Abpraller antizipiert, Torwart verladen, aus kurzer Distanz eingeschoben: Roque Santa Cruz traf vergangenen Donnerstag am letzten Spieltag der paraguayischen Meisterschaft tief in der Nachspielzeit zum 2:0 für Club Libertad gegen General Caballero. Ja, der Roque Santa Cruz. Einst lange für den FC Bayern aktiv, mittlerweile 44 Jahre alt.
IMAGO / Sports Press PhotoEine Ikone wird mit 44 Jahren verabschiedet! Seinen Wechsel zum FC Bayern begleiteten einst Koks und Pumpguns
Dieser Treffer war der Schlusspunkt von Santa Cruz' Spielerzeit bei Libertad. Kurz darauf verkündete der Klub, dass sein auslaufender Vertrag nicht verlängert wird. Zum Abschied feierte Libertad den Stürmer in einer Mitteilung als "Wahrzeichen des paraguayischen Fußballs". Als "Symbol für Engagement, Leidenschaft und Opferbereitschaft". Als "Vorbild in Sachen Engagement und Professionalität".
Wie es weitergeht, ist unklar. Zuletzt wurde immer wieder eine Anstellung als Sportdirektor von Libertad gehandelt. Paraguayischen Medienberichten zufolge will Santa Cruz aber weiterspielen, mindestens noch ein halbes Jahr. Noch ein paar Tore schießen, noch einen allerletzten Titel gewinnen.
Roque Santa Cruz: Seine besonderen Meilensteine
Wie in vielen südamerikanischen Ländern ist auch die paraguayische Meisterschaft in Apertura und Clausura unterteilt. Es gibt jedes Jahr also zwei Meister. In der nun abgelaufenen Clausura landete Santa Cruz mit Libertad auf Platz sieben von zwölf, die Apertura im Juni gewann er mit seiner Mannschaft. Es war sein fünfter Meistertitel mit Libertad, insgesamt sein 13. in Paraguay.
Anfang 2025 knackte Santa Cruz die Marke von 1000 Einsätzen als Profi, im abgelaufenen Jahr absolvierte er 32 Pflichtspiele. Stand er in der Startelf, trug er die Kapitänsbinde. Zuletzt vor eineinhalb Wochen im Derby gegen den neuen Meister Cerro Porteno. Vier Tore erzielte Santa Cruz 2025. Damit baute er seine irrsinnige Serie aus: Seit 1998 traf er jedes Jahr mindestens einmal in einem Pflichtspiel, seit 27 Jahren also! Zudem ist Santa Cruz Rekordtorjäger der paraguayischen Nationalmannschaft, für die er bis 2016 spielte.
Im August avancierte er zum zweitältesten Spieler in der Geschichte der Copa Libertadores, dem südamerikanischen Pendant der Champions League. Debütiert hatte er 1999 im Alter von 17 Jahren. Damals im Trikot von Libertads Lokalrivalen Club Olimpia, seinem Jugendverein.
IMAGO / WEREKPumpguns, Bulldoggen, Koks: Santa Cruz' wilder Transfer zum FC Bayern
1999 holte der FC Bayern den damals 17-Jährigen für umgerechnet fünf Millionen Euro nach Europa. Eingefädelt wurde der Wechsel unter wilden Umständen, wie Uli Hoeneß neulich in einem Talk verriet. Hoeneß reiste damals gemeinsam mit Karl-Heinz Rummenigge für die Verhandlungen nach Asuncion. Es brauchte das Einverständnis von Paraguays Verband und von Olimpia.
Beim Verbandspräsidenten wurde das Münchner Duo laut Hoeneß an der Tür von "zwei Bulldoggen und zwei Männer mit Pumpguns" begrüßt. Nach der ersten Zusage ging es weiter zu Olimpias Boss. "In seinem Wohnzimmer waren zehn Journalisten. Wir konnten gar nicht in Ruhe reden. Es war immer ein Rein und Raus", berichtete Hoeneß. "Er war nass geschwitzt, ging jede viertel bis halbe Stunde raus und kam mit einem frischen Hemd zurück. Was hat er gemacht? Er hatte erstmal eine Linie reingezogen auf der Toilette."
Letztlich einigten sich Hoeneß und Rummenigge auch mit ihm. Von den Bulldoggen und Pumpguns und vom zugedröhnten Olimpia-Präsidenten blieb Hoeneß zwar verschont, dennoch verließ er Paraguay angeschlagen: Am Flughafen von Asuncion zog er sich einen Muskelfaserriss zu. "Karl-Heinz hat mich mit letzter Kraft in das Flugzeug geschleppt."
Roque Santa Cruz kehrte 2016 nach Paraguay zurück
All die Mühen sollten sich lohnen: Santa Cruz stürmte acht Jahre lang für den FC Bayern und avancierte zum Publikumsliebling. 2001 gewann er die Champions League, dazu fünf Meistertitel. In 238 Pflichtspielen gelangen ihm 51 Treffer. Mit den Sportfreunden Stiller nahm er das Lied "Ich, Roque" auf, so wurde der Sunnyboy auch außerhalb des Fußballs populär.
Später spielte Santa Cruz für die Blackburn Rovers, Manchester City, Betis Sevilla, den FC Malaga und Cruz Azul in Mexiko, ehe er 2016 zu seinem Jugendklub Olimpia zurückkehrte. "Viele Jungs hier in Paraguay hatten mich bis zu meiner Heimkehr 2016 wegen meiner Erfolge im Ausland als Idol betrachtet - sie hatten mich aber nie live gesehen. Das wollte ich ändern", erklärte Santa Cruz den Schritt später in einem Interview mit der Sport Bild. "Zudem motiviert es mich, dass meine Söhne ihren Papa noch gut kicken sehen können."
2022 folgte der kontroverse Wechsel zum Lokalrivalen Libertad, den ihm viele Olimpia-Fans bis heute übelnehmen. Unter Libertads Abschieds-Post wird Santa Cruz nicht nur gefeiert, sondern auch als "Judas" und "Verräter" verunglimpft. Gemeinsam mit Santa Cruz wurde bei Libertad übrigens auch Oscar Cardozo verabschiedet: Einst lange für Benfica Lissabon aktiv, mittlerweile 42 Jahre alt und Libertads Rekordtorschütze. Passenderweise bereitete ausgerechnet Cardozo Santa Cruz' letztes Tor für Libertad vor. Auch er will angeblich weiterspielen.
Roque Sante Cruz: Seine Karrierestationen
Zeitraum Klub 1998 bis 1999 Club Olimpia (Paraguay) 1999 bis 2007 FC Bayern (Deutschland) 2007 bis 2009 Blackburn Rovers (England) 2009 bis 2011 Manchester City (England) 2011 Blackburn Rovers (England) 2011 bis 2012 Betis Sevilla (Spanien) 2012 bis 2015 FC Malaga (Spanien) 2015 Cruz Azul (Mexiko 2015 bis 2016 FC Malaga (Spanien) 2016 Cruz Azul (Mexiko 2016 bis 2022 Club Olimpia (Paraguay) 2022 bis 2025 Club Libertad (Paraguay)