakpo auf der gegenüberliegenden Seite –, während Wirtz in seiner klassischen Rolle als Spielmacher direkt hinter Isak und Ekitike auflaufen könnte. Das würde jedoch bedeuten, dass Ryan Gravenberch im zentralen/defensiven Mittelfeld allein wäre. Eine extrem offensive Variante! Daher ist es erstmal unwahrscheinlich, dass wir Isak, Ekitike, Salah, Wirtz und Gakpo gleichzeitig auf dem Platz sehen werden - es sei denn, Liverpool drängt in der Schlussphase eines Spiels gegen einen tief stehenden Gegner auf ein Tor.

Tatsächlich würde eine Doppelspitze nur funktionieren, wenn Salah und Wirtz als doppelte Zehner spielen würden – ähnlich wie einst Kevin De Bruyne und Ilkay Gündogan bei Manchester City. Gravenberch und Alexis Mac Allister würden dann das Mittelfeld absichern und die sehr offensiv ausgerichteten Außenverteidiger Milos Kerkez und Jeremie Frimpong würden für Breite sorgen. Das wäre jedoch ebenso ein riskantes Unterfangen – nicht zuletzt, weil Wirtz und Salah derzeit in ihren gewohnten Rollen zu kämpfen haben. Doch würde Wirtz das gut tun? Er kennt diese Rolle bereits aus der deutschen Nationalmannschaft, wo er mit Jamal Musiala teils genial aufdrehte. In der Premier League muss er sich jedoch erst noch beweisen. Und auch Salah müsste sich an diese Rolle erst einmal gewöhnen.

Daher scheint es viel wahrscheinlicher, dass Slot seine bevorzugte 4-2-3-1-Formation beibehalten wird – nur mit geringfügigen taktischen Anpassungen und vielleicht häufigeren personellen Veränderungen von Spiel zu Spiel.

Ekitike könnte es so nach links ziehen, da er ohnehin dazu neigt, sich nach außen zu orientieren. Genau wie Gakpo, der nach seiner Ankunft vom PSV zunächst hauptsächlich im Zentrum spielte, und auch Isak ist Ekitike ein sehr moderner und beweglicher Stürmer, der es liebt, nach innen auf seinen bevorzugten rechten Fuß zu ziehen. Doch will der Franzose permanent dort spielen - oder ist er zu groß für einen Flügelspieler?

Liverpools datenbesessenes Rekrutierungsteam liebt multifunktionale Stürmer, die gut pressen. Die Herausforderung wird natürlich darin bestehen, sicherzustellen, dass niemand wegen zu wenig Spielzeit eingeschnappt wird.

Gakpo, der gerade langfristig verlängert hat, zum Beispiel wäre gewiss nicht glücklich, wenn er seinen Stammplatz an Ekitike abgeben müsste. Gleichzeitig scheint es, als müsse Ekitike aufgrund seiner Mega-Ablöse spielen. 

Die Ankunft von Isak ist sicherlich auch für Federico Chiesa keine gute Nachricht. Der Italiener stand im Sommer kurz vor einem Wechsel, blieb jedoch. Er wurde bisher in allen drei Premier-League-Spielen dieser Saison eingewechselt und erzielte das entscheidende dritte Tor beim Auftaktsieg gegen Bournemouth in Anfield. Nun schwinden seine Einsatzchancen weiter.

Zudem bekommt der Italiener Konkurrenz von Supertalent Rio Ngumoha. Eine Frage ist auch, wer Salah während des Afrika-Cups von Mitte Dezember bis Mitte Januar auf der rechten Seite ersetzen wird. Natürlich ist Ngumohas Bedarf an Spielzeit weniger dringlich als der von Chiesa, der hofft, es rechtzeitig zur Weltmeisterschaft 2026 wieder in die italienische Nationalmannschaft zu schaffen.

Es war ohnehin schon schwer genug, sich vor dem formstarken Gakpo in die Mannschaft zu spielen – aber die Folge des Isak-Transfers ist, dass Ngumoha nun wahrscheinlich auch Ekitike vor sich in der Warteschlange für den Startplatz auf dem linken Flügel hat. So kommt das Talent wohl nur im EFL-Cup zum Einsatz.

Es ist also klar, dass Slot in dieser Saison einen großen Balanceakt vollbringen muss – aber eine regelmäßigere Rotation ist keine schlechte Sache. Im Gegenteil, sie dürfte Liverpools Hoffnungen nicht nur auf die Verteidigung des Meistertitels, sondern auch in der Champions League stützen.

Während der vergangenen Saison setzte Slot Woche für Woche fast ausschließlich auf dieselben 13 bis 14 Spieler. Alles war eingespielt, fast keiner beschwerte sich über fehlende Spielzeit. Allerdings führte dies auch zu Ermüdungserscheinungen in der zweiten Hälfte der Saison 2024/25 – vor allem in der Woche, in der Liverpool aus der Champions League gegen Paris Saint-Germain ausschied und im Carabao-Cup-Finale gegen Isaks Newcastle eine Niederlage hinnehmen musste.

Tatsächlich wurde bei dieser letzten Niederlage in Wembley deutlich, dass Liverpool ein Top-Mittelstürmer fehlte. Mit Isak und Ekitike hat Slot nun plötzlich zwei zur Auswahl. Slot muss diese Situation klug managen - gerade taktisch. Spielen zu viele Akteure auf einer Position, die sie nicht perfekt beherrschen, schwächt er das Team.